Wer sein Elektroauto unterwegs laden will, muss immer tiefer in die Tasche greifen. Während das Laden zu Hause mit dem eigenen Solarstrom immer preiswerter wird, treiben die Betreiber der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur die Tarife immer weiter in die Höhe.
Drei bis vier Cent pro Kilowattstunden mehr
Laut aktuellem Ladesäulencheck, den der Ökoenergieversorger Lichtblick regelmäßig erstellt, kostet die gelandene Kilowattstunden Strom an öffentlichen Ladesäulen inzwischen durchschnittlich 55 Cent an AC-Normalladepunkten und sogar 66 Cent an den DC-Schnellladesäulen. Das sind im Vergleich zum Vorjahr zwischen drei und vier Cent pro Kilowattstunde mehr. Dabei ist der Durchschnittspreis für Haushaltsstrom im selben Zeitraum gesunken. Eine ähnliche Tendenz lässt sich beim Fahrstrom unterwegs nicht erkennen.
Bei einem durchschnittlichen Verbrauch eines Elektroautos vom 20 Kilowattstunden fährt der Elektromobilist 100 Kilometer für durchschnittlich 11,10 Euro bis 13,11 Euro. Mit einem Verbrennerauto kostet der Sprit für die gleiche Strecke derzeit aber nur noch 10,38 Euro – gemessen auf einen Benzinverbrauch von sechs Liter auf 100 Kilometer.
Strom an öffentlichen Ladesäulen teurer als Benzin
Damit ist klimaschädliches Tanken günstiger als Laden unterwegs, kritisieren die Autoren des aktuellen Ladesäulenchecks. „Die Preise an den Tank- und Ladesäulen sorgen bei Autofahrern für Fehlanreize und fördern damit klimaschädliches Verhalten“, fasst Markus Adam, Chefjurist bei Lichtblick, die Situation zusammen. „Die Entwicklung ist fatal. Für die Verkehrswende ist der breite Umstieg von Verbrenner- auf E-Autos unerlässlich, ebenso wie verbraucherfreundliche Preise an öffentlichen Ladesäulen“, warnt er.
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80 Prozent der Ladesäulen in einer Hand
Als Hauptgrund nennen die Analysten die Monopolstellung der Ladesäulenanbieter, die über die vergangenen Jahre auf und immer weiter ausgebaut wurde. In der Regel sind das die regionalen Energieversorger, die meist auch das Stromnetz betreiben. Deren Marktanteil hat sich inzwischen auf 80 Prozent summiert. In manchen Regionen sichern sich diese Monopolisten sogar bis zu 93 Prozent der Marktanteile an der Ladeinfrastruktur.
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Monopole bestimmen die Preise
Diese bestimmen die Preise. Externe Anbieter können hingegen keinen Strom über die Ladesäulen anbieten oder sie müssen immense Nutzungskosten bezahlen. Deshalb verlangt Lichtblick eine Reform des Marktes. „Die Monopole im Normalladesäulenmarkt werden sich nicht von allein auflösen. Darum schlagen wir bereits seit Jahren das Durchleitungsmodell vor“, erklärt Markus Adam. „Die Folgen einer solchen Reform würden sich positiv auf die Preise für E-Mobilisten auswirken. Entsprechende Entwicklungen gab es etwa auch im Zuge der Liberalisierung der Bereiche Haushaltsstrom und Telekommunikation.“
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Fremdstrom durchleiten
Bei diesem Durchleitungsmodell bekommt jeder Energieversorger das Recht auf Lieferung seines Stroms an öffentliche Ladesäulen. Damit sind Lieferanten des Fahrstroms nicht mehr von Stromlieferung und Preisen der Ladesäulenbetreiber abhängig. Im Gegenzug bekommt der Betreiber ein Nutzungsentgelt für Installation, Betrieb und Wartung der Ladesäule. Dieses muss sich aber so bemessen, dass es eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals ermöglicht. Der Vorteil: Die Ladesäuleninfrastruktur wird über die Nutzungsentgelte mitfinanziert und so unabhängig von staatlicher Förderung.
Mehr Wettbewerb führt zu niedrigeren Preisen
Dadurch würde auch mehr Wettbewerb an den Ladesäulen entstehen, was zu niedrigeren Strompreisen führen würde. Denn die Autofahrer können dann günstigeren Strom an der Ladesäule auswählen. Preise und Stromqualität bleiben dabei transparent. Alle Ladevorgänge erscheinen auf einer Abrechnung. In einem gemeinsamen Pilotprojekt haben Lichtblick, 50Hertz und Stromnetz Berlin die Durchleitung an öffentlichen Ladesäulen bereits erfolgreich getestet. (su)