Die Photovoltaik boomt seit einigen Monaten wie nie zuvor. Immer mehr Hauseigentümer entscheiden sich für die Versorgung mit eigenem Solarstrom. Dabei spielt die Sektorenkopplung eine immer größere Rolle. Das schließt auch das Elektroauto mit ein.
Denn um den Solarstrom auch maximal nutzen zu können, bietet sich an, ihn auch in die Mobilität zu stecken. Dazu ist eine Wallbox oder eine andere Ladestation notwendig. Dann kann der Elektromobilist den Benzin- oder Dieselverbrauch durch Sonnenstrom ersetzen – inklusive der damit verbundenen Einsparungen von CO₂-Emissionen. Das funktioniert allerdings nur, wenn auch wirklich der eigene Solarstrom im Autoakku landet. „Theoretisch kann ein Hauseigentümer mit jeder Wallbox versuchen, einen möglichst hohen Anteil seines selbst erzeugten Solarstroms über manuelle Eingriffe in sein Auto zu laden, etwa indem er das Auto ansteckt, wenn ein möglichst hoher Überschuss besteht“, sagt Dennis Hollenbeck, Produktmanager PV-Wechselrichter und Speichersysteme bei Kostal Solar Electric.
Vier Betriebsarten der Wallbox
Das Unternehmen hat schon im vergangenen Jahr eine eigene Wallbox auf den Markt gebracht. Sie kann das Elektroauto auf vier verschiedene Arten laden. Im Solar-Pure-Mode fließt ausschließlich Solarstrom in die Batterien des Elektroautos.
Die Wallbox überwacht vollautomatisch den Überschuss aus der Solaranlage und bietet ihn dem Fahrzeug als mögliche Ladeleistung an. „Sollte dieser Überschuss aufgrund der Anlagengröße oder der Jahreszeit nicht ausreichen, kann der Solar-Plus-Mode genutzt werden, bei dem ein gewisser Netzanteil zum Starten einer Ladung zugelassen wird, der dann durch Photovoltaiküberschuss ersetzt wird“, erklärt Dennis Hollenbeck.
Solarladung optimieren
Hier kann der Elektromobilist sogar vorher einstellen, mit welcher Leistung er mit dem Laden beginnen will. Soll so wenig wie möglich Netzstrom in den Autoakkus laden, kann er mit der minimalen Ladeleistung beginnen. Wenn dann mehr Solarstrom zur Verfügung steht, wird die Ladeleistung mit dem Überschuss aus der Photovoltaikanlage gesteigert. Dauert dies zu lange, kann auch mit der Hälfte oder der vollen Leistung mit Netzstrom geladen werden. Dieser wird dann durch den Solarüberschuss ersetzt, wenn er vorhanden ist.
Entscheidend dafür ist aber – neben ausreichend vorhandenem Solarstrom – die korrekte Einbindung der Wallbox in das Energiesystem des Gebäudes und die Photovoltaikanlage auf dem Dach. Hier unterscheidet sich die Lösung von Kostal kaum von denen anderer Hersteller.
Denn die vorhandene Energie muss gemessen und entsprechend den Anforderungen im Gebäude verteilt werden. In der Regel übernimmt dies ein Smart Meter. Kostal hat für solche Fälle ein eigenes Smart Energy Meter entwickelt, das die Energie auf allen drei Phasen in Echtzeit misst.
Kommunikation sicherstellen
Es überträgt die Daten an den Wechselrichter der Photovoltaikanlage, der als Informationsquelle in der Wallbox hinterlegt werden muss. Dessen Energiemanagement wiederum kommuniziert mit dem Smart Energy Meter. Darüber kann die Wallbox entsprechend gesteuert werden. „Wichtig ist, dass das Kostal Smart Energy Meter am Netzanschlusspunkt installiert ist, um so den Überschuss zu ermitteln und das System optimal zu steuern“, betont Hollenbeck.
Wie viel Solarstrom dann tatsächlich im Auto landet und wie viel Netzstrom dazukommen muss, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hollenbeck nennt hier unter anderem den Hausverbrauch und das Nutzungsprofil des Elektroautos, aber auch die Größe der Solaranlage. Wie groß diese sein sollte, um mit einem maximalen Anteil an eigenem Solarstrom zu fahren, ist auch eine Frage der Phasenzahl.
Wird das Auto nur auf einer Phase geladen, beginnt die Überschussladung bei einer Leistung von 1,38 Kilowatt. Der Ladestandard an den Typ-2-Steckern ist so ausgelegt, dass ein Minimalstrom von sechs Ampere auf jeder Phase fließen muss, um den Ladevorgang zu starten. Auf drei Phasen steigt die Minimalleistung entsprechend auf 4,14 Kilowatt.
Diese Leistung muss die Photovoltaikanlage als Überschuss liefern können, wenn das Auto ausschließlich mit Solarstrom geladen werden soll. Dadurch gehen geringe Überschüsse verloren, wenn das Auto ausschließlich dreiphasig geladen wird. Sinkt die Überschussleistung unter 4,14 Kilowatt, stoppt das rein solarelektrische Laden – oder aber das Netz muss aushelfen.
Vorsicht bei Umschaltung
Andererseits kann das Auto üppige Überschüsse nicht verarbeiten, wenn es nur einphasig geladen wird. Denn wenn die maximale Stromstärke bei 16 Ampere liegt, können höchstens 3,68 Kilowatt aus dem Photovoltaikgenerator genutzt werden, auch wenn er mehr Überschüsse liefert.
Um dieses Dilemma zu umgehen, bieten viele Hersteller bereits die automatische Umschaltung zwischen ein- und dreiphasigem Laden an. Dann beginnt das Fahrzeug schon bei 1,38 Kilowatt Überschuss, den Sonnenstrom in die Akkus zu laden. Wird das Maximum auf einer Phase erreicht, schaltet die Wallbox in den dreiphasigen Modus und kann dann auch größere Überschüsse nutzen. Sinkt die Solarleistung unter 4,14 Kilowatt, schaltet sie wieder zurück in den einphasigen Modus und lädt dann mit der geringeren Leistung weiter.
Diese Lösung ist zwar praktisch, aber nicht ganz ohne Risiko. „Eine Herausforderung besteht hier darin, dass der Vorgang normativ nicht definiert ist und es aus diesen Gründen bereits zu Beschädigungen an der Ladeelektronik von diversen Elektrofahrzeugen kam“, warnt Dennis Hollenbeck mit Blick auf die automatische Umschaltung.
Nutzer kann wählen
Deshalb hält sich Kostal noch zurück, seiner Wallbox diese Funktion zu spendieren. Allerdings arbeitet das Unternehmen bereits daran: „Im ersten Schritt werden wir den Kunden in Zukunft die Möglichkeit bieten, zwischen zwei Ladevorgängen die Wahl zwischen ein- und dreiphasigem Laden zu treffen“, sagt Hollenbeck.
Der Hauseigentümer kann dann manuell umschalten. „Wichtig ist trotzdem immer, sich bei den Herstellern der Fahrzeuge zu versichern, dass zwischen zwei Ladevorgängen oder später auch im laufenden Betrieb eine Umschaltung zwischen ein- und dreiphasigem Laden erlaubt ist“, rät Hollenbeck. „Dies betrifft manchmal nicht nur den grundlegenden Fahrzeugtyp, sondern auch die installierte Softwareversion des Fahrzeugs.“
Standards für die Kommunikation
Dies ist aber keine Herausforderung, vor der Kostal allein steht. Es betrifft auch andere Wallboxen. Auch solche, die schon automatisch umschalten können. Wichtig ist hier der Kommunikationsstandard nach EN ISO 15118, der sowohl als DIN in Deutschland als auch als Önorm in Österreich und als SN in der Schweiz gilt.
Diese Norm legt nicht nur die Standards für das bidirektionale Laden fest. Sie definiert auch die Kommunikation zwischen Wallbox und Fahrzeug beim automatischen Umschalten von einer auf drei Phasen.
Ein Speicher kann sinnvoll sein
Unter anderem durch diese Umschaltung wird möglich, das Maximum an überschüssigem Solarstrom zu laden. „Wir haben bereits Kunden, die zwischen April und September mit 92 bis 100 Prozent solarem Anteil geladen haben“, sagt Dennis Hollenbeck. „Sie konnten ihre Eigenverbrauchsquote allein mit dem solaren Laden ihres Elektroautos beispielsweise im August auf etwa 50 Prozent erhöhen.“
Diese Quote steigt mit der Einbindung eines Speichers weiter. Der Stromsammler kann den Solarstromanteil erhöhen, wenn das Auto tagsüber unterwegs ist – umso mehr, wenn der stationäre Speicher ohnehin für die Steigerung des Hausverbrauchs vorhanden ist. „Diese Zwischenspeichermöglichkeit kann dann eine gute Lösung sein, um zum einen die öffentlichen Netze zu entlasten, zum anderen um den Netzbezug zu verringern“, erläutert Dennis Hollenbeck.
https://www.kostal-solar-electric.com
SMA
Solarstromanteil im Autoakku analysiert
SMA hat sich zwischen Juli 2020 und November 2022 angeschaut, wie viel Solarstrom tatsächlich in die Autoakkus fließt. Dazu haben die Experten Daten von 25.000 Solaranlagen mit Ladestation ausgewertet. Dabei flossen Daten aus Anlagen zwischen 1,5 Kilowatt bis knapp 1,4 Megawatt ein. Davon hatten 75 Prozent eine Leistung zwischen 1,5 und 15 Kilowatt. Immerhin 53 Prozent dieser Anlagen waren mit Speicher ausgestattet.
Über den Analysezeitraum haben die Elektroautos insgesamt 28,5 Gigawattstunden geladen. Davon kamen 12,1 Gigawattstunden direkt aus der Solaranlage. Weitere 3,1 Gigawattstunden des Solarstroms in den Autoakkus wurde vorher zwischengespeichert. Damit sind 15,2 Gigawattstunden an Solarstrom in den Autoakkus gelandet. Das sind 54 Prozent. Mit 13,3 Gigawattstunden kam fast die Hälfte des Ladestroms aus dem Netz. Pauschale Rückschlüsse auf einzelne Anlagen lassen sich damit aber nicht ableiten, da die Daten anonymisiert erhoben wurden.
Dabei wurde auch klar, dass der Anteil des Solarstroms beim Laden saisonal unterschiedlich ist. So waren die Autofahrer in den Sommermonaten im Schnitt zu 78 Prozent mit eigenem Sonnenstrom unterwegs. Mit 27 Prozent war der Anteil im Winter entsprechend niedriger. Der hohe Anteil des Solarstroms ist aber auch auf das derzeitige Nutzerverhalten zurückzuführen. Einerseits wurden die Daten in der Coronazeit erhoben, als viele im Homeoffice waren. Andererseits fließen auch Daten aus gewerblichen Solaranlagen ein, wo die Autos tagsüber stehen und laden. Ein dritter Faktor spielt hier auch noch eine Rolle: Elektroautos werden derzeit oft auch als Zweitwagen genutzt, die tagsüber zu Hause stehen und laden können. Das wird sich mit zunehmendem Marktwachstum ändern.