Ein Fall für die Kripo: Mitte August war in Nettetal-Kaldenkirchen an der holländischen Grenze eine Lagerhalle abgebrannt. Stundenlang hatte die Feuerwehr versucht, dem Brand Herr zu werden.
Letztlich entschieden sich die Einsatzkräfte dafür, die rund 1.000 Quadratmeter große Halle kontrolliert abbrennen zu lassen. Das Dach war schnell abgesackt, am Ende krachte die hohe Seitenwand zusammen. Verletzt wurde zum Glück niemand.
Nun rätseln die Experten über die Ursache des Großfeuers, das die Löschzüge aus weitem Umkreis stundenlang in Atem hielt. Angeblich wurden auf dem Dach tanzende Flammen gesehen, auch soll sich an einer Dachecke Rauch gebildet haben. War es die großflächige Photovoltaikanlage auf dem Hallendach? Oder entstand irgendwo in der komplexen Verkabelung ein Kurzschluss, gar ein Lichtbogen?
Bagger legten Wechselrichter frei
Bagger legten die Wechselrichter frei, die nach dem Einsturz der Dachkonstruktion verschüttet waren. Ein Brandsachverständiger soll erforschen, warum die Halle brannte. Bis zur abschließenden Aufklärung bleibt die Brandstelle beschlagnahmt.
Wie die Sache ausgeht, ist offen. Klar ist, trotz aller Horrorberichte in den Medien: Solargeneratoren stellen ein sehr geringes Brandrisiko dar, aber dieses Risiko sollte von den Planern und Installateuren trotzdem ernst genommen werden. Gute Planung und Installation sowie regelmäßige fachmännische Wartung können die meisten Sicherheitsprobleme verhindern und gleichzeitig einen verlässlichen Betrieb der Anlage über Jahrzehnte sicherstellen.
So lauten die wichtigsten Ergebnisse des auf dreieinhalb Jahre angelegten Forschungsprojektes zur Bewertung von Brandrisiken in Photovoltaikanlagen, das unter Federführung von TÜV Rheinland und Fraunhofer ISE durchgeführt wurde. Im Rahmen des Projektes haben die Forscher systematisch Schadenfälle bei Solaranlagen in Deutschland untersucht.
Das Resultat: Bislang konnte sicher in rund 210 Fällen festgestellt werden, dass Brände durch Photovoltaikanlagen verursacht wurden. Zwölf Mal brannte das Gebäude mit der Solaranlage vollständig ab, in weiteren 67 Fällen wurde es beschädigt.
Zum Vergleich: Derzeit sind in Deutschland über 1,4 Millionen Solaranlagen mit schätzungsweise über 150 Millionen Solarmodulen im Betrieb. „Bemerkenswert klar ist: Die Brand- und Ausfallrisiken von Solaranlagen lassen sich eindeutig auf ein Minimum reduzieren, bevor die Anlage überhaupt ans Netz geht“, analysiert Florian Reil, Geschäftsfeldleiter für Solarenergie beim TÜV Rheinland. Er hat das Forschungsprojekt geleitet. „Die häufigsten Brandursachen sind Installationsfehler gefolgt von Mängeln an den Produkten oder der Planung.“
Dies decke sich mit den jahrzehntelangen Erfahrungen des TÜV Rheinland bei der Abnahme von Solarkraftwerken und wird bestärkt durch ein weiteres Forschungsergebnis: Die meisten Brände treten offenbar bereits im ersten Jahr des Betriebs auf.
Aus diesen Gründen fordern die Forscher des Fraunhofer ISE unter anderem eine verbesserte Ausbildung der Installateure, die Anlagenabnahme durch Dritte sowie eine regelmäßige Wartung der Anlage, um Schäden vorzubeugen. „Die größten Probleme sind bereits dadurch zu beheben, dass die bestehenden Normen und Vorschriften konsequent angewendet werden“, urteilt Willi Vaaßen, ebenfalls Geschäftsfeldleiter für Solarenergie beim TÜV Rheinland in Köln.
Sicherheit für die Feuerwehr
Im Hinblick auf Brandrisiken standen im Forschungsprojekt die verlässliche Detektion von Lichtbogen, der Schutz vor Blitzen und Überspannungen sowie Schalter und Trenner von Anlagen im Vordergrund. Zu speziellen Themen dauern die Untersuchungen noch an. Die Forschungen laufen seit 2011. Weitere Partner sind unter anderem die Branddirektion München, Energiebau Solarsysteme, die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS), Currenta in Leverkusen sowie die eidgenössische Fachhochschule in Bern.
Einerseits ging es in dem Projekt vorbeugend um die Analyse möglicher Brandrisiken, die durch eine Photovoltaikanlage selbst bedingt sein können. Andererseits ging es um das Ziel, besonders Rettungskräften und Feuerwehren mehr Sicherheit im Einsatz bei Objekten mit Solargeneratoren zu geben.
Schon 2011 hatten Versuche bestätigt, dass die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände zum Schutz der Einsatzkräfte ausreichend sind. Die Ergebnisse der Forschungen und Vorträge der Workshops sind im Internet abrufbar.
Nicht nur im Brandfall müssen die Solargeneratoren freigeschaltet werden. Auch wenn das Stromnetz abgeschaltet ist: Wer ein Haus mit Photovoltaikanlage zur Erzeugung von Solarstrom besitzt, sollte dringend einige wichtige Hinweise beachten, wenn sein Haus von einer Flut betroffen ist. Solange Licht auf die Module fällt, besteht das Risiko eines Stromschlages oder einer Knallgasexplosion. Vor allem, wenn sich der Wechselrichter oder der Solarakku im Keller befinden, wo das Wasser steigt.
An den Modulen abschalten
Darauf weisen die Fachleute von TÜV Rheinland hin. „Solange die Installationen der Solaranlage beispielsweise im Keller noch unter Spannung stehen, dürfen die überfluteten Räume niemals betreten werden“, warnt Willi Vaaßen, der Experte vom TÜV Rheinland.
Befinden sich Anschlusskasten und Wechselrichter unter Wasser, stehen sie unter Spannung, sobald Licht auf die Solarmodule fällt. „Einzige Ausnahme sind Anlagen, die über einen separaten Schalter stillgelegt werden können, der sich in der Nähe des Solargenerators im nicht überfluteten Bereich befindet“, sagt Vaaßen.
Zwar werde das Wechselstromnetz vom Energieunternehmen bei Flutkatastrophen abgestellt. Aber die Gleichspannungsleitungen und Anschlusspunkte zwischen den Photovoltaikmodulen auf dem Dach des Hauses und dem Wechselrichter stehen bei Lichteinfall weiter unter Spannung.
Auch Akkus richtig absichern
Eine weiteres Risiko besteht, wenn sich der Wechselrichter in einem kleinen, geschlossenen Kellerraum befindet, der längere Zeit unter Wasser steht: An den Verbindungen der Solaranlagen können – abhängig von der Sonneneinstrahlung – Ströme zwischen Plus- und Minuspol durch das Wasser fließen. Dieser Strom kann elektrolytische Vorgänge auslösen. Das Wasser wird in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Sammelt sich der Wasserstoff, steigt das Explosionsrisiko. „Deshalb ist das Wichtigste, bei beginnenden Aufräumarbeiten offenes Feuer unbedingt zu vermeiden und die Räume sofort zu lüften.“
Auch stellen Solarbatterien eine autonome Stromquelle dar, die nicht mit dem Netz abgeschaltet wird. Wie die Solarmodule benötigen sie einen Freischalter, mit dem sie bei Bränden oder Überflutungen abgeklemmt werden. Generell empfehlen die Fachleute von TÜV Rheinland, überflutete Häuser mit Solaranlagen durch einen ausgebildeten Elektriker am Generator oder dem Akku abklemmen zu lassen.
Beim Sinken der Flut und den Aufräumarbeiten sollten die Anlagen zunächst von ausgebildeten Elektrikern und Installateuren kontrolliert werden – am besten von Mitarbeitern des Betriebs, der die Anlage errichtet hat. Sie können Gefahren schnell ausschließen und notfalls die Anlage fachmännisch stilllegen, bis die elektrischen Teile trockengelegt und auf Schäden kontrolliert worden sind.
Der Brand in Nettetal-Kaldenkirchen beweist: Wenn die Photovoltaikanlage korrekt gegen Lichtbogen und Brände abgesichert wurde, hat der Installateur sein Mögliches getan.
BMWi/DKE
Forscher analysieren die Sicherheit von DC-Systemen
Das Bundeswirtschaftsministerium hat ein Forschungsprojekt gestartet, das die Auswirkungen von Gleichstrom (DC) auf den menschlichen Körper untersuchen soll. Dabei geht es vor allem um Gleichstrom in der Elektromobilität (Individualverkehr, elektrische Bahnen), in der Energieversorgung mit Photovoltaik und stationären Stromspeichern, in der Antriebstechnik (DC-Motoren für landwirtschaftliche und Baumaschinen) sowie in Wohnungen, etwa durch LED-Technik und Multimediasysteme. Ein Schwerpunkt sind DC-getriebene Werkzeuge, Haushaltsgeräte mit Akkus und kleine Fahrzeuge wie elektrische Rasenmäher oder Seniorenfahrstühle, wie Elektromotoren für Boote oder mobile Solargeneratoren für die Freizeit.
Hintergrund des Projektes ist die wachsende Bedeutung der Gleichstromtechnik. Bislang dominierte der Wechselstrom, nun wächst die Zahl der DC-Applikationen. Zudem verzeichnen die Berufsgenossenschaften jährlich zwischen 100 und 150 Unfälle mit Gleichstrom, davon neun Zehntel in der Niederspannung bis 1.500 Volt. Auch soll ermittelt werden, welche Lücken in der Normung und Standardisierung existieren, insbesondere bei Anwendungen mit mehr als 200 Volt. Dazu gehören unter anderem die Photovoltaik, aber auch Hochvoltbatterien für die Stromversorgung von Gebäuden. Beteiligt am Projekt sind der VDE (DKE) und die Leipziger Technikhochschule. Erste Ergebnisse werden im November veröffentlicht.