Wie sehen Ihre Erfahrungen mit Schäden durch Hagelschlag konkret aus?
Clemens Sodeik: Besondere Leistungseinbußen oder Spätfolgen bei den von uns in der Regel verwendeten rahmenlosen Laminatmodulen konnten wir nicht feststellen. Solarmodule verhalten sich bei extremen Hagelereignissen ganz ähnlich wie Solarthermieanlagen, Dachfenster, Autoscheiben und Dachziegel oder Gewächshäuser. Nicht unbedingt besser, aber auch nicht schlechter. Einige Gläser brechen, andere nicht, und das auf ein und demselben Dach.
Welche Schäden werden unter Umständen durch einen Hagelschlag verursacht?
Es klingt fast banal, aber es ist im Prinzip nur ein Glasbruch. Mehr passiert eigentlich nicht. Das Modul ist dann kaputt. Bei feuchter Witterung kann es zu Aussetzern oder Kurzschlüssen kommen, die dann zu einer Abschaltung der Anlage durch den Wechselrichter führen.
Funktioniert die Photovoltaikanlage noch, trotz eines Schadens?
Wenn die Sonne das Modul wieder getrocknet und der Hagelschlag die Zellverbinder im Modul nicht durchtrennt hat, funktioniert es wieder. Die Leistung des Moduls muss dadurch nicht einbrechen. Wenn der Besitzer nicht in der unmittelbaren Nähe ist oder nicht direkt auf das Dach blicken kann, wird der Schaden manchmal erst Monate später erkannt, zum Beispiel bei einer Wartung. Im Laufe der Zeit kann es allerdings zu einem Totalausfall kommen.
Worauf sollte man achten?
Man sollte sicherstellen, dass sich keine unsichere Situation ergibt. Wenn die Solaranlage auf einer harten Dachdeckung montiert ist, besteht meist keine Gefahr durch Hotspots oder Überhitzungen. Dann kann das defekte Modul provisorisch einige Zeit in der Anlage bleiben. Eine andere Alternative ist es, das Modul zu überbrücken. Oft kann ein Modulstrang also noch weiter produzieren, das entschärft etwas den Zeitdruck bezüglich der Reparatur.
Bei welcher Anlage könnte der Zustand kritisch sein?
Bei einer Indachanlage beispielsweise gibt es manchmal keine weitere Schutzschicht zwischen Dachkonstruktion und Modul. Wenn sie auf einem landwirtschaftlichen Gebäude installiert wurde, in der Stroh gelagert ist, dann sollte der Anlage besser der Stecker gezogen werden. Das ist oft nicht dramatisch, da die gängigen Solarversicherungen einen Ertragsausfall ersetzen.
Wie oft kommt ein Hagelschaden statistisch vor?
Sehr selten. Zudem handelt es sich um ein lokal begrenztes Extremereignis. Oft sind nur wenige Straßenzüge oder eine Siedlung betroffen, einige Hundert Meter weiter sieht es dann schon deutlich harmloser aus. Das Risiko für einen Anlagenbesitzer besteht also darin, ob sein Gebäude von dem Hagelschaden betroffen ist.
Bis zu welcher Glasstärke müssen die Module Hagel aushalten?
Es gibt hier keine Auffälligkeiten. Alle nach üblichen Zertifikaten geprüften Module bereiten uns in der Praxis keine Probleme. Im Fall von kristallinen Modulen ist nach IEC 61215 auch ein Hagelschlagtest in der Prüfung enthalten. 25 Millimeter große Hagelkörner werden dann an elf Stellen beschleunigt mit rund 80 Kilometern pro Stunde auf ein Modul geschossen. Es gibt auch noch härtere Tests. Für die sehe ich allerdings keine Notwendigkeit. Denn komplett sichere Gläser gibt es ebenso wenig wie komplett sichere Dacheindeckungen. Ab einem bestimmten Extremereignis gibt es einfach einen Schaden. Einige Hersteller wie Centrosolar, Solarwatt, Conergy und andere führen hausintern eigene Hageltests durch.
Gibt es überhaupt seriöse Daten zu Hagelschäden bei Photovoltaikmodulen?
Die Mathematiker der Versicherungen versuchen, die Schäden zu kategorisieren. Diese werden in ein bestimmtes Grundrauschen eingeordnet. Im Vergleich zu den Schäden an Autos und Hausdächern spielen die beschädigten Photovoltaikanlagen keine herausragende Rolle. Sie machen nur einen kleinen Teil der gesamten Schadenssumme aus.
Sind ungerahmte Module eigentlich öfter betroffen als gerahmte?
In der Praxis sehen wir keine Unterschiede. Es gibt Solarteure, die Vorurteile gegenüber ungerahmten Modulen haben. Das können wir aber nicht bestätigen. Bei fachgerechtem Einbau sind diese Module genauso gut wie gerahmte. Übrigens: Einer der größten Hersteller, First Solar, produziert seit jeher gänzlich ohne Rahmen, eben auch um Kosten zu sparen. Das kann bei einer gängigen Größe mit 250 Watt bis zu zehn Cent pro Watt ausmachen, zudem ist die Reinigung ohne Rahmen einfacher oder gar nicht notwendig. Und auch Solarversicherungen differenzieren nicht nach einer Kategorie mit oder ohne Rahmen. Das bestätigt, dass es hier keine Risikohäufung zu geben scheint.
Was sollte ein Anlagenbesitzer als Erstes nach einem Hagelschaden tun?
Er sollte einen betriebssicheren Zustand herstellen. Möglicherweise muss der Besitzer dazu die Photovoltaikanlage ausschalten. Dann muss sich der Eigentümer um das Gebäude kümmern und eventuelle Löcher im Dach schließen. Schäden an der Dämmung und am Innenausbau werden so gering gehalten. Danach sollte der Schaden dokumentiert und der Versicherung sowie dem Solarteur gemeldet werden.
Deckt eine Versicherung alles ab?
Ja, in etwa im gleichen Umfang wie bei anderen Schäden.
Wann lohnt es sich nicht mehr, die Altmodule wieder zu ersetzen?
Soweit optisch und elektrisch passende Module verfügbar sind, werden diese einfach ausgetauscht. Bei älteren Anlagen ist der Tausch schwieriger. Wenn mehr als etwa die Hälfte der Module gebrochen sind, ergibt sich oft in Abstimmung mit der Versicherung, dass es günstiger ist, alle Module zu ersetzen. Da gibt es aber keine festen Regeln, sondern das ergibt sich aus der Kostenkalkulation des Schadens. Eine Nachfertigung von alten Modulen wäre oft teurer. Insbesondere sind bei Ersatzmodulen mit eventuell neuen Abmessungen manchmal auch umfangreichere Änderungen am Montagesystem und der Wechselrichterkonfiguration nötig. Aber auch optisch muss die Ausbesserung zufriedenstellen. Der Hausbesitzer möchte keinen buntgemischten Modulteppich auf dem Hausdach.
Das Interview führte Niels Hendrik Petersen.
SE Consulting
Know-how für die Energiewende
Die Firma baut neben Photovoltaikanlagen auch solare Heizsysteme, Kleinwindkraftanlagen und Solarluftgeräte ein. Zudem sind die Firmeninhaber als Gutachter und Betreuer für den Bau und die Wartung fremder Anlagen zuständig. Über besonderes Know-how verfügt die Firma bei Montagesystemen aller Art, besonders bei der Gebäudeanbindung. Daraus entstanden universelle Sicherheitsdachhaken und Flachdachklammern für Betonplatten.
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Clemens Sodeik
Der 40-jährige Diplomingenieur (rechts) plante und installierte mit der eigenen Firma SE Consulting seit 1996 rund 1.000 Anlagen. Er führt die Firma zusammen mit seinem Bruder Matthias Sodeik. Sitz der Solarteure ist das sonnenreiche Kandern bei Freiburg. Die Region wurde in den vergangenen Jahren zwei Mal schwer von Hagelschäden betroffen. Viele Anlagen mussten repariert werden. Clemens.Sodeik@se-consulting.de
Foto: privat