Rückblick ins Jahr 2006: Damals war ich Redaktionsleiter beim Solarpraxis Verlag in Berlin. 2006 befand sich die Solarbranche im ersten Aufbruch. Das EEG hatte spürbaren Aufwind in den Zubau gebracht, und es war klar: Diese Branche brauchte ein professionelles B2B-Medium, verlangte nach Fachinformationen für Installateure, Planer und die Industrie.
Karl-Heinz Remmers, Verleger der Solarpraxis, und Erwin Fidelis Reisch, der Verleger des Stuttgarter Gentner Verlages, stellten die Aufgabe. Die schnell wachsende Solarwirtschaft sollte ein innovatives Medium bekommen, wie andere Branchen der Kraftwerkstechnik oder der Haustechnik auch.
Auftakt in Freiburg
Damals gab es in den boomenden Solarfirmen keine Pressestellen, kein strukturiertes Marketing und meistens auch keinen professionellen Vertrieb. Es gab noch keine klar strukturierte Kette der Wertschöpfung, und die meisten Installateure begannen erst, sich mit der Photovoltaik zu befassen.
Uns war bewusst, dass die Photovoltaik sehr schnell eine globale Technik werden würde. Die japanischen Hersteller von Zellen und Modulen waren bereits etabliert, die erste Krise des Marktes in Japan drückte sie nach Deutschland.
Die ersten Werke in China
In China entstanden die ersten Fabriken, verlängerte Werkbänke von Solon und Solarworld. Es ging um ein Medienkonzept, das globales Wachstum abbilden konnte. Gemeinsam mit Jürgen Wendnagel aus Stuttgart schmiedeten wir ein Medium für die Profis unserer Branche. Ihm gilt mein ausdrücklicher Dank, es war eine wunderbare Zusammenarbeit – die bis heute Bestand hat.
Zur Intersolar 2007 – seinerzeit noch in Freiburg – stellten wir die Nullnummer der photovoltaik vor. Regulär startete photovoltaik dann im August 2007. In diesem Monat brachten wir zudem die erste englischsprachige Ausgabe, um das spätere PV Magazine vorzubereiten.
Unvergessen das Interview mit Larry Hagman, das Hans-Christoph Neidlein – seinerzeit der erste Mitarbeiter an meiner Seite – in Leipzig führen durfte. Wir hatten Larry auf dem Titel: „Ewing Oil Turns Solar“, das war ein sehr starkes Signal für den damals noch jungen Markt in den USA. Kurz darauf wurde Larry zur Ikone einer Werbekampagne von Solarworld.
Larry auf dem Titel
Vor zehn Jahren befanden wir uns im Aufbruch, und dieser Aufbruch hat uns seitdem nicht mehr verlassen. Sehr frühe Pioniere wie Shell waren schon wieder ausgestiegen. BP Solar war ein großer Hersteller, verbrannte sich aber buchstäblich die Finger mit defekten Modulen. Siemens kam ins Geschäft, stieg wieder aus, als die Luft dünner wurde. Schüco setzte auf Siliziumdünnschicht. Doch die geringen Wirkungsgrade ließen dieser Technologie – vorerst – keine Chance.
Vor zehn Jahren standen Solarzellen und Solarmodule, Wechselrichter und Montagegestelle im Mittelpunkt unserer Berichterstattung.
Es war die Zeit der „reinen“ Photovoltaik, der netzeinspeisenden Generatoren, die vor allem wegen der Einspeisevergütung gebaut wurden.
Frühe Phase der reinen Photovoltaik
Das Geschäftsmodell – besser gesagt: die politische Förderung – lehnte sich an das bekannte Geschäftsmodell aus der Kraftwerkstechnik an: Generatoren erzeugen Strom und speisen ihn in die Stromnetze ein. Das wurde zunächst belohnt.
Dabei war die Photovoltaik ursprünglich anders gestartet: Die Versorgung der US-amerikanischen Raumfähren mit Solarauslegern zielte auf autarke Bordsysteme, nicht auf Stromnetze, etwa zur Erde oder zum Mond.
Kleinsysteme für Afrika, für Hochgebirge oder entfernt gelegene Farmen im australischen Outback waren gleichfalls als autarke Offgrid-Systeme ausgelegt: mit kleinen, handlichen Solarpaneelen und Blei-Gel-Batterien (mit zwölf oder 24 Volt).
Aufgrund des EEG gerieten diese Wurzeln zunächst in Vergessenheit. Der erste Boom der Photovoltaik in Deutschland wurde faktisch durch industriell aufgebaute Solarparks getragen. Sie brachten die Preise ins Rutschen, förderten die Industrie, indem sie Produktion forderten. Sie brachten Kapital in Schwung, sprich: in Umlauf.
In diesem prosperierenden Umfeld etablierte sich die photovoltaik, gewann an Reputation und Marktanteile im Mediengeschäft. So wuchs die Branche bis zum ersten Kollaps, als die schwarzgelbe Regierung in Berlin die Vergütungssätze dramatisch kürzte.
Neben dem deutschen Markt wuchs die Solarbranche in Österreich, in der Schweiz, in Frankreich, Italien, Spanien und Übersee. Die Internationalisierung nahm Fahrt auf – freilich viel schneller als 2007 prophezeit.
Wurzeln gerieten in Vergessenheit
Ende 2012 wurde die Lage für die gesamte Branche schwierig. Ein B2B-Medium durchläuft alle Höhen und Tiefen der Branche, der es dient und die es mitgestaltet. Da gibt es keine Schonung.
So übernahm der Gentner Verlag Anfang 2013 die Anteile der Solarpraxis, um die photovoltaik durch karge Zeiten zu führen. „Graubrotzeit“ war das Wort, das der Verleger dafür prägte – ein passendes Bild. Es galt, das erfolgreiche Medium in die zweite Phase der Photovoltaik zu führen.
Zum Glück erwies sich die Branche als erfinderisch, als zählebig und kreativ. Vor allem wandte sie sich ihren Ursprüngen zu. Ab 2014 trat der Eigenverbrauch als tragendes Geschäftsmodell in den Vordergrund. Mit diesem Wandel wurde die stationäre Speicherbatterie auf Lithiumbasis interessant, wuchs eine neue Branche heran, um die Photovoltaik zu ergänzen.
Speicherbatterien seit 2013 im Fokus
Schon 2013 begannen wir, den Speicherbatterien breiten Raum in der Berichterstattung einzuräumen. Damals war diese Branche noch klein und jung, die favorisierte Technik waren Bleispeicher. Das änderte sich schnell, ab 2014 wuchsen die Marktanteile der Lithiumbatterien rasant an. Mit unseren Berichten waren wir weltweit das erste Fachmedium, das den Eigenverbrauch mit Speicherung favorisierte.
Denn das war der Einstieg in die Sektorkopplung. Die Effizienz der kombinierten Systeme hängt entscheidend davon ab, den Sonnenstrom möglichst preiswert zu speichern. Und die Elektroautos brauchen leistungsstarke Zwischenspeicher, um in kurzer Zeit aufgeladen zu werden.
Alles eine Frage der Preise
Alles ist eine Frage der Preise, das hatten wir bereits bei der „reinen“ Photovoltaik gelernt. Solarbatterien bestehen aus Zellen, wie Solarmodule auch. Diese Zellen kann man vollautomatisch fertigen wie Solarzellen, deshalb konnte man bei den Stromspeichern eine ähnliche Preisdynamik wie in der Photovoltaik erwarten.
Das ist tatsächlich eingetreten, und genauso wird es bei den Brennstoffzellen werden. Sie werden die Autarkie abrunden, als Generatoren für den Winterstrom. Der größte ökonomische Hebel für Eigenversorgungssysteme aber sind die Elektroautos – mit der Stromtankstelle am Gebäude. Deshalb haben wir in den zurückliegenden drei Jahren auch diese Produktgruppen und Geräte in unsere Berichterstattung aufgenommen.
Gebietsmonopole lösen sich auf
Das EEG zementierte das Modell der netzeinspeisenden Generatoren, ein Konzept der herkömmlichen Energiewirtschaft.
Bis zum Zeitalter der Eigenversorgung hat sie als produzierende Großindustrie (fossile und nukleare Kraftwerke) ihr Produkt (elektrischen Strom) über eine Netzinfrastruktur an die Verbraucher gebracht. Deshalb gab es in dieser Branche bis dahin nur Großkonzerne mit Gebietsmonopolen.
Das ureigene Geschäft der Installateure
Nun ändert sich das – sehr schnell. Strom, Wärme, Kälte, Mobilität und Datentechnik wachsen zusammen. Das ist das ureigene Geschäft des Installateurs und des Systemplaners, unseren wichtigsten Lesergruppen.
Das Kilowatt Photovoltaik wird ergänzt durch margenträchtige Umsätze mit Produkten, die den Eigenverbrauch optimieren und mehr als lukrativ machen. Das eigentliche Geschäft lauert künftig in diesem Plus, das über die „reine“ Photovoltaik vor einem Jahrzehnt weit hinausgeht.
Das Kilowatt wird ergänzt
Diese Entwicklung steht erst am Anfang. Der Abschied von den Großkraftwerken läutet eine völlig neue Energiewirtschaft ein, in der elektrischer Strom faktisch überall verfügbar ist. Die Strompreise werden rutschen, das deutet sich an den Energiebörsen bereits an.
Unabhängigkeit wird zum tragenden Geschäftsmodell. Der Verkauf von Komponenten wird von psychologischen und emotionalen Kriterien geleitet, auch wenn Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit weiterhin eine wichtige Rolle spielen.
In der neuen Energiewirtschaft hat das Stromnetz gänzlich andere Aufgaben als in der Vergangenheit. Es wird zur Spielwiese gänzlich neuer Akteure. Die unteren Verteilebenen der Niederspannung und der Mittelspannung gewinnen an Bedeutung. Hochspannungstrassen hingegen werden verlieren, weil der großräumige Stromhandel nur in bestimmten Regionen Sinn macht – etwa um jahreszeitliche Schwankungen bei Photovoltaik oder Windkraft auszugleichen. In Regionen mit gesunder Mischung wird auch lokale Autarkie möglich, beispielsweise auf kommunaler Ebene oder in einzelnen Maschen des Verteilnetzes.
Ihnen, geehrte Leserinnen und Leser, gilt mein größter Respekt. Sie haben uns in zehn Jahren die Treue gehalten. Sie gaben uns das Gefühl, dass wir gemeinsam an derselben, großartigen Aufgabe arbeiten.
Vor dem zweiten Aufbruch
Nun stehen wir vor einem zweiten Aufbruch. Global ziehen die Märkte stark an, auch in Europa geht es bergauf – nachhaltig und ohne Förderung. Seien Sie versichert: Wir werden auch im kommenden Jahrzehnt an Ihrer Seite stehen. Wir werden Sie weiterhin mit Innovationen und Fachwissen versorgen, werden die Tiefe unserer Berichte noch erhöhen.
Und glauben Sie mir: Das ist ein wunderbarer Job, und dafür schulden wir im Team der photovoltaik Ihnen allen unseren Dank.
Feiern Sie Mit!
Die Party geht weiter –im Dezemberheft!
Anlässlich unseres Jubiläums haben uns unzählige Zuschriften erreicht. Meinen ausdrücklichen Dank, das war wirklich überwältigend und hat uns viel Mut gemacht.
Da wir in diesem Heft längst nicht alle Grüße und Statements abdrucken konnten, widmet sich auch das Dezemberheft unserem Zehnjährigen.
Wir losen die Gewinner unseres Quizspiels aus, und wir spüren neuen Trends in der Photovoltaik und der Speicherbranche nach. Titelthema: Das Stromnetz zwischen Solarpark und Eigenverbrauch. Sie dürfen gespannt sein!
Heiko Schwarzburger ist Chefredakteur der photovoltaik.
Michael Harre von LG Electronics
„Zehn Jahre Fahrt auf der Achterbahn“
Was haben Sie 2007 gemacht?
Michael Harre: Ganz genau erinnere mich natürlich nicht mehr. Aber ganz sicher habe ich damals wie heute vom Durchbruch der Solarenergie geträumt und auch daran geglaubt.
Welche Erwartungen hatten Sie damals?
Im Jahr 2007 dominierte Europa den weltweiten Solarmarkt. Fast 70 Prozent der Neuinstallationen fanden auf unserem Kontinent statt. Allerdings waren die Installationen innerhalb Europas bei Weitem nicht gleich verteilt. Deutschland, Italien und Spanien waren große Märkte, andere EU-Länder waren vergleichsweise klein.
Und außerhalb dieser Märkte?
Für Europa hatte ich die Erwartung, dass sich die Photovoltaik in deutlich mehr Ländern nachhaltig durchsetzen würde und in den schon starken Ländern auf einem hohen Niveau weiterwachse. Weltweit hatte ich die Erwartung, dass auch andere Regionen, vor allem USA, China und Indien, stark wachsen würden, da der Energiebedarf hier teilweise deutlich über dem Angebot lag. Schon damals war klar, dass dezentrale und saubere Energien benötigt würden, um diese Lücke zu schließen.
Welche Höhen und Tiefen haben Sie in unserer Branche durchgemacht?
Das Jahrzehnt hatte große Ähnlichkeiten mit einer Achterbahnfahrt. Es ging auf zu ungeahnten Höhen und ab zu nicht vorstellbaren Tiefen – und das in unglaublicher Geschwindigkeit. Insgesamt stimmt die Richtung aber, und der weltweite Solarmarkt ist kontinuierlich gewachsen. Leider nicht überall. In Europa ging es deutlich bergab, in Japan und den USA stark bergauf. China wurde zum weltweit größten Markt.
Welche Herausforderungen sind besonders in Ihrer Erinnerung geblieben?
Eine besondere Herausforderung für alle Marktteilnehmer – gerade auch für Hersteller – sind die schnellen und dramatischen Schwankungen zwischen Boom und Depression und die überaus schwierigen Vorhersagemöglichkeiten über die Marktentwicklung in den nächsten sechs bis zwölf Monaten. Aber gerade das hat es immer sehr spannend gemacht.
Was hat Sie in Ihrer Motivation bestärkt?
Dass Photovoltaik etwas Gutes ist, nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch weil aus ökonomischer Sicht kein Weg daran vorbeigeht. Ich glaube, dass sich bei allen Schwierigkeiten letztlich die richtigen Lösungen und die besten Anbieter durchsetzen. Aber der Weg zur Energiewende ist eher ein Marathon als ein 100-Meter-Sprint.
Wo sehen Sie sich und Ihr Unternehmen in zehn Jahren, also etwa 2027?
Unter den Top-zehn-Systemanbietern. Wichtig ist das Wort Systemanbieter. LG kann viel mehr als nur Module. LG kann und wird Gesamtlösungen anbieten können von sauberer Energieerzeugung (Solarmodule) über die Speicherung bis hin zu Anwendungen. LG ist einer der Weltmarktführer für Lithium-Ionen-Batterien, zudem bieten wir Klimaanlagen, Wärmepumpen und viele Haushaltsgeräte an. Unser Ziel besteht darin, all dies miteinander zu verbinden.
Haben Sie ein persönliches Erfolgsrezept?
Das eine Motto habe ich eigentlich nicht. Aber ich glaube daran, dass sich die richtigen Lösungen aus Photovoltaik, Speichern und Energielösungen von Top-Unternehmen nachhaltig durchsetzen werden. Daran arbeiten wir Tag für Tag.
Michael Harre ist als Vizepräsident von LG Electronics für das europäische Solargeschäft zuständig.
Carsten Körnig vom BSW-Solar
Viele Skeptiker und Gegner zu Mitstreitern gemacht
Als 2007 die erste Ausgabe der photovoltaik erschien, war es gerade ein Jahr her, dass wir die Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft und den Bundesverband Solarindustrie zum Bundesverband Solarwirtschaft e. V. zusammengeschlossen hatten.
Großer Einsatz der Vorgänger
Dank des großen Einsatzes beider Vorgängerverbände waren damals bereits wichtige Weichen für den späteren Siegeszug der Solarenergie gestellt worden, etwa mit dem 100.000-Dächer-Programm und dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).
Dass sich die installierte Photovoltaikleistung dann innerhalb kürzester Zeit vervielfachen und die Preise auf ein mit neuen konventionellen Kraftwerken wettbewerbsfähiges Niveau fallen würden, wagten wir uns nur in unseren kühnsten Träumen zu erhoffen.
Nicht vom Himmel gefallen
Und doch sind diese Entwicklungen nicht vom Himmel gefallen: Wir haben unzählige Gespräche geführt. Wir haben viele Skeptiker und Gegner zu Mitstreitern gemacht. Wir haben trotz mancher Rückschläge und Irrtümer nie den Mut verloren und immer an das große Potenzial und die Durchsetzungsfähigkeit der Photovoltaik geglaubt.
Die rasante technische Entwicklung, die unvorstellbaren Kostensenkungen und der massive Zubau in Deutschland und vielen weiteren Ländern, den wir in den Folgejahren beobachten konnten, hat uns dennoch überrascht – ebenso wie die unablässigen Versuche von Teilen der hiesigen Politik und Energiewirtschaft, die Photovoltaik klein zu halten, künstlich zu verteuern und immer wieder zu bremsen.
Dass die Solarenergie heute dennoch so beliebt ist bei den Menschen im Land und unangefochten auf Platz eins steht, liegt sicher auch an der unermüdlichen Berichterstattung von Medien wie der photovoltaik.
Auch heute, zehn Jahre nach der ersten Ausgabe der photovoltaik, mit mehr als 41 Gigawatt installierter Solarstromleistung allein in Deutschland, gibt es noch immer skeptische Stimmen, die die Erfolgsgeschichte der Solarenergie nicht (an-)erkennen wollen und uns nach wie vor Steine in den Weg legen.
Gemeinsam mit vielen Mitstreitern
Gemeinsam mit unseren vielen Mitstreitern und mit den ökologischen und ökonomischen Argumenten auf unserer Seite werden wir aber auch die verbleibenden Hürden der Solarisierung zu nehmen wissen.
Dabei setzen wir auch weiterhin auf die kritische Begleitung durch die photovoltaik, die seit Anfang an zu unserer Standardlektüre zählt. Herzlichen Glückwunsch zu den ersten zehn Jahren!
Carsten Körnig ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft.
David Stickelberger von Swissolar
Zehn Prozent in zehn Jahren
Vor zehn Jahren herrschte Aufbruchstimmung in der Schweizer Solarszene: Nach jahrelanger Debatte hatte das Schweizer Parlament im Frühling 2007 endlich die Einführung einer Einspeisevergütung nach deutschem Vorbild beschlossen. Kurz darauf traten wir mit der Forderung nach je einem Quadratmeter Kollektor- und Modulfläche pro Einwohner bis 2020 an die Öffentlichkeit. Das Photovoltaikziel hatten wir bereits 2015 erreicht. Unsere damals kühnen Ziele wurden von der Realität überholt.
Dabei stand die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) nach Schweizer Art unter keinem guten Stern: Für Photovoltaik stand nur ein kleines Kontingent zur Verfügung, das nach der Live-Schaltung des Onlineportals sofort ausgeschöpft war. Dennoch setzten immer mehr Bauherren auf die Sonne – nach Fukushima vervielfachten sich die KEV-Anträge. Dies sowie die rasanten Kostensenkungen halfen mit, zusätzliche Kontingente im Parlament loszueisen. 2007 wurde bereits dreimal so viel Photovoltaikleistung wie im Vorjahr installiert. Dieses Jahr werden wir etwa 40 Mal höher liegen als vor zehn Jahren.
Rückblickend ein weiser Entscheid war, dass wir bereits vor zehn Jahren unsere Weiterbildungsangebote für die Photovoltaik ausbauten: Damit standen unseren Mitgliedern die Fachleute zur Verfügung, um den Boom auf qualitativ hohem Niveau zu bewältigen. Immer vielfältiger wurden in dieser Zeit die Aufgaben unseres Verbands, der von rund 200 auf 700 Mitglieder angewachsen ist.
Unschön ist, dass immer noch mehr als 35.000 Anlagen auf der KEV-Warteliste stehen. Würden sie realisiert, könnten sie das erste vom Netz gehende AKW der Schweiz fast vollständig ersetzen. Die Hoffnung war groß, dass die nach Fukushima lancierte Energiestrategie 2050 diese Blockade lösen würde. Sie wurde leider in den parlamentarischen Beratungen dermaßen verwässert, dass viele der Projekte nie eine Unterstützung erhalten werden.
Doch nach der Volksabstimmung zur Energiestrategie vom Mai 2017 ist immerhin klar, dass das Volk den Umstieg auf eine nachhaltige Energieversorgung wünscht. Und ich bin zuversichtlich, dass Solarstrom in zehn Jahren, trotz aller Hürden, rund zehn Prozent des Schweizer Strombedarfs liefern wird. Photovoltaik wird dann zum Standardbauelement für Dächer und Fassaden, sodass politische Fördermaßnahmen eine untergeordnete Rolle spielen. Damit verschieben sich auch die Aufgaben des Fachverbandes – was ich 2027 aus dem Ruhestand sicher mit Interesse verfolgen werde …
Über die Rückschläge hinweggeholfen hat mir immer wieder die Überzeugung, dass Solarenergie die klimafreundliche, saubere und demokratische Energiequelle der Zukunft ist. Und dass diese Zukunft viel schneller kommt, als jene dachten, die uns vor zehn Jahren noch auslachten.
David Stickelberger ist Geschäftsleiter des Schweizer Branchenverbandes Swissolar.
Hans Kronberger von PV Austria
„Kommunizieren, kommunizieren!“
Womit haben Sie sich 2007 beschäftigt?
Hans Kronberger: Ich war gerade dabei, meine kleine Agentur für Öffentlichkeitsarbeit für erneuerbare Energien unter dem Titel „energisch“ aufzubauen. Zuvor hatte ich eine politische Versorgung als Verkehrsattaché der Republik Österreich in Brüssel abgelehnt. Der Vorstand des damals in Österreich so gut wie unbekannten Bundesverbandes Photovoltaic Austria hatte gerade seinen Geschäftsführer entlassen und suchte nach einem Nachfolger für den Präsidenten, der nur von der Vollversammlung abgelöst werden konnte. Ich habe mich mit Händen und Füßen gewehrt und vorläufig abgelehnt.
Zum Glück nur vorläufig. Welche Erwartungen hatten Sie damals an die Solarbranche?
Ich war der Meinung, man müsse grundsätzlich allen Erneuerbaren sozusagen im Chor zum Durchbruch verhelfen. Die Solarbranche war nur ein Bestandteil davon.
Welche Höhen und Tiefen haben Sie innerhalb des zurückliegenden Jahrzehnts durchlebt?
Die Höhen sind untrennbar mit dem EEG verbunden, über das ich schon viele Jahre davor mit Hermann Scheer in meiner Funktion als EU-Abgeordneter intensiv diskutiert hatte. Der Aufstieg von Wind- und Sonnenenergie in Deutschland und die weltweite Übernahme des Konzeptes ist ein epochales Ereignis, das gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Der frühe und völlig unerwartete Tod von Hermann Scheer hat ein unbeschreiblich tiefes Loch gerissen, sowohl persönlich als auch inhaltlich und intellektuell.
Die Höhen sind untrennbar mit dem EEG verbunden, über das ich schon viele Jahre davor mit Hermann Scheer in meiner Funktion als EU-Abgeordneter intensiv diskutiert hatte. Der Aufstieg von Wind- und Sonnenenergie in Deutschland und die weltweite Übernahme des Konzeptes ist ein epochales Ereignis, das gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Der frühe und völlig unerwartete Tod von Hermann Scheer hat ein unbeschreiblich tiefes Loch gerissen, sowohl persönlich als auch inhaltlich und intellektuell.
Was hat Ihnen Mut gemacht?
Dass es nach Deutschland auch in Österreich möglich war, nach 2008 trotz schlechtester Rahmenbedingungen eine Photovoltaikbranche aufzubauen, die derzeit ein deutliches Wachstum aufweist.
Wo sehen Sie sich und PV Austria im Jahr 2027?
In zehn Jahren werden wir uns, nachdem wir den Durchbruch in Europa hinter uns haben, vorwiegend um den Aufbau einer energietechnischen Infrastruktur in den Entwicklungsländern kümmern.
Welches Motto geben Sie uns als Ihr persönliches Erfolgsrezept mit auf den Weg?
Kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren. Mit den Medien, mit der Politik und vor allem mit der Bevölkerung. Für Vorträge ist kein Weg zu weit und keine Teilnehmerzahl zu klein. Jede Botschaft ist eine kleine Pflanze, die wächst.
Dr. Hans Kronberger ist Präsident des österreichischen Branchenverbandes PV Austria.
Detlef Neuhaus von Solarwatt
„Unsere Produkte werden gebraucht“
Wo haben Sie vor zehn Jahren gearbeitet?
Detlef Neuhaus: 2007 war ich Vorstand für Vertrieb und Marketing bei Viessmann. Mit Photovoltaik kam ich seinerzeit erstmals in Berührung, als ich die Lagerbestände für den spanischen Markt gesichtet habe. Das waren etwa zehn Megawatt, die jeden Monat rund fünf Prozent Wert einbüßten. Der Markt in Spanien brach zusammen, wir kriegten die Ware nicht los. Schon vor meiner Tätigkeit bei Viessmann hatte ich bei Vaillant mit Wärmepumpen und Solarthermie zu tun, wollte diese Technologien nach vorn bringen.
Vor acht Jahren kamen Sie zu Solarwatt, um die Firma umzubauen. Wie anspruchsvoll war diese Aufgabe?
Wie hart die Einschnitte werden würden, war damals noch nicht abzusehen. Ich wollte gestalten, wollte Solarwatt im Auftrag seiner Shareholder und des Aufsichtsrates zu einem erwachsenen Industrieunternehmen umbauen. Die erforderliche Restrukturierung war beinahe brutal. Die physische und psychische Anspannung war enorm. Mehr als fünf Stunden Schlaf in der Nacht waren nicht drin, sowohl die Mitarbeiter als auch mich selbst trieben Existenzängste um. Zum Glück standen Shareholder und Aufsichtsrat hinter uns.
Wie konnte dieser schwierige Weg gelingen?
Ich bin nicht der Typ, der etwas anfängt, um bei Schwierigkeiten aufzugeben. Ganz wichtig war aber die Rückendeckung durch Herrn Quandt als Eigentümer und Dr. Fritz vom Aufsichtsrat. Hier ging es nicht um Geld oder Macht. Auch diese Herren haben an Solarwatt geglaubt, an die Photovoltaik als Technologie. Sie waren Verbündete im Geiste. Das Unternehmen Solarwatt und seine Produkte werden gebraucht, um global drängende Probleme zu lösen. Dieser Glaube hat uns angetrieben. So haben wir seinerzeit das erste Glas-Glas-Modul auf den Markt gebracht, einen Energiemanager entwickelt und sind nun auch mit Batteriespeichern erfolgreich. Das waren sehr ermutigende Schritte.
Wie ist der Stand heute?
Solarwatt hat wieder 350 Mitarbeiter. Wir konnten Experten aus dem Vertriebsgeschäft für unser Unternehmen begeistern, wir konnten die besten Leute aus der Batteriebranche gewinnen. Mittlerweile machen die Glas-Glas-Module rund 80 Prozent unseres Modulgeschäfts aus. Im Monat liefern wir 750 Speichersysteme aus. Eine schöne Aussicht: In diesem Jahr werden wir unsere traditionelle Firmenweihnachtsfeier nicht mehr an unserem Standort ausrichten können, weil wir so viele Mitarbeiter und Gäste haben. Ich selbst bin vor Kurzem mit meiner Familie nach Dresden umgesiedelt. Wir blicken den nächsten Jahren optimistisch entgegen, auch wenn wir im Tagesgeschäft viele Probleme lösen müssen, es weiterhin auf und ab geht.
Wo sehen Sie sich selbst und Solarwatt in zehn Jahren?
Ich wünsche mir, dass wir bis dahin unseren Platz im Markt gefunden haben. Wir werden nachhaltig profitabel sein, solide und stetig wachsen, Arbeitsplätze schaffen. Und ich wünsche mir, dass ich auch in zehn Jahren noch dieses Unternehmen leiten darf. Ich fühle mich hier sehr wohl, und vor uns liegen noch viele spannende Aufgaben.
Was sind die wichtigsten Schritte in der nahen Zukunft?
In Bezug auf die Entwicklung und Ausrichtung der Firma ist uns wichtig, dass sich Solarwatt neben der Herstellung von solider Hardware in allen wesentlichen Komponenten – Module, Energiemanager oder Speicher – auch als Anbieter von Premium-Service versteht. Das ist kein ergänzender Schnickschnack, sondern gehört für uns essenziell zum Gesamtangebot dazu. Deshalb geben wir dem Endkunden starke Garantien und die kostenlose Versicherung zur Photovoltaikanlage. Deshalb bieten wir unseren Installateuren Beratung, Trainings, Auslegungsservice sowie einen starken Außendienst.
Detlef Neuhaus ist Geschäftsführer von Solarwatt in Dresden.