Viessmann ist als starke Marke aus der Wärmetechnik bekannt. Nun verstärkt das Unternehmen seine Aktivitäten in der Photovoltaik. Welche Ziele verfolgen Sie in dieser Branche?
Joachim Rupp: Viessmann ist bereits seit dem Jahr 2000 in der Photovoltaik tätig. Wir sind schon damals als Komplettanbieter an den Start gegangen. 2010 haben wir uns die Frage gestellt: Wie wollen wir künftig auftreten? 2011 wurde die Tochtergesellschaft für Photovoltaik gegründet. Unsere Themen sind der Eigenverbrauch von Solarstrom und multivalente Anlagen, also die Kombination verschiedener Erzeugungstechnologien. Denn Wärme und Strom wachsen zusammen. Heute geht es um die Optimierung des Eigenverbrauchs. Nicht nur darum, das Dach möglichst voll mit Solarmodulen zu belegen.
Wie viele Mitarbeiter hat die Viessmann Group?
Viessmann hat weltweit rund 11.400 Mitarbeiter und ist in 74 Ländern vertrieblich aktiv. 6.500 Beschäftigte arbeiten in Deutschland und davon wiederum 4.200 in Allendorf am Stammsitz des Unternehmens.
Viessmann gehört zu den großen Anbietern in der Haustechnik. Wie passt die Photovoltaik in das Unternehmen?
Wir denken im System, in Komplettlösungen für unsere Kunden. Ein Beispiel: Schon 2013 haben wir eine neue Regelung für unsere Wärmepumpen vorgestellt, die die Nutzung von selbst produziertem Sonnenstrom optimiert. Mittlerweile ist diese Regelung in allen Heizungswärmepumpen integriert. Neben den Wärmepumpen bieten wir auch Stromspeicher und BHKW an. Unser Vitotwin ist ein gasbetriebener Stirlingmotor, Vitovalor eine Brennstoffzelle. Beide Produkte können im Einfamilienhaus eingesetzt werden, in Kombination beispielsweise auch mit Photovoltaik. Daneben bieten wir Lüftungstechnik und auch Kühlsysteme an. Unser Komplettangebot bietet individuelle Lösungen für alle Energieträger und alle Anwendungsbereiche.
Wie bewerten Sie die Aussichten im deutschsprachigen Photovoltaikmarkt?
Der deutsche Markt hat 2014 rund zwei Gigawatt erreicht. Der politische Korridor liegt zwischen 2,5 und 3,5 Gigawatt. Da ist für 2015 also Luft nach oben, dort schlummert ein Potenzial. Der Markt wird planbarer, es gibt keine Sprünge mehr wie früher. In der Schweiz lag der Zubau 2014 bei rund 350 Megawatt, in Österreich etwas darunter. In diesen beiden Märkten entwickelt sich gleichfalls der Eigenverbrauch als wichtiges Thema. Das bestätigt unsere Strategie.
Wie lief das vergangene Geschäftsjahr für Viessmann in der Photovoltaik?
2014 haben wir Photovoltaikprodukte im höheren zweistelligen Megawattbereich verkauft. Seit der Gründung der Viessmann Photovoltaik GmbH 2011 sind wir im Absatz jedes Jahr gewachsen. Auch im Jahr 2015 erwarten wir wiederum ein deutliches Wachstum. Wir wachsen also gegen den Trend.
Wie vertreiben Sie die Systeme?
Ausschließlich zweistufig. Wir arbeiten eng mit unseren Partnern aus dem Fachhandwerk zusammen. Zum Beispiel führt die Viessmann Akademie im Jahr mehr als 90.000 Schulungen durch, davon gut ein Viertel in Allendorf. Wir unterstützen die Installateure auch bei der Auslegung der Systeme. Wenn Photovoltaik, Gastechnik, Wärmepumpen und Kraft-Wärme-Kopplung kombiniert werden, wird die Planung umfassender, als wenn es nur um Solarstrom geht. Man muss die Lastgänge beachten, um die Photovoltaikanlage für den Eigenverbrauch zu dimensionieren. Das erhöht den Beratungsbedarf.
Welche Stromspeicher bieten Sie an?
Wir können unseren Partnern sowohl die bewährten Blei-Gel-Speicher als auch neue Lithium-Ionen-Batterien liefern. Blei-Gel-Technik ist seit 40 Jahren bekannt, sie leistet in Systemen zur unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) zuverlässig ihren Dienst. Die Technik ist bei den Installateuren gut eingeführt. Unsere Speicher stellen eine Bruttokapazität von bis zu 14,4 Kilowattstunden bereit, die zur Hälfte ausgenutzt werden kann. Wegen des Gewichts steht dieser Speicher auf dem Boden.
Und die Lithiumspeicher?
Unsere Lithiumspeicher sind bodenstehend oder hängen an der Wand. Eine Variante ist modular aufgebaut, die Bruttokapazität erreicht bis zu 13,8 Kilowattstunden. Allerdings lässt sich diese bei einem Lithium-Ionen-Speicher bis zu 90 Prozent ausnutzen. Die Obergrenzen orientieren sich am Bedarf von Ein- oder Zweifamilienhäusern, auf die wir uns konzentrieren. Denn wir können die üblichen Stromgestehungskosten für Netzstrom mit der Photovoltaik unterbieten. Interessant wird die Nachfrage aus Kleingewerbe oder der Industrie, die ja teilweise auch Stromkosten von über 20 Cent zahlen müssen. Auch diese Segmente des Marktes fragen zunehmend Stromspeicher nach.
Zunehmend werden BHKW in Kombination mit Photovoltaik installiert. Ist das ein neuer Trend?
Die Erzeugerkurven der Mikro-BHKW passen mit denen der Photovoltaik sehr gut zusammen. Die Sonne liefert den Strom im Sommer, das Gasgerät springt im Winter ein. Damit kann man den Eigenverbrauch auch ohne Stromspeicher sehr gut optimieren. Soll neben dem Eigenverbrauch auch der Autarkiegrad erhöht werden, dann kann ein Stromspeicher zum Einsatz kommen.
Wie schließen Sie Ihre Solarbatterien an die Photovoltaik und die Hauselektrik an?
Wir binden unsere Batterien auf der AC-Seite ein, das passt auch besser zum BHKW. Zuerst werden der Sonnenstrom oder der Strom aus dem BHKW direkt im Gebäude oder durch ein Wärmepumpensystem mit Pufferspeicher verbraucht. Ist dieser Bedarf gedeckt, speist er die stationäre Speicherbatterie. Sollte es dann noch zu Überschüssen kommen, dann werden diese in das Stromnetz eingespeist.
Was zeichnet das Brennstoffzellengerät aus?
Eine Brennstoffzelle sollte man nicht ständig ein- oder ausschalten. Sie ist eher für den Grundlastbetrieb geeignet, sollte also 20 Stunden am Tag laufen. Das entspricht 15 Kilowattstunden Strom. Das PEM-Modul wird aus Japan von unserem Partner Panasonic geliefert. Es hat einen sehr hohen elektrischen Wirkungsgrad. Vorgeschaltet ist ein Reformer, der das Erdgas entschwefelt und daraus Wasserstoff abspaltet. Bei der Brennstoffzelle beträgt die Wertschöpfung bei Viessmann rund 80 Prozent.
Wie viel kostet Vitovalor?
Der Endkundenpreis beträgt etwa 34.000 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Hinzu kommen die Installationskosten je nach Aufwand.
Welche Komponenten produziert Viessmann in der Photovoltaik selbst?
In dieser Branche treten wir als Systemintegrator auf. Wir kaufen die Module unserer Vitovolt-Systeme bei namhaften deutschen Herstellern, in Europa und in Asien. Allerdings sind sie von uns spezifiziert und zertifiziert. Denn wir stehen ja auch für die Garantie ein. Für die Module geben wir eine Leistungsgarantie von 25 Jahren sowie eine Produktgarantie von zehn Jahren.
Vor Jahresfrist haben Sie die Photovoltaiksparte von Schüco übernommen. Welche Aktivitäten werden Sie weiterführen?
Beispielsweise haben wir die Unterkonstruktion für Dachanlagen von Schüco übernommen. Wir bauen sie selbst beziehungsweise lassen sie von Zulieferern fertigen. Auch die kristallinen OEM-Module haben wir übernommen.
Welche Vorteile haben die Installateure, wenn sie Systeme aus einer Hand bei ihren Kunden einbauen?
Die Preise, die der Installateur erreichen muss, um beim Endkunden zu landen, sind in der Photovoltaik deutlich gesunken. Früher kostete eine Photovoltaikanlage so viel wie ein Mittelklassewagen. Heute sind es nur noch einige Tausend Euro. Wir rechnen mit 1.500 Euro je Kilowatt Solarleistung, inklusive Installation je nach den örtlichen Gegebenheiten. Wenn dazu noch Wärmepumpen oder Stromspeicher eingebaut werden, steigt der Umsatz des Installateurs pro Anlage und damit erhöhen sich natürlich auch die Deckungsbeiträge für seine Firma.
Brauchen Ihre Partner aus dem Fachhandwerk spezielle Schulungen oder Zertifikate, um mit Viessmann kooperieren zu können?
Die Installateure werden von uns zertifiziert, zum Beispiel für die Installation der Batteriesysteme. Das ist wichtig für die KfW-Förderung. Auch für die Brennstoffzelle und Wärmepumpe gibt es spezielle Schulungen. Wir unterstützen unsere Partner durch Planungssoftware, Beratungssoftware und Finanzdienstleistungen, die wir mit einem Finanzpartner anbieten.
Unterstützen Sie auch im Marketing?
Über Sportsponsoring machen wir Viessmann als Marke bei den Endkunden bekannt. Wir konzentrieren uns auf den Wintersport. Dadurch wird dem Installateur das Feld bereitet. Alle zertifizierten Installateure werden zudem in ihrer Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Eine Liste unserer Fachpartner aus dem Handwerk findet sich bei uns auf der Website.
Warum machen Sie sich die Mühe und zertifizieren die Installateure?
Das ist für die Qualitätssicherung im Heizungskeller und auf dem Dach unverzichtbar. Unsere Effizienztechnologien können ihre Effizienz nur entfalten, wenn sie der Installateur richtig plant und einbaut. Das gilt für Photovoltaik, das gilt für Wärmepumpen, für BHKW und sogar für Gasbrennwerttechnik. Unser Vertrieb ist flächendeckend organisiert. Wir wollen die richtigen Betriebe als Partner, um sie weiter aufzubauen und mit ihnen gemeinsam zu wachsen.
Stichwort Elektromobilität: Bieten Sie Ihren Partnern auch dafür Produkte an?
Natürlich haben wir bereits Ladesäulen im Programm, ebenso Carports mit Photovoltaik. Die Nachfrage ist vorhanden, und sie wächst stetig. Das wollen und müssen wir bedienen.
Das Interview führten Niels Hendrik Petersen und Heiko Schwarzburger.
Viessmann Gruppe
Systeme und Leistungen für alle Anwendungen
Die Viessmann Gruppe ist einer der führenden Hersteller von Heiz-, Kälte- und Klimatechnik. Das 1917 gegründete Familienunternehmen beschäftigt 11.400 Mitarbeiter, der Gruppenumsatz beträgt 2,1 Milliarden Euro. Mit 27 Produktionsgesellschaften in elf Ländern, mit Vertriebsgesellschaften und Vertretungen in 74 Ländern sowie weltweit 120 Verkaufsniederlassungen ist Viessmann international ausgerichtet. 55 Prozent des Umsatzes entfallen auf das Ausland.
Das Unternehmen bietet individuelle Lösungen mit effizienten Systemen und Leistungen von 1,5 bis 120.000 Kilowatt für alle Anwendungen und alle Energieträger. Dazu gehören wandhängende Brennwertgeräte von 1,9 bis 150 Kilowatt und bodenstehende Brennwertsysteme von 1,9 bis 6.000 Kilowatt sowie BHKW von einem bis 530 Kilowatt (elektrisch) beziehungsweise von 5,3 bis 660 Kilowatt (thermisch). Die BHKW sind für den Betrieb mit Erd- oder Bioerdgas ausgelegt und in Kombination mit einem Bioerdgas-Liefervertrag erhältlich.
Das Angebot an regenerativen Energiesystemen umfasst thermische Solaranlagen mit Flach- und Vakuumröhrenkollektoren zur Trinkwassererwärmung, Heizungsunterstützung und solaren Gebäudekühlung, Spezialheizkessel und Feuerungsanlagen von vier Kilowatt bis 50 Megawatt für Scheitholz, Hackschnitzel und Holzpellets, Wärmepumpen von 1,7 bis 2.000 Kilowatt zur Nutzung von Wärme aus dem Erdreich, dem Grundwasser oder der Umgebungsluft sowie Photovoltaiksysteme.
Photovoltaik im Paket
Vitovolt 300 bietet abgestimmte Komponenten
Für die Eigenstromerzeugung bietet Viessmann komplette Systemlösungen aus einer Hand. Aufeinander abgestimmte Komponenten sorgen für hohe Stromerträge. Diese lassen sich zum Beispiel mit einer Vitocal-Wärmepumpe effizient und umweltschonend zur Gebäudebeheizung nutzen. Ob auf Ein- oder Mehrfamilienhäusern oder auf Dächern von Gewerbe- und Industriebetrieben: Mit den neuen Photovoltaikmodulen Vitovolt 300 in verschiedenen Abmessungen steht die passende Lösung zur Verfügung.
Je nach Typ sind die Module mit poly- oder monokristallinen Zellen verfügbar. Alle Photovoltaikmodule werden mit garantierter Nennleistung und einer positiven Leistungstoleranz ausgeliefert. Das bedeutet in jedem Fall ein Plus von bis zu fünf Watt, bezogen auf ein Modul.
Für jede Dachkonstruktion ist ein abgestimmtes Montagesystem verfügbar. Dazu gehören Aufdachlösungen für unterschiedliche Dacheindeckungen und Indachlösungen zur harmonischen Integration der Module. Für Flachdächer ist eine aerodynamische Lösung lieferbar, die sich besonders für Dächer mit geringen Lastreserven eignet. Für hohe Ansprüche an die Ästhetik werden auch ganz in Schwarz gehaltene Ausführungen angeboten.
Alle Systeme zeichnen sich durch schnelle und sichere Montage aus, lassen sich für die definierte Lastübertragung auf die Dachunterkonstruktion statisch nachweisen und sind bauartrechtlich zugelassen.
Exakt abgestimmt auf die Photovoltaikmodule stehen Wechselrichter für die ein- oder dreiphasige Stromeinspeisung zur Verfügung. Für die Speicherung von nicht benötigtem Strom sind Lithium-Ionen- oder Blei-Gel-Batterien lieferbar. Ein intelligentes Batteriemanagement sorgt für die bedarfsgerechte Abstimmung zwischen Eigenverbrauch, Stromspeicherung und Netzeinspeisung und minimiert so den Strombezug vom Energieversorger.
Joachim Rupp
ist Ingenieur für Elektrotechnik. Elektrischen Strom bezeichnet er als sein „Herzblut“. Seit dem Jahr 2011 ist er Geschäftsführer der eigenständigen Viessmann Photovoltaik GmbH inAllendorf an der Eder.