Lithium-Ionen-Batterien dominieren viele Anwendungen – vom Heimspeicher übers Elektroauto bis zum Smartphone. Das heißt nicht, dass sie für alle Einsatzbereiche immer die beste Lösung sind. An der TU Wien gelang es nun, eine Sauerstoff-Ionen-Batterie zu entwickeln, die einige wichtige Vorteile aufweist. Sie ermöglicht zwar nicht ganz so hohe Energiedichten wie die Lithium-Ionen-Batterie, aber dafür nimmt ihre Speicherkapazität im Lauf der Zeit nicht unwiderruflich ab.
Sie lässt sich regenerieren und ermöglicht damit eine relativ lange Lebensdauer. Außerdem kann man Sauerstoff-Ionen-Batterien ohne seltene Elemente herstellen. Und sie besteht aus nicht brennbaren Materialien. Die neue Batterie wurde zusammen mit Kooperationspartnern aus Spanien zum Patent angemeldet. Für große Energiespeicher könnte sie eine aussichtsreiche Lösung bieten.
TU Wien: Keramik ist nicht brennbar
Basis des neuen Konzepts sind spezielle Keramiken. Sie können doppelt negativ geladene Sauerstoffionen aufnehmen und abgeben. Wenn man eine elektrische Spannung anlegt, wandern die Ionen von einem keramischen Material zum anderen. Danach kann man sie wieder zurückwandern lassen, um elektrischen Strom zu erzeugen. Die Keramik ist nicht brennbar. Brände sind praktisch ausgeschlossen. Außerdem kommt man ohne seltene Elemente aus, die teuer sind oder nur auf umweltschädliche Weise gewonnen werden. Der Prototyp der Batterie verwendet noch Lanthan – ein zwar nicht seltenes, aber doch nicht völlig alltägliches Element. Doch auch Lanthan soll bald ersetzt werden. Auf Kobalt oder Nickel, die in vielen Batterien verwendet werden, kann man zudem verzichten.
Lebensdauer fast unbegrenzt
Der vielleicht wichtigste Vorteil der neuen Batterietechnik ist ihre Langlebigkeit: „In vielen Batterien hat man das Problem, dass sich die Ladungsträger irgendwann nicht mehr bewegen können“, sagt Alexander Schmid von der TU Wien. „Dann können sie nicht mehr zur Stromerzeugung genutzt werden, die Kapazität der Batterie sinkt. Nach vielen Ladezyklen kann das zum ernsten Problem werden.“ Die Sauerstoff-Ionen-Batterie hingegen lässt sich problemlos regenerieren: Wenn Sauerstoff durch Nebenreaktionen verloren geht, wird der Schwund einfach durch Sauerstoff aus der Umgebungsluft ausgeglichen.
Für Smartphones oder Elektroautos ist das neue Batteriekonzept jedoch nicht gedacht. Denn die Sauerstoff-Ionen-Batterie erreicht nur rund ein Drittel der Energiedichte von Lithium-Ionen-Batterien. Zudem läuft sie bei Temperaturen zwischen 200 und 400 Grad Celsius. Interessant wird die Technologie, um große Energiemengen zu puffern. „Wenn man etwa einen großen Energiespeicher benötigt, um Solar- oder Windenergie zwischenzuspeichern, wäre die Sauerstoff-Ionen-Batterie eine hervorragende Lösung“, glaubt Schmid. Die Stärken dieser Batterie wären gerade dort besonders wichtig.
Natrium-Ionen-Batterien kommen bald
„Ansonsten stehen auch Natrium-Ionen-Batterien schon in einer Startposition – gerade für den stationären Speichersektor“, berichtet Dirk Uwe Sauer. Er ist Professor für elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik an der RWTH Aachen. Das Natrium ersetzt dabei das Lithium in der Batterie. Tests mit ersten kommerziellen Natrium-Ionen-Produkten laufen schon an verschiedenen Orten, weiß Sauer zu berichten. Denn Akkus mit Natrium versprechen noch mal deutlich geringere Materialkosten bei Energiedichten, die die von Lithium-Eisenphosphat-Akkus erreichen können. Diese Technologie dominiert derzeit den Markt bei Heimspeichern mit 70 Prozent.
ETH-Zürich: Zinkbatterien auf Wasserbasis
Schweizer Forscher von der ETH Zürich arbeiten indes intensiv an wasserbasierten Zinkbatterien. Sie stellen eine weitere Alternative zu Lithium-Ionen-Akkus dar. Denn sie gelten als leistungsfähiger, sicherer und umweltfreundlicher.
Über eigene Vorteile verfügt auch diese Batterie: Zink ist reichlich vorhanden, billig und lässt sich einfach rezyklieren. Ein weiteres Stichwort, denn es existiert weltweit schon eine gut ausgebaute Zink-Recycling-Infrastruktur. Außerdem lässt sich in den Akkus relativ viel Strom speichern und sie benötigen als Elektrolytflüssigkeit nicht unbedingt ein organisches Lösungsmittel, das leicht entflammbar ist. Stattdessen können Elektrolytflüssigkeiten verwendet werden, die auf Wasser basieren.
Problem der Ablagerungen
Aber ganz so einfach ist es mit der Zinkbatterie nun auch wieder nicht. Die Ingenieure kämpfen bei der Entwicklung auch mit einigen Problemen: Werden die innovativen Akkus mit hoher Spannung geladen, reagiert die wässrige Elektrolytflüssigkeit an einer der Elektroden zu gasförmigem Wasserstoff. Dabei schwindet die Elektrolytflüssigkeit, die Leistungsfähigkeit der Batterie nimmt ab. Auch baut sich durch diese Reaktion in der Batterie ein Überdruck auf, was wiederum gefährlich sein kann.
Ein weiteres Problem sind nadelförmige Zinkablagerungen, Dendriten genannt, die sich beim Aufladen in der Batterie bilden können. Diese können schlimmstenfalls sogar einen Kurzschluss verursachen und die Batterie somit irreversibel unbrauchbar machen. Die Wissenschaftler nutzten dabei für ihre Optimierungen keine umweltschädlichen Fluorsalze, sondern arbeiteten mit Salzen aus Essigsäure, sogenannten Azetaten. Diese würden ebenfalls die Bildung von Dendriten vermeiden.
Ziel: Zinkanode effizienter laden
Bisher testeten die Schweizer Forscher im kleinen Labormaßstab. Als Nächstes muss es darum gehen, den Ansatz zu skalieren und zu schauen, ob man damit auch große Batterien bauen kann. Zum Einsatz kommen könnten Zinkbatterien zum Beispiel als Puffer im Stromnetz, um Schwankungen auszugleichen, oder als Heimspeicher im Keller von Einfamilienhäusern.
„Wir konnten zeigen, dass man durch das Optimieren der Elektrolytflüssigkeit die Zinkanode effizienter aufladen kann“, freut sich Maria Lukatskaya, Professorin für elektrochemische Energiesysteme an der ETH Zürich. Batterien bestehen aus Anode, Kathode sowie der Elektrolytflüssigkeit dazwischen. „In Zukunft wird man jedoch auch noch die Kathodenmaterialien optimieren müssen, um langlebige und effiziente Zinkbatterien zu erhalten.“ Die Arbeit geht also nicht aus.
Theion
Start-up entwickelt Schwefelbatterie
Die Firma Theion aus Berlin-Adlershof kommt nach eigenen Angaben gut mit der Entwicklung ihrer Batterie voran. „Nach erfolgreichen Tests mit Knopfzellen haben wir die ersten einlagigen Pouchzellen hergestellt“, sagt Geschäftsführer Ulrich Ehmes. Das Start-up setzt auf das Potenzial der Technologie, entweder in Kombination mit Lithium für mobile Anwendungen oder mit Natrium für stationäre Speicher.
Genauer: Für mobile Anwendungen kombiniert Theion nun eine monolithische Schwefelkathode mit einer modifizierten Lithium-Metall-Anode. Die Firma schützt den polykristallinen Schwefel in der Kathode mit einer speziellen, leicht aufzutragenden Beschichtung, die den isolierenden Charakter des Schwefels aufhebt.
Für die ersten kommerziellen Zellen strebt Theion demnach eine Energiedichte von 500 Wattstunden pro Kilogramm bei einer Lebensdauer von 500 Ladezyklen an. Auf Basis der aktuellen Materialpreise könnten mit der neuen Technologie die Kosten auch für kleine Produktionsmengen deutlich gesenkt werden. Hinzu kommt der strategische Vorteil einer Versorgungsautarkie und damit der Unabhängigkeit von Importen aus Asien. Entsprechende Patente zum Schutz des wichtigsten geistigen Eigentums der Gesellschaft wurden in den vergangenen Monaten erteilt. Das Team ist bereits auf 19 Mitarbeiter angewachsen.
Elevenes
Europaweit erste Produktion für LFP-Zellen
Der Hersteller Elevenes hat die erste industrielle Anlage zur Herstellung von Batteriezellen aus Lithium-Eisenphosphat, kurz LFP, in Europa eröffnet. Die Produktionsstätte im serbischen Subotica wird prismatische LFP-Zellen mit 100 Prozent Ökostrom fertigen. Die Eröffnung der Produktionsstätte ist für Elevenes ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Zwischenziel, die Anlage bis 2024 zur Megafabrik mit einer Produktionskapazität von 500 Megawattstunden auszubauen. Laut den Analysten von McKinsey wird die Batteriezellchemie bis Ende dieses Jahrzehnts die weltweit am häufigsten eingesetzte sein. Die Zellen kommen in verschiedenen Anwendungen zum Einsatz, darunter Elektroautos, E-Busse und -Lastkraftwagen sowie Energiespeichersysteme.
Der Fahrplan von Elevenes sieht für die nächsten fünf Jahre den Betrieb von zwei Gigafactories mit einer Gesamtkapazität von 48 Gigawattstunden vor. Zum Vergleich: Das entspricht dem Energiebedarf von einer Million Elektroautos pro Jahr. Der Markt für LFP-Zellen wird in den nächsten Jahren voraussichtlich stark wachsen. Allein in den letzten zwei Jahren hat sich der weltweite Absatz mehr als verneunfacht. Umso wichtiger ist der Ausbau der Produktionskapazitäten in Europa. Bisher kommen die LFP-Zellen meist aus China. „Mit der lokalen Produktion unserer Batteriezellen leisten wir einen Beitrag zur Reduzierung des globalen CO2-Fußabdrucks“, sagte Nemanja Mikac, Geschäftsführer von Elevenes.
Der Vorteil der LFP-Zellen: Sie verwenden weder Nickel noch Kobalt und sind deshalb sicherer, kostengünstiger und nachhaltiger als herkömmliche Zellen. Außerdem ist ihre Lebensdauer dreimal so hoch wie die von Konkurrenztechnologien. Zusätzlich zu diesen allgemeinen Vorteilen bieten die Batteriezellen laut Hersteller Elevenes eine höhere Energiedichte auf Batteriepack-Ebene im Vergleich zu anderen LFP-Zelldesigns.
Das Unternehmen setzt auf eine nachhaltige Herstellung und verwendet 100 Prozent Ökostrom mit einer Kombi aus Wasser-, Wind- und Solarenergie. Das Unternehmen plant außerdem, alle benötigten Materialien aus Europa zu beziehen, um so den CO2-Fußabdruck der LFP-Zellen zu reduzieren.