Die Palette an Elektroautos wird immer breiter. Die Hersteller konzipieren ihre Modelle gezielt für bestimmte Nutzer wie Pendler, Streckenfahrer oder Lieferfahrzeuge. Berücksichtigt man das Nutzerprofil beim Aufladen, fährt das Elektroauto mit Strom direkt von der Photovoltaikanlage wirklich emissionsfrei und kostengünstig.
Der Markt kommt in Bewegung
So hat Renault für Streckenfahrer gerade in der Kompaktklasse seinem beliebten Elektroauto Zoe bei gleichem Platzbedarf einen in der Kapazität von 22 auf 41 Kilowattstunden fast verdoppelten Lithium-Ionen-Akku spendiert. Die Reichweite liegt nun bei 400 Kilometern. Ganz anders bei den Nutzfahrzeugen, die auf Stop-and-go im Stadtverkehr optimiert sind. Hier sorgt zurzeit der Streetscooter der Post für Aufsehen. Er demonstriert, dass günstige Elektroautos mit kleineren Akkus als Lieferfahrzeuge in Städten viele wirtschaftliche Vorteile haben.
Da sind das emissionsfreie Fahren, ein positives Corporate Image, die kostenlose Nutzung von Parkbewirtschaftungszonen, Förderprogramme und Steuervergünstigungen. Der Streetscooter ist auf die Anforderung als Auslieferungsfahrzeug ausgelegt. Das heißt, hier zählt nicht die Langstrecke, sondern es werden viele kurze Strecken gefahren. Der Lieferwagen bietet vier Kubikmeter Volumen, eine Zuladung von 650 Kilogramm und profitiert vom bei Elektroautos typischen getriebelosen Antrieb, der vom Start weg ein hohes Drehmoment liefert und den Wagen im Stadtverkehr agil macht.
Die Reichweite je Ladung liegt bei 120 Kilometern und ermöglicht einen kostengünstigen Akku. Auch hier zahlt sich der Zuschnitt auf ein bestimmtes Nutzerprofil aus. Nach dem Feldversuch Anfang 2014 mit 150 Vorserienfahrzeugen wurden bis Ende 2016 schon 2.500 Streetscooter im Zustelldienst eingesetzt.
Sonnenstrom statt Netzstrom
In Deutschland wird der Strom im Netz zwar schon zu einem Drittel regenerativ erzeugt. Doch besonders der hohe Anteil an Kohlestrom verhagelt die Klimabilanz von Elektroautos, die an der Ladesäule den bundesdeutschen Strommix tanken. Denn bei der Produktion einer Kilowattstunde Strom fallen immer noch 535 Gramm Kohlendioxid an.
Ein Elektroauto wie der Renault Zoe mit rund 15 Kilowattstunden Verbrauch pro 100 Kilometer, betankt mit derzeitigem Strommix, erzeugt Emissionen von 81 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer. Ein vergleichbarer Kleinwagen mit Benzinmotor und einem Verbrauch von 5,9 Litern verursacht 140 Gramm, Mittelklasse-Diesel mit 6,8 Litern sogar 180 Gramm Kohlendioxid je Kilometer.
Wirklich emissionsfrei fährt das Elektroauto mit Ökostrom. Dazu muss der Energieversorger der Ladesäule oder der Wallbox explizit Ökostrom liefern oder Sonnenstrom aus einer Solaranlage in der Nähe. Das Aufladen mit Sonnenstrom löst das Versprechen vom sauberen und klimafreundlichen elektrischen Fahren ein. Dann macht Elektromobilität wirklich Sinn.
Die Nutzerprofile simulieren
Eine Photovoltaikanlage erzeugt im Tagesverlauf je nach Ausrichtung und Tageszeit unterschiedlich viel Solarstrom. Ebenso macht es einen Unterschied, wann das Elektroauto geladen und gefahren wird. Das Nutzerverhalten hat direkten Einfluss auf den Anteil, den der Solarstrom zum elektrischen Fahren liefern kann.
Auch die Nutzergruppen von Elektroautos unterscheiden sich: Rund 40 Prozent der Fahrzeuge sind auf private Halter zugelassen, 60 Prozent werden in gewerblichen Fuhrparks genutzt. Um einen genaueren Blick auf diese Gruppen zu werfen, werden im Folgenden mit der Simulationssoftware PV-Sol drei sehr typische Nutzerprofile simuliert. Wir wollen ermitteln, wie groß der Anteil an selbst erzeugtem Solarstrom jeweils ist.
PV-Sol ist ein dynamisches Simulationsprogramm zur Planung von Photovoltaikanlagen mit 3D-Visualisierung und Verschattungsanalyse. Die Datenbank enthält jetzt auch die technischen Daten der am Markt erhältlichen Elektroautos.
Sie können nun zusammen mit der Solaranlage minutengenau simuliert werden, um herauszufinden, wie hoch der solare Anteil an den gefahrenen Kilometern ist. So lässt sich schon bei der Anlagenplanung ermitteln, welches Automodell am besten zur Photovoltaikanlage und zum persönlichen Profil des Fahrzeugnutzers passt.
Ein Beispiel aus Lichtenfels
Am Beispiel einer Solaranlage im fränkischen Lichtenfels wird anschaulich, wie unterschiedlich sich die am Markt erhältlichen Elektroautos verhalten und wie sich die Nutzung der Fahrzeuge auf den solaren Anteil der gefahrenen Kilometer im Jahr auswirkt. Die Anlage auf dem Dach (Nennleistung: sechs Kilowatt) produziert im Jahr 5.912 Kilowattstunden.
Für eine Auswahl der über 50 Elektroautos aus der Datenbank von PV-Sol wurden zunächst die solaren Anteile an den gefahrenen Kilometern für drei verschiedene Nutzungsszenarien untersucht. Als jährliche Fahrleistung wurden 10.000 Kilometer angesetzt:
- Ganztägig berufstätig, eine Fahrt pro Tag: Der Nutzer verlässt morgens um neun Uhr das Haus und kehrt um 18 Uhr mit dem Elektroauto zurück.
- Halbtags berufstätig, zwei Fahrten pro Tag: Der Nutzer verlässt morgens um sieben Uhr das Haus, kehrt um zwölf Uhr zurück und verlässt das Haus noch mal für zwei Stunden am Nachmittag. Denn die Kinder werden nachmittags zum Sport oder zum Musikunterricht gefahren.
- Dienstliches Fahrzeug für Handwerker, sechs Fahrten pro Tag: Der Nutzer verlässt sechs Mal am Tag für eine Stunde die Firma.
Die Simulation der drei Nutzerprofile zeigt: Firmenfahrzeuge, die über den Tag verteilt nachladen, und Privatfahrzeuge, die auch die Erzeugerspitze um die Tagesmitte zum Aufladen nutzen, fahren jeweils mit dem höchsten Anteil an Solarstrom und der besten Klimabilanz. Vergleichen wir abschließend den Energieverbrauch und die Treibstoffkosten von Elektroauto und Verbrennungsmotor: Ein Benziner (Pkw) kommt mit einem Verbrauch von 5,9 Litern auf 100 Kilometer und Treibstoffkosten von 1,30 Euro je Liter auf einen Verbrauch von 57 Kilowattstunden und Kosten von 7,67 Euro pro 100 Kilometer. Zum Vergleich hat ein Elektrofahrzeug wie der Zoe (Verbrauch: 15 Kilowattstunden pro 100 Kilometer) Kosten von 3,90 Euro – wenn er reinen Ökostrom lädt (26 Cent je Kilowattstunde). Wenn er Strom von der eigenen Solaranlage lädt, sind es nur noch rund 1,50 Euro.
Bei der bundesdeutschen durchschnittlichen Fahrleistung von 14.259 Kilometern beträgt der jährliche Kostenvorteil des Elektrofahrzeugs geladen mit Ökostrom an der Ladesäule oder Wallbox schon 537 Euro gegenüber dem Benziner. Aufgeladen an der eigenen Solaranlage sind es pro Jahr sogar 879 Euro. Diese Kostenersparnis beim Treibstoff können sich Elektroautofahrer gutschreiben. Wirklich klimafreundliche Elektroautos sind ausgesprochen wirtschaftlich. Auch die Rendite der Photovoltaikanlage legt kräftig zu, weil mehr Eigenverbrauch teuren Netzstrom und Treibstoff ersetzt und weil weniger vom selbst erzeugten Sonnenstrom für die niedrige Einspeisevergütung abgegeben werden muss. So macht Elektromobilität wirklich Sinn.
Bundesregierung
Bündel von Fördermaßnahmen
Die Steuerbefreiung für Elektroautos wurde rückwirkend zum 1. Januar 2016 von fünf auf zehn Jahre verdoppelt. Betriebe bekommen Steuererleichterungen, wenn sie ihre Ladeinfrastruktur für Mitarbeiter verbessern. Dazu kommt noch ein Programm für den Aufbau von weiteren 15.000 Ladestationen. Denn bisher gibt es in Deutschland nur 6.500 öffentliche Lademöglichkeiten. Und natürlich die Kaufprämie: Für reine Elektrofahrzeuge gibt es je 4.000 Euro. Diese Regelung soll sowohl für neue als auch für umgerüstete Elektrofahrzeuge gelten. Den Fördertopf mit 1,2 Milliarden Euro für die Kaufprämie teilen sich Bund und Autohersteller je zur Hälfte. Genaue Informationen zu den Programmen gibt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa):
www.bafa.de/bafa/de/wirtschaftsfoerderung/elektromobilitaet/
Robin Engelhardt
Ein Schüler treibt die Elektromobilität voran
Der Schüler Robin Engelhardt aus Ditzingen bei Stuttgart ist ein tatkräftiger Fan der Elektromobilität. Mittlerweile zum jungen Mann herangewachsen, hat er im Sommer 2016 einen bemerkenswerten Report zu seinen Erfahrungen und Analysen veröffentlicht. Hier seine Kurzfassung:
„Im Sommer 2014 hatte ich durch einen Tesla Model S mein Schlüsselerlebnis zur Elektromobilität, welches eine Ereigniskette angestoßen hat, die in den vorliegenden Bericht mündet. Nachdem ich also zufällig mit einem Tesla Model S in Berührung gekommen war und ‚elektrisiert‘ wurde, begann ich umfangreiche Recherchen zu den am Markt befindlichen Elektroautos. Am Anfang waren die Nachforschungen einfach ein Zeitvertreib in den Sommerferien.
Denn für mich war klar, dass meine Eltern niemals 100.000 Euro für einen fahrbaren Untersatz ausgeben würden, wenn man auch für halb so viel Geld von A nach B kommen kann. Irgendwann stellte ich fest, dass bei den hohen jährlichen Kilometerleistungen meines Vaters ein Auto, das keinen Kraftstoff braucht, logischerweise im Unterhalt günstiger ist. Nach fundierten Berechnungen kam ich zu dem Schluss, dass ein Tesla die höheren Anschaffungskosten nach einigen Jahren durch die niedrigen laufenden Kosten kompensieren würde.
Nach Tausenden Kilometern Probefahrt mit diversen Elektroautos, einer ausführlichen Wirtschaftlichkeitsanalyse und vielen Veranstaltungen mit Elektromobilisten waren meine Eltern schließlich überzeugt.
Im Januar 2016 jährte sich die Übernahme unseres Renault Zoe zum ersten Mal. Dasselbe Jubiläum hatten wir mit dem Tesla Model S im Juni 2016. Wir haben unsere Verbrenner (Lkw und Transporter ausgenommen) komplett ersetzt und sind zufriedener, als wir gedacht hatten. Mein Bericht soll die elektromobile Praxis in Deutschland aus Anwendersicht widerspiegeln, um die Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft zum Handeln zu bewegen.“
Seit Ende 2016 ist Robin Engelhardt Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundesverbandes Elektromobilität. Sein umfangreiches Informationsangebot finden Sie hier:
Innogy/Tank & Rast
Stromtanken an der Autobahn
Die RWE-Tochter Innogy wird 82 weitere Autobahnraststätten von Tank & Rast mit Schnellladesäulen für Elektroautos ausstatten. Bisher hat das Unternehmen moderne Schnellladeinfrastruktur an rund 50 Raststätten des Betreibers aufgebaut. „Damit wird auch die Langstrecke für Elektroautos attraktiv und komfortabel“, sagt Dietrich Gemmel, Leiter Privatkunden Deutschland bei Innogy. „So erhält die Elektromobilität in Deutschland einen weiteren Schub.“ Tank & Rast plant, insgesamt an rund 400 Standorten solche Schnellladesäulen zu installieren. Die Schnellladesäulen sind dafür mit allen gängigen Anschlüssen versehen – vom Gleichstromstecker CCS über Chademo bis zum Typ-2-Stecker. Je nach Fahrzeugmodell dauert es 20 Minuten, bis die Batterien aufgeladen sind.
Trina Solar
Großer Carport für Flughafen Weeze
Trina Solar hat Photovoltaikmodule für ein solares Carportsystem mit einer Leistung von vier Megawatt am Flughafen Weeze in Nordrhein-Westfalen geliefert. Das Projekt wurde innerhalb von vier Wochen Planung und vier Wochen Bauzeit fertiggestellt. Es bietet überdachte Stellplätze für rund 1.350 Fahrzeuge.
Der internationale Verkehrsflughafen Weeze ist einer der jüngsten Flughäfen Europas und einer der ersten privaten Airports in Deutschland. Aufgrund des Passagieraufkommens von 1,9 Millionen Passagieren pro Jahr entschieden sich die Flughafenbetreiber, mit einem solaren Carportsystem am Parkplatz P2 zwei Vorteile zu verbinden.
Zum einen produziert der Flughafen mit dem Solarsystem regenerative Energie zur möglichen eigenen Nutzung sowie zur Einspeisung in das Netz, was zusätzliche Einnahmen und eine gute Umweltbilanz des Flughafens ermöglicht. Zum anderen fungiert das System gleichzeitig als Schutz für die darunter geparkten Fahrzeuge der Fluggäste – gegen Sonne, Regen oder Hagel.
Die insgesamt 66 Carports haben eine Länge von bis zu 35 Meter und eine Breite von bis zu 13 Meter. Insgesamt wurden 15.296 multikristalline Solarmodule der Honey-Serie (TSM-PC05A) von Trina Solar verwendet. Die vom TÜV Rheinland abgenommene Anlage speist ihre Energie ins Netz von Westnetz ein.
Der Autor
Matthias Brake
ist Anlagenplaner und Energieberater aus Berlin. Schwerpunktmäßig befasst er sich mit Photovoltaik, Wärmepumpen und Elektromobilität, um den Eigenverbrauch von Sonnenstrom zu optimieren.