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KfW 40 Plus ist machbar

Die urbanen Zentren der Bundesrepublik platzen aus allen Nähten. Das ist in Berlin nicht anders. Wohnraum ist knapp und die Mieten klettern in schwindelerregende Höhen. Ein Ausweg ist die schnelle Schaffung erschwinglichen Wohnraums.

Doch bei aller Geschwindigkeit und Forderungen nach Bauen im preiswerten Segment darf der energetische Gebäudestandard nicht unter den Tisch fallen, der über die nächsten 40 Jahre Bestand hat. Gleichzeitig müssen sich die Gebäude in das Stadtbild einfügen, was dem Design Grenzen setzt.

Wie so viele Anforderungen auf einmal umgesetzt werden können, zeigt ein Projekt der Berliner Wohnungsbaugesellschaft Howoge. Das Unternehmen hat eine Freifläche in der Sewanstraße im Osten der Stadt mit zwei neuen Hochhäusern bebaut.

Strengen Energiestandard erreicht

Schick ragen die beiden Achtgeschosser zwischen den Bäumen in die Höhe. Mit ihren Klinkerfassaden können sie sich nicht nur sehen lassen. Sie setzen auch einen Kontrapunkt zu den Gebäuden in der Nachbarschaft, integrieren sich aber in das typische Erscheinungsbild des gesamten Quartiers.

Doch es ist nicht nur der Spagat zwischen architektonischer Aufwertung und Erhaltung des Stadtbildes, den die Howoge gemeistert hat. Auch das Spannungsfeld zwischen preiswertem Wohnraum und Gebäuden, die energetisch dem Baustil der Zukunft entsprechen, haben die Berliner geschafft.

Denn die Gebäude sind mit dem Energiestandard KfW 40 Plus gebaut. „Das sind unsere ersten Pilotprojekte, mit denen wir testen, ob sich dieser hohe Energiestandard wirtschaftlich umsetzen lässt“, erklärt Viviane Bode, die als Projektmanagerin bei der Howoge den Bau der beiden Häuser betreut hat.

Das Fazit: Es lässt sich ein hoher Energiestandard wirtschaftlich umsetzen und gleichzeitig Wohnraum zu günstigen Preisen schaffen. „Wir wollen diesen Baustandard jetzt weiter vorantreiben, unsere Planer dazu bewegen, dieses Maß weiter durchzuhalten, und die Bauwirtschaft darauf vorbereiten, dass man nicht mehr einfach einen billigen Standard bauen kann“, sagt Viviane Bode. „Mit dem Berliner Energiegesetz sind wir ohnehin dazu angehalten, klimaneutrale Wohngebäude und Quartiere zu schaffen“, ergänzt Kay Gröne, Projektleiter Energiemanagement bei der Howoge.

Haustechnik ist die Krönung

Er hat die Erfahrung gemacht, dass das nur mit der energetischen Aktivierung der Gebäude geht. „Gebäude dämmen und isolieren ist einfach und das können sich alle vorstellen“, sagt er. „Aber der Grenznutzen der Dämmung ist endlich.“ Tatsächlich sind die Gebäude in der Sewanstraße rundherum mit einer 20 Zentimeter dicken Dämmung eingepackt, um die Grenze des Transmissionswärmeverlustes einzuhalten, der von der Energieeinsparverordnung (EnEV) verlangt wird. Der darf beim Standard KfW 40 Plus nur 40 Prozent des Verlustes eines Referenzgebäudes betragen, das in der EnEV beschrieben ist, um den Wärme- und Kühlbedarf im Gebäude zu minimieren. Dazu tragen auch die dreifach verglasten Fenster bei, die in den Gebäuden verbaut wurden.

Doch die Krönung ist die Haustechnik, wie es Viviane Bode formuliert. „Denn Klimaneutralität weiter umzusetzen bedeutet, sich mit den Gebäuden auseinanderzusetzen, die man errichtet“, betont Energiemanager Kay Gröne. „Ein Ansatz der Howoge dabei ist, Photovoltaikanlagen auf die Dächer von Neubauten zu installieren, um Standards wie KfW 40 Plus umzusetzen.“

Auch in der Sewanstraße wurden auf beiden Gebäuden Photovoltaikanlagen installiert. Insgesamt 402 Module haben die Installateure auf Unterkonstruktionen von K2 Systems auf den Dächern montiert.

Hohe Windlasten eingerechnet

Die Planer mussten auf das Montagesystem zurückgreifen, um die Anlage weit an die Dachränder zu bauen. „Aus diesem Grund mussten wir auch mehr Ballast in den Randbereichen der Anlage auflegen“, erklärt Gröne. „Denn dort sind natürlich die Windlasten höher.“

Die Anlage ist in einem Verbundsystem installiert. Dadurch erhöht sich ihre Eigentragfähigkeit, da so viel Anlagengewicht aktiviert wird, wenn sich eine Windböe unter die Module schiebt. Dazu kommt noch die Ballastierung. Hier kommt dem Bauherrn die dicke Dämmung zugute. Denn unter anderem dadurch schaffen es die Dächer auf eine Traglastreserve von mehr als 500 Kilogramm pro Quadratmeter.

Dach reicht gerade so aus

Die Anlage steht zwar auf einem Kiesdach. „Doch der gesamte Kies hätte als Ballast nicht ausgereicht, um den Generator ausreichend zu ballastieren, weil wir dafür nicht genügend Auflagefläche auf den Grundschienen haben“, erklärt Kay Gröne. „Wir hätten dann zusätzliche Kieswannen installieren müssen. Um das zu verhindern, haben wir uns für die Gehwegplatten als Ballastierung entschieden. Denn aufgrund der höheren Materialdichte bekommen wir mit ihnen mehr Gewicht auf weniger Fläche unter.“

Der Platz auf den Dächern ist knapp. Mit Ach und Krach hat die Howoge hier genügend Anlagenleistung untergebracht, um die hohen Anforderungen aus dem KfW-40-Plus-Standard zu erfüllen. „Schließlich wächst das Dach mit zunehmender Gebäudehöhe nicht mit“, erklärt Kay Gröne. „Noch ein Stockwerk mehr und wir hätten die Vorgaben allein mit der Dachanlage nicht erfüllen können.“ An dieser Stelle spricht Gröne ein Thema an, mit dem alle Architekten in Zukunft umgehen müssen.

Denn je höher die Gebäude werden, desto größer muss auch die Solaranlagenleistung werden, um die Häuser zufunftsfähig zu konstruieren. Das geht im Falle der Sewanstraße in Berlin noch mit einer Dachanlage. Bei höheren Gebäuden müssten dann weitere Gebäudeflächen wie die Fassade mit aktiviert werden.

Hohe Modulleistung notwendig

Die Howoge hat auch nur genügend Leistung auf das Dach gebracht, weil die Planer auf Module von Sunpower mit 360 bis 400 Watt zurückgegriffen haben.

Dazu kommen Optimierer von Solaredge, mit denen jedes Modul ausgestattet ist und die den Ertrag auch bei Verschattungen durch Wolken maximieren. So erzeugen die Paneele genügend Strom, um den Vorgaben der KfW zu genügen. „Wir gehen davon aus, dass wir mit diesen Anlagen mindestens 125 Megawattstunden Solarstrom pro Jahr erzeugen und damit die Anforderungen der KfW einhalten“, erklärt Gröne.

Mieter nutzen den Strom vor Ort

Denn die Kreditrichtlinien der Förderbank verlangen, dass ein Ökostromgenerator für jede Wohneinheit im Gebäude mindestens 500 Kilowattstunden pro Jahr erzeugt. Im Falle der Sewanstraße sind das für die 99 Wohnungen 46,5 Megawattstunden.

Dazu kommt aber noch die Anforderung, dass pro Quadratmeter Gebäudenutzfläche noch einmal zehn Kilowattstunden pro Jahr an Ökostrom zur Verfügung stehen. Damit steigt die Anforderung für die beiden Gebäude in der Berliner Sewanstraße auf 125 Megawattstunden.

Eigentlich wäre mit den Modulen auch mehr Ertrag möglich. Doch der Ansatz geht dahin, möglichst viel Solarstrom vor Ort zu nutzen. Deshalb wurden die Module in Ost-West-Ausrichtung installiert. „Dadurch können wir dem Verbrauchsprofil in den Wohnungen besser folgen“, begründet Gröne die Entscheidung.

Denn die Howoge vertreibt die auf dem Dach erzeugte Solarenergie als Mieterstrom an die Bewohner. Da liegt eine Ost-West-Ausrichtung nahe. Denn auf diese Weise fangen die Module früher mit der Stromproduktion an, wenn die Mieter noch zu Hause sind. Sie erzeugen auch Abends länger Strom, wenn die Bewohner der Häuser von der Arbeit zurückgekehrt sind.

Solarenergie vor Ort verbrauchen

Denn komplett autark werden die Gebäude nicht. „Wir gehen davon aus, dass 70 Prozent des Stroms vor Ort verbraucht werden können, wenn alle Mieter in der Sewanstraße beim Mieterstromprojekt mitmachen“, sagt Gröne. „Dann erreichen die beiden Gebäude einen Autarkiegrad von 75 Prozent.“

Das geht wiederum nur mit einem Speicher. Deshalb hat die Howoge im Erdgeschoss eines der beiden Häuser ein ziemlich großes Batteriekraftwerk gebaut. Die beiden Batterieschränke von Tesvolt können immerhin 160 Kilowattstunden Solarstrom vom Dach zwischenlagern, wenn dieser nicht sofort in den Gebäuden verbraucht wird.

Großer Speicher für Eigenverbrauch

Dieser gespeicherte Strom wird in den Abendstunden den Bewohnern des Quartiers zur Verfügung gestellt, die sich am Mieterstromangebot der Howoge beteiligen. Damit haben sie auch sauberen Solarstrom, wenn die Sonne längst untergegangen ist und die Anlage auf dem Dach aufgehört hat, Strom zu produzieren.

Auch der Speicher ist eine Anforderung der KfW-Bank, damit die Howoge den zinsgünstigen Investitionskredit bekommt. „Allerdings ist unser Speicher sehr groß ausgefallen“, sagt Gröne. „Inzwischen sind die Anforderungen der KfW an den Speicher auch auf unseren Rat hin etwas gesunken.“

Anlagentechnik rechnet sich

Tatsächlich fordert die KfW für das 40-Plus-Haus eine Speicherkapazität von 500 Wattstunden pro Wohneinheit und zusätzlich zehn Wattstunden pro Quadratmeter Gebäudenutzfläche. „Wir haben aber nicht nur auf die KfW-40-Krtierien geschaut, sondern auch auf die Optimierung des Eigenverbrauchs“, betont Gröne.

Denn nur so rechnet sich die Anlage auch – vorausgesetzt, es beziehen genügend Bewohner den Mieterstrom von der Howoge. „Die Photovoltaikanlage bekommen wir über den Mieterstromansatz amortisiert“, sagt Gröne. „Denn wir gehen davon aus, dass die Module deutlich länger als 20 Jahre Strom produzieren. Auf diese Weise mussten wir auch nicht mit der Mieterstromförderung rechnen, die gering und unsicher ist. Wir haben die Anlage tatsächlich gegen die Vorteile aus dem KfW-Kredit und gegen den Stromabsatz im Quartier gerechnet.“

Zur Nachahmung anregen

So lässt sie sich wirtschaftlich darstellen. Gröne ergänzt: „Beim Speicher müssen wir erst einmal sehen, ob der sich rechnet. Denn er ist eigentlich zu groß, um auf vernünftige Ladezyklen zu kommen und ihn effizient nutzen zu können.“ Mit diesem Ansatz schafft es die Howoge, die beiden Gebäude klimaneutral zu betreiben. Denn die Wärme kommt aus dem Fernwärmenetz des örtlichen Energieversorgers. „Wir wollen damit auch andere Wohnungsbaugesellschaften dazu motivieren, solche klimaneutralen Gebäude zu errichten“, betont Gröne. „Einerseits sind die Ansprüche aus dem Kreditvertrag bezüglich der Speichergröße etwas gesunken. Andererseits haben wir gezeigt, dass wir als soziales Wohnungsbauunternehmen es schaffen, klimaneutrale Gebäude zu errichten. Dann sollte das im hochpreisigen Segment auch machbar sein.“

www.howoge.de

Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)

Solaranlage für das Plus beim Kredit

Die Gebäude der Howoge wurden im KfW-40-Plus-Standard errichtet. Dieser basiert grundsätzlich auf den Anforderungen des Standards KfW 40. Das bedeutet, die Gebäude dürfen nur 40 Prozent der Wärmeverluste eines Referenzgebäudes aufweisen, das in der aktuellen Energieeinsparverordnung beschrieben ist. Für das Plus ist aber noch mehr notwendig.

Anforderungen KfW 40 Plus:

  • Installation einer Stromerzeugungsanlage: Der Bauherr muss einen eigenen Stromerzeuger installieren. Dazu zählt Photovoltaik, Kleinwindkraft oder KWK. Letztere muss zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien befeuert sein. Es geht auch eine Kombination aus den drei Technologien. Die Anlage muss jährlich mindestens 500 Kilowattstunden pro Wohneinheit und zusätzlich zehn Kilowattstunden pro Quadratmeter Gebäudenutzfläche erzeugen.
  • Installation eines Batteriespeichers: Der Speicher muss eine Mindestkapazität von 500 Wattstunden pro Wohneinheit und zusätzlich zehn Wattstunden pro Quadratmeter Gebäudenutzfläche haben. Wenn eine KWK- oder Kleinwindkraftanlage als Stromerzeuger installiert ist, errechnet sich die Speicherkapazität aus der Leistung der Erzeugungsanlage multipliziert mit einer Stunde.
  • Installation einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.
  • Visualisierung der Stromerzeugung und des Stromverbrauchs über Benutzerinterface in jeder Wohneinheit.

Förderkonditionen:

  • Der Bauherr bekommt ein zinsverbilligtes Darlehen von bis zu 100.000 Euro je Wohneinheit.
  • Ein zusätzlicher Tilgungszuschuss reduziert das Darlehen und verkürzt die Laufzeit: Bei KfW 40 Plus beträgt er 15 Prozent der Kreditsumme. Zum Vergleich: Bei KfW 40 beträgt er zehn Prozent und bei KfW 55 nur fünf Prozent der Darlehenssumme. Der Tilgungszuschuss wird nach erfolgreichem Abschluss des Baus gutgeschrieben, eine Barauszahlung oder Überweisung ist nicht möglich.
  • Derzeit liegt der effektive Jahreszins bei 0,75 Prozent und die Zinsbindung bei zehn Jahren.
  • Die reguläre Laufzeit beträgt vier bis zehn Jahre. Alternativ sind auch längere Laufzeiten möglich.
  • Die Tilgung beginnt erst ein bis zwei Jahre nach Aufnahme des Darlehens.
  • Der Kredit wird zu 100 Prozent ausgezahlt. Er kann entweder in einer Summe oder in Teilbeträgen innerhalb von zwölf Monaten abgerufen werden. Auf Antrag ist eine Verlängerung auf bis zu 36 Monate möglich.
  • Die vom Bauherrn abgerufenen Kreditbeträge müssen innerhalb von zwölf Monaten für den jeweiligen Verwendungszweck ausgegeben werden.
  • Der Kreditbetrag kann in monatlichen Raten oder in einer Rate am Ende der Laufzeit (endfälliges Darlehen) getilgt werden.

www.kfw.de

Howoge

Dezentrale Heizung senkt die Betriebskosten und spart Platz

Für die Wärmeversorgung hat die Howoge in der Berliner Sewanstraße ein innovatives Konzept umgesetzt. Denn in jeder Wohnung wurden Trinkwasserstationen installiert, die vor Ort die komplette Wärme liefern.

In jeder Wohnung kommt die Fernwärme des örtlichen Versorgers mit 52 Grad Celsius an. Über einen Wärmetauscher erwärmt das Warmwasser aus dem Netz kaltes Wasser in der Wohnung von zehn auf 45 Grad. Das kann dann sofort als Brauchwasser verwendet werden. Im Winter wird es außerdem in die Fußbodenheizung geschickt. Der Vorteil: Es wird nur dann Wärme erzeugt, wenn sie die Mieter brauchen. Das System senkt im Winter die Heizkosten, da geringere Temperaturen im Heizsystem notwendig sind, als sie das Netz liefert.

Auf diese Weise spart sich die Howoge nicht nur eine riesige Heizzentrale, was wiederum für mehr nutzbaren Wohnraum sorgt. Es fallen auch sämtliche Zirkulationsleitungen weg, in denen ständig Warmwasser steht, das mit einer Temperatur von mindestens 60 Grad Celsius vorgehalten werden muss.

Der Einbau von elektrischen Heizstäben und Infrarotheizungen kam für die Howoge in diesem Projekt nicht infrage, da der Fernwärmeanschluss auf dem Grundstück ohnehin schon vorhanden war. „Wenn wir keine Fernwärme haben, könnte man auf jeden Fall darüber nachdenken, das Warmwasser elektrisch zu bereiten“, sagt Burghard Fleischhauer, Projektleiter TGA Neubau bei der Howoge. „Aber mit Fernwärme ist die Warmwasserversorgung derzeit preiswerter, auch wenn wir Strom selbst vor Ort erzeugen.“

www.howoge.de

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