Rot-orange steigt die Sonne aus dem Wüstensand des Gazastreifens empor. Schon in diesen frühen Morgenstunden erweckt sie die Module des Solarparks Halutziot zum Leben. Er steht nur fünf Kilometer hinter der Demarkationslinie nahe der kleinen Gemeinde Ohad.
Während die Sonne weiter steigt, wird es fast unerträglich heiß. Keine Wolke gönnt der Wüste eine Ruhepause. Langsam bewegen sich die Module mit der Sonne mit. Mit bloßem Auge ist die Bewegung kaum zu erkennen. Doch mittags stehen sie waagerecht und blicken direkt in die sengende Sonne. Wenn diese im Wüstensand der Negev verschwindet, fangen die Module die letzten Lichtstrahlen ein. Denn jetzt sind sie in einem Winkel von 45 Grad in Richtung Westen aufgeständert.
Die Anlage ist mit ihren 55 Megawatt eine der größten Israels. Täglich bewegen sich die Modultische auf den Trackern von Ost nach West. Nachts werden sie wieder in die Ausgangsstellung gefahren. Über die gesamte Lebensdauer von 20 Jahren absolvieren die Tracker etwa 14.600 Mal die gleiche Bewegung. Da muss das Material halten.
Die gesamte Unterkonstruktion der Anlage in der israelischen Wüste stammt aus Oberbayern. Dort hat Schletter das Montagesystem hergestellt und nach Israel geliefert. Jedoch wird es eines der letzten Projekte sein, das mit dem bisherigen Trackersystem des Herstellers aus Kirchdorf/Haag realisiert wird. Denn die Entwickler von Schletter haben das System grundsätzlich verbessert. Die Oberbayern präsentierten ihr neues System auf der diesjährigen Intersolar. Sie waren damit die einzigen, die in München eine Neuentwicklung im Segment der einachsigen Trackersysteme zeigten.
Andere Unternehmen änderten vor allem ihre bestehenden Systeme, zum Beispiel der französische Anbieter Exosun mit Sitz in Martillac in der Nähe von Bordeaux. Im September dieses Jahres präsentierte er auf der Solar Power International in Las Vegas einige Verbesserungen seines bisherigen Systems. Das Ziel der Franzosen war, vor allem die Wartungsintensität der Tracker zu minimieren. Das erreichen sie, indem sie alle beweglichen Teile so auslegen, dass diese ohne Schmierung auskommen.
Wartungsaufwand verringern
Schließlich ist der höhere Aufwand der Wartung gegenüber einer fest stehenden Anlage einer der zentralen Nachteile eines Trackersystems, der den Vorteil des höheren Stromertrags teilweise aufhebt. Vor allem die beweglichen Teile im Montagesystem erhöhen das Ausfallrisiko. Um dies zu umgehen, hat Schletter bei der Entwicklung seines neuen Trackersystems am Lagerkonzept angesetzt, über das sich die Modultische drehen.
So ein Lager ist gleich zwei Kräften ausgeliefert. Zum einen lastet auf ihm nicht nur das gesamte Gewicht des Modultisches und der Module. Zum anderen muss es auch unter diesem Gewicht die Drehbewegung sauber ausführen. In der Regel sind die Lager aber aus Kunststoff gefertigt. Das wirft ein riesiges Problem auf. „Wir haben bei Kunststoff die Erfahrung gemacht, dass es häufig nicht mehr so gut gleitet, sondern dass es teilweise während des Antriebs der Modulreihen ruckelt“, erklärt Hans Urban, stellvertretender Geschäftsführer von Schletter. „Durch dieses Ruckeln gibt es einen Abrieb in den Lagerschalen. Dadurch sinkt die Lebensdauer des Lagers.“ Denn der Abrieb sorgt dafür, dass das Ruckeln im Laufe der Jahre immer heftiger wird und dadurch immer mehr Abrieb entsteht, was das Ruckeln wiederum erhöht.
Um diese Spirale zu durchbrechen, hat Schletter sich entschieden, in Zukunft Gelenklager aus Edelstahl in die Trackersysteme einzusetzen. Diese Lager sind zwar etwas teurer, aber dafür haltbarer. Damit entfällt der Austausch ausgeschlagener Kunststofflager, womit sich die Mehrinvestition über die Lebensdauer der gesamten Anlage mehr als rechnet. „Das Edelstahllager ist nicht nur sehr kompakt, sondern auch sehr robust“, begründet Hans Urban die Entscheidung, auf Metall als Material für die Lager zu setzen. „Wir erwarten uns große Vorteile bezüglich Wartungsfreiheit und Langlebigkeit“, betont er. „Das unempfindliche Lagerkonzept hat seine Langlebigkeit unter anderem im Landmaschinenbau und seine Zuverlässigkeit im Motorsport bewiesen.“
Zudem sind die neuen Lager leichtgängiger als die bisher eingesetzten Kunststofflager. Das schlägt sich in den Betriebskosten nieder. Denn der Motor braucht weniger Strom, um die Modultische zu bewegen, als wenn er sie über ausgeschlagene Kunststofflager drehen muss.
Komplett selbst entwickelt
Das bisherige System wurde mit einem Kooperationspartner kreiert. Die neuen Tracker sind jedoch eine komplette Eigenentwicklung von Schletter. „Nur den Antrieb kaufen wir zu, und die Steuerung kommt von Siemens“, erklärt Hans Urban. „Die gesamte Software für das Steuersystem kommt wiederum von uns.“ Schletter setzt dabei auf eine sogenannte astronomische Steuerung. Bei dieser Steuerung ist der tägliche Sonnenlauf in die Software einprogrammiert, und sie führt die Module exakt dieser Linie nach. Die Alternative wäre eine Sensorsteuerung, wie sie unter anderem Deger verwendet. Dabei sind in die Anlage Sensoren eingebaut, die den hellsten Punkt am Himmel erfassen und die Module im bestmöglichen Winkel zu diesem Punkt ausrichten.
Eine solche Sensorsteuerung ist vor allem dann sinnvoll, wenn oft Wolken über die Modulfläche ziehen. Denn dann werden die Sonnenstrahlen an den Wolkenrändern reflektiert. Dadurch treffen die Strahlen an einem anderen Punkt auf die Erdoberfläche. Da sich die Sensorsteuerung am hellsten Punkt am Himmel orientiert, fangen die Module die Sonnenstrahlen dort ein, wo sie auf die Erde treffen. Die astronomische Steuerung würde hingegen stur dem voreingestellten Verlauf folgen, auch wenn die Sonne sich hinter den Wolken versteckt.
Steuerung ohne störanfällige Sensoren
Nachweislich sind zwar die Erträge einer mit Sensoren gesteuerten Anlage höher als mit einer astronomischen Steuerung. Doch muss sich der Anlagenbetreiber bewusst sein, dass die Sensorik nicht nur einen höheren Wartungsaufwand verlangt. Schließlich muss regelmäßig überprüft werden, ob sie tatsächlich noch richtig eingestellt ist. Sie ist zudem auch störanfälliger, was bei Anlagen, die weit draußen aufgebaut sind, durchaus recht aufwendig werden kann.
Deshalb bietet sich die Sensorsteuerung vor allem bei Anlagen an, die in einer Region mit wechselnden Wetterverhältnissen installiert sind, damit die Vorteile die Nachteile überwiegen. In den sonnigen Ländern Afrikas, Asiens und Amerikas, die als Zielmärkte für Solartracker gelten, ist das Wetter beständiger. Nur wenige Wolken schieben sich vor die Sonne und stören die Stromproduktion. Hier würde eine sensorgesteuerte Anlage ohnehin größtenteils dem tatsächlichen Sonnenverlauf folgen und keine Mehrerträge gegenüber der astronomisch gesteuerten Anlage einfahren.
Bei Schletter bewegen sich die Modultische in einem Winkel von 45 Grad zu beiden Seiten der Drehachse. Damit übernimmt Schletter den Schwenkbereich des bisherigen Systems, das auch von fast allen anderen Herstellern so angeboten wird. Nur der französische Hersteller Exosun führt die Modultische in einem Winkel von 50 Grad der Sonne nach. Optional bietet Schletter jedoch einen Schwenkwinkel von bis zu 55 Grad an. Mit diesem großen Schwenkbereich lassen sich auch Anlagen in Mitteleuropa oder Nordamerika wirtschaftlich realisieren. Denn dort steht die Sonne tiefer als im Sonnengürtel der Erde, wo die Hauptmärkte für Trackersysteme liegen. Ein größerer Schwenkbereich hat allerdings den Nachteil, dass die Modulreihen in größerem Abstand zueinander stehen müssen, um sich nicht gegenseitig zu verschatten. Das bedeutet wiederum einen höheren Flächenverbrauch für die gleiche Leistung.
Alternativ kann der Anlagenbetreiber die Verschattung eines Teils der Module in den Morgen- und Abendstunden bewusst in Kauf nehmen, wenn er dafür in dieser Zeit mit den anderen Modulen aufgrund des steileren Anstellwinkels mehr Ertrag erwirtschaftet. Hier muss der Planer die Vor- und Nachteile genau abwägen. Schließlich sind Flächen gerade in nördlichen Breitengraden nicht billig.
Um den Flächenverbrauch zu minimieren und trotzdem die Module nicht zu verschatten, gehen die Anbieter von Trackersystemen einen anderen Weg. Sie integrieren ein sogenanntes Backtracking in ihre Steuerung. Es erlaubt eine engere Belegung der vorhandenen Fläche mit Modulreihen. Denn in den Morgen- und Abendstunden oder im Winter, wenn die Sonne flach über dem Horizont steht, legen sich die Module flacher. Die Steuerung reizt damit zwar nicht den insgesamt möglichen Schwenkwinkel aus und die Module sind dann auch nicht optimal zur Sonne ausgerichtet. Aber dafür werden sie auch nicht verschattet.
Ein Motor bewegt 200 Kilowatt
Auch das Motorkonzept seiner Tracker hat Schletter komplett verändert. Während Exosun mit einem bürstenlosen Drehmotor und einem Getriebe arbeitet, setzt Schletter mit dem Linearmotor ein bis jetzt noch von keinem Anbieter genutztes Konzept ein. In den bisherigen Trackersystemen verwendete das Unternehmen ebenfalls Drehmotoren. Dabei werden über ein Schneckengetriebe die Schubstangen bewegt, die wiederum über eine vertikale Stange die Tracker bewegen.
Mit dem Linearmotor sparen sich die Oberbayern den Umweg über eine Drehbewegung und ein Getriebe. Sie übertragen die Kraft der Längsbewegung des Motors direkt auf die Schubstange. Das spart zum einen Energie. Schließlich fallen die Reibungsverluste durch den Zwischenschritt über das Getriebe weg. Zum anderen können damit mehr Tracker bewegt werden. Schaffte der Drehmotor im bisherigen System bis zu 14 Modulreihen, kann der Projektierer jetzt 16 Modulreihen über eine Schubstange miteinander koppeln. Jeder Motor bewegt damit etwa 200 Kilowatt Modulleistung – immerhin 50 Kilowatt mehr als beim bisherigen System. Damit schließt Schletter zu Exosun auf. Für ein Megawatt Anlagenleistung braucht der Projektierer bei beiden Systemen fünf bis sechs Motoren.
Mit ihren neuen Trackersystemen setzen die Oberbayern und die Franzosen vor allem auf die Märkte im Süden. Von Nord- und Südafrika über den Nahen und Mittleren Osten, Indien und Australien bis hin nach Südamerika und den südlichen Teil Nordamerikas zieht sich der Sonnengürtel um die Erde. Dort sind nicht nur die Märkte mit beeindruckenden Wachstumsprognosen vor allem für Solarparks, sondern auch die Zielmärkte für die Anbieter von Trackersystemen.
Gute Marktprognosen
Schon in den vergangenen Jahren konnten die Anbieter immer mehr Marktanteile hinzugewinnen. Doch jetzt kommt der Markt richtig in Schwung. Die Analysten von Sandler Research mit Sitz in London erwarten, dass der internationale Markt für Solartracker bis 2019 um jährlich 17,9 Prozent wachsen wird.
Der größte Teil des Wachstums entfällt dabei auf das Segment der einachsigen Nachführung der Solarmodule. Zwar verspricht die zweiachsige Nachführung noch größere Ertragsgewinne gegenüber fest installierten Systemen. Doch gegenüber den einachsigen Nachführungen liegt dieser Mehrertrag bei etwa sechs Prozent, wenn jeweils Standardmodule installiert werden. Dafür ist aber der Platzbedarf für die gleiche Leistung viel höher als bei der einachsigen Nachführung.
Zudem sind auch die Installationskosten eines zweiachsigen Trackersystems höher als die einachsiger Trackeranlagen. Deshalb lohnt sich die zweiachsige Nachführung nur, wenn die Leistung der Module entsprechend hoch ist, sodass die Erträge weiter steigen. So werden die zweiachsigen Tracker in der Regel mit konzentrierenden Photovoltaikmodulen bestückt, während auf einachsigen Nachführsystemen ausschließlich Standardmodule installiert werden.
Neuer Tracker aus Brandenburg
Insgesamt geht Schletter davon aus, dass mit seinem Trackersystem ein Mehrertrag von etwa 25 Prozent im Vergleich zur fest installierten Anlage erreicht wird. Dieser Wert kann aber nur eine Schätzung sein. Denn das Plus an Solarstrom hängt sehr stark von der Region ab, in der die Anlage installiert ist. Zudem ist das Design der Anlage entscheidend dafür, wie viel Mehrertrag eine nachgeführte Anlage erwirtschaftet. So kann ein Generator, der auf einem Tracker installiert ist, durchaus auch bis zu 30 Prozent mehr Solarstrom liefern als eine auf einem fest stehenden Montagesystem installierte Anlage mit der gleichen Leistung.
Die guten Marktprognosen haben jetzt auch Mounting Systems dazu bewogen, einen einachsigen Tracker zu entwickeln. „Das System befindet sich im Endstadium der Entwicklung und wird im kommenden Jahr auf den Markt kommen“, erklärt Manuela Hadler, Marketingchefin des Herstellers im brandenburgischen Rangsdorf. Damit wird auch auf der nächsten Intersolar wieder ein neues Trackersystem zu sehen sein.