Der Bundesverband Energiespeicher kritisiert heftig die Behauptung von Agora Energiewende, die Integration regenerativen Stroms braucht keine Speicher. Die Studie beruhe auf falschen Annahmen und klammert die Chancen, die Speicher bieten, konsequent aus.
Der Bundesverband Energiespeicher (BVES) spricht sich vehement gegen die Darstellung von Agora Energiewende aus, Stromspeicher seien für die Energiewende in den kommenden 20 Jahren nicht notwendig. Der Verband weißt darauf hin, dass Emergiespeicher wie Pumpspeicherkraftwerke, Batteriespeicher und stromgeführte Kraft-Wärme-Kopplung in Verbindung mit Wärmespeichern schon heute einen wichtigen Beitrag zut stabilen Stromversorgung und damit zur Energiewende leisten. „Die Studie der Agora Energiewende eignet sich nicht als Handlungsempfehlung für die Politik“, warnt Eicke Weber, Präsident des BVES. „Die Notwendigkeit der Speicherung von zunehmenden Mengen volatiler Energien wird aufgrund fehlerhafter Grundannahmen, wie zum Beispiel ein engpassfreies Stromnetz, nicht aufgezeigt.“ Zudem würden Energiespeicher aufgrund zweifelhafter Kostenannahmen negativ beurteilt. „Die Agora Energiewende vergleicht die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen“, sagt Weber. „In der Studie werden Kosten für konventionelle Kraftwerke, Netzausbau, Demand Side Management und andere Möglichkeiten der Flexibilisierung von Stromangebot und –nachfrage nicht oder nicht vollständig eingerechnet. So ist es nicht verwunderlich, dass Speicher im Vergleich als zu teuer und wenig effizient erscheinen.“
Synergie- und Kosteneffekte nutzen
Der BVES fordert eine ganzheitliche Betrachtung des Strom-, Wärme- und Kraftstoffmarktes. Nur so können die Synergie- und Kosteneffekte, die sich aus der verstärkten Nutzung verschiedener Speichertechnologien ergeben, hinreichend berücksichtigt werden. „In der Studie werden essentielle Kernaufgaben für Speicher außer Acht gelassen“, kritisiert Harald Binder, Geschäftsführer des BVES. „Stattdessen werden Anwendungen untersucht, in denen Stärken und der breite Nutzen von Speichertechnologien nicht voll zur Geltung kommen.“ Denn die Speicher eröffnen die Möglichkeit, mehr regenerativen Strom ins Netz einzuspeisen.
Konsequent Marktanreize setzen
Der Speicherverband kritisiert außerdem, dass die Studie Annahmen zu Energieimporten einbezieht. „Darauf eine Planung aufzubauen ist jedoch fahrlässig, da es hierzu kein international abgestimmtes Vorgehen gibt“, betont der BVES. Statt sich auf Energieimporte zu verlassen, sollte die Politik lieber konsequente Marktanreize für die Speicherinstallation schaffen. Außerdem sollte sie konsequent die Forschung und Entwicklung neuer Speichertechnologien unterstützen.
Mitautor relativiert die Studie
Die am 15. September vorgestellte Studie „Stromspeicher in der Energiewende“ der Agora Energiewende kommt zu dem Ergebnis, dass neue Stromspeicher erst bei einem sehr hohen Anteil an erneuerbaren Energien gebraucht würden. Entsprechend sei die Energiewende in den kommenden 20 Jahren nicht auf neue Speicher angewiesen. Michael Sterner, Professor für Energiespeicher an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg und Mitautor der Studie hat die etwas verkürzte Aussage allerdings schon relativiert. „Aus Sicht der Wissenschaft ist klar, dass Batteriekraftwerke technisch besonders gut zur Systemstabilität beitragen können“, betont er „Bei den derzeit stark fallenden Batteriepreisen wirkt ihr Einsatz kostensenkend und ist damit gesamtwirtschaftlich sinnvoll. In der von mir geleiteten Speicherstudie für die Agora Energiewende, haben wir empfohlen, bestehende Märkte und neue Märkte für Flexibilität technologieoffen zu gestalten und damit den Speichern durch Abbau von Hemmnissen eine faire Chance zu geben.“ Auch der BVES stellt trotz der teils fragwürdigen Annahmen von Agora Energiewende klar: „Der geltende Rechtsrahmen diskriminiert Speicher und blockiert so den Marktzugang. Kosten -und Effizienzvorteile gehen so für die Volkswirtschaft verloren.“
Keine Alternativen zum Netzausbau gezeigt
Mit seiner Kritik liegt der BVES mit der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien (Eurosolar). Diese hatte schon heftige Kritik an der Studie von Agora Energiewende geübt. „Die Untersuchung nimmt jedoch den massiven Übertragungsnetzausbau als gegeben hin und untersucht nicht die Frage, ob die schnelle Markteinführung bereits bestehender Speichertechnologien einen großen Teil des umstrittenen Übertragungsnetzausbaus überflüssig machen würde“, kritisiert Eurosolar. Ver Verband weißt darauf hin, dass die Frage einer Alternative zum umstrittenen massiven Übertragungsnetzausbau von Anfang an ausgeklammert wird und daher auch keine Antwort auf diese Frage gibt. „Vor diesem Hintergrund ist es beachtlich, dass die Untersuchung gleichwohl zu dem Ergebnis kommt, dass es schon jetzt eines gesetzlichen Rahmens für die Markteinführung von Stromspeichern auf der Verteilnetzebene bedarf, damit auf Grund der steigenden industriellen Produktion und der damit verbundenen Kostendegression diese Technologien ab 2030 kostengünstiger zum Einsatz kommen können“, betont Eurosolar.
Regenerativer Strom braucht keine neuen Netze
Statt dessen fordert die Vereinigung einen gesetzlichen Rahmen für die Markteinführung von Stromspeichern als zentralen Bestandteil einer neuen Energiemarktordnung. Schließlich wird die offensive Nutzung von Speichern auch deren industrielle Produktion voranbringen und dadurch die Preise senken. Zudem wird mit der konsequenten Einbeziehung von Speichern vor allem der Ausbau auf Verteilnetzebene überflüssig. Diese werden nur gebraucht, um den Kohlestrom weiter durch das Netz zu transportieren. Denn nicht die Energiewende ist auf neue oder ausgebaute Netze angewiesen, sondern vor allem die alte Energiewirtschaft mit ihren kaum regelbaren Großkraftwerken. „Wenn wir eine wirkliche Energiewende wollen, also eine zukünftige hundertprozentige Versorgung aus erneuerbaren Energien, dann brauchen wir Stromspeicher“, betonen Stephan Grüger und Fabio Longo Mitglieder des Vorstands der deutschen Sektion von Eurosolar. (Sven Ullrich)