Mit einer gut 97-prozentigen Quote konnten Anlagen, die Strom und Wärme produzieren, eine netzdienliche Stromzufuhr bereitstellen. Das ergab ein Testprojekt in Hamburg. Diese Flexibilität werde allerdings derzeit vom Regulierer nicht belohnt.
Der gezielte Einsatz flexibler Kraftwerke kann das lokale Stromnetz entlasten und dadurch künftig Investitionen in das Stromnetz verringern. Das ist das Ergebnis eines umfangreichen Praxistests, in dem der Netzbetreiber Stromnetz Hamburg und der Ökoenergieanbieter Lichtblick den Einsatz von intelligent gesteuerten Blockheizkraftwerken (BHKW) im hanseatischen Netz erprobt haben. Das sei „ein Meilenstein in der Entwicklung von Smart Grids“, sagt Dietrich Graf, technischer Geschäftsführer bei Stromnetz Hamburg. Mit dezentralen Lösungen wie aus BHKW können die Netze optimiert werden, erklärt Gero Lücking, der die Geschäftsführung Energiewirtschaft bei Lichtblick verantwortet.
Smarte Steuerung in Hamburg
Für den zwei Jahre laufenden Feldtest im Hamburger Stadtteil Jenfeld setzte Lichtblick zehn BHKW mit einer elektrischen Gesamtleistung von 0,2 Megawatt ein. Die Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) versorgen in unmittelbarer Nachbarschaft fünf große Mietshäuser mit Heizenergie. Während die Wärme vor Ort gespeichert wird, optimiert eine Leitstelle den Betrieb der BHKW – ganz nach dem aktuellen Strombedarf im Netz. Denn Nachfrage und Erzeugung müssen sich immer ausgleichen. Die Steuerung übernimmt dabei die vom Hamburger Ökostromanbieter entwickelte Plattform Schwarm-Dirigent.
Während der Projektlaufzeit hat Lichtblick die BHKW nicht – wie sonst üblich – anhand der Strompreise an der Börse optimiert. Sondern nach den Anforderungen des Netzbetreibers ausgeregelt. Die Anlagen starteten also bei einer Lastspitze, wenn die Stromnachfrage im lokalen Netz besonders hoch war. Dabei gelang es laut Lichtblick im Testbetrieb mit einer Zuverlässigkeit von über 97 Prozent, in Zeiten hoher Nachfrage Strom aus den KWK-Anlagen zu liefern und dadurch das Stromnetz zu entlasten.
Warum spart das Netzinvestitionen?
Einerseits könnten lokale Investitionen in Transformatoren oder Stromleitungen reduziert werden. Andererseits seien die erforderlichen Ersatzinvestitionen in lokale Kraftwerke gering, begründet Lücking. Denn Immobilienbesitzer im Netzgebiet investierten ohnehin in Heiztechnik. Die BHKW produzieren Wärme für Gebäude und Strom für das Netz.
Der Markt belohnt diese Flexibilität derzeit aber noch nicht: Anders als für den Netzausbau, der über die Netzentgelte finanziert wird, gibt es derzeit keine regulatorischen Anreize für eine Bereitstellung von steuerbaren Kraftwerken, Speichern oder Lasten zur Netzoptimierung.
Zu diesem Schluss kommt auch eine Studie der Berater von Kema Consulting: Obwohl der Einsatz von BHKW zum Ausgleich lokaler Netzschwankungen volkswirtschaftlich sinnvoll sei, „bestehen für Verteilnetzbetreiber nur geringe Anreize, Netzinvestitionen durch andere Maßnahmen zu vermeiden", heißt es in dem Papier. (Niels H. Petersen)