Wie bei seinem Namenspaten – dem olympischen Zehnkampf – wetteifern die verschiedenen Teams beim Solar Decathlon in zehn verschiedenen Disziplinen um die höchste Punktzahl. Neben architektonischen Elementen und einem attraktiven Design bewerten die Jurymitglieder auch die Technikkonzepte der Gebäude. So kämpfen die Teams unter anderem um die Funktionalität, und vor allem die Energiekonzepte. Dazu gehört ein Wettbewerb, der vorschreibt, wie oft die Heizsysteme wie viel Wasser erwärmen müssen. Insgesamt lag die Vorgabe bei der Erwärmung von 56,8 Litern Wasser auf 43,3 Grad Celsius innerhalb von zehn Minuten. Das mussten die Wärmeerzeuger insgesamt 16 Mal innerhalb der zehn Wettkampftage wiederholen. Außerdem durfte die Raumtemperatur jederzeit zwischen 22,2 und 24,4 Grad Celsius liegen. Hier zeigte sich, dass die Konzepte zur Bereitstellung von Warmwasser eine große Herausforderung sind. Denn viele der Gebäude mussten hier die Waffen strecken. Weiterhin durfte die Luftfeuchtigkeit den Wert von 60 Prozent zu keinem Zeitpunkt übersteigen. Eine große Herausforderung für die Konzeption der Raumbelüftung.
Auf der Stromseite müssen die Photovoltaikanlagen der Gebäude zu jeder Zeit mindestens so viel Strom produzieren, wie die Bewohner des Hauses verbrauchen. Punktabzug gibt es für den Strombezug aus dem Netz. Bei diesem Wettbewerb konnten alle Häuser die volle Punktzahl erreichen. Die Auslegung der Solarstromanlagen in Verbindung mit den Stromsparmaßnahmen im Gebäude war bei allen Teams ausreichend.
Nachdem 2009 die Architektur- und Ingenieursstudenten der Universität Darmstadt den Titel holen konnten, gab es jetzt den zweiten Titel für ein europäisches Team. Die diesjährigen Gewinner kommen aus Österreich. Auch der dritte Platz ging nach Europa. Die Studenten der Tschechischen Technischen Universität in Prag überzeugten mit dem Konzept eines Hauses für Senioren. Der zweite Platz ging an die Studenten der Universität in Las Vegas, Nevada.
Team Austria: Technische Universität Wien (1. Platz)
Ein Gewinner aus Wien
Das ist der Gewinner: Das „Lisi“ aus Österreich. Das Gebäude besteht zu 90 Prozent aus Holz. Selbst die Wärmedämmung besteht aus Zellulose. Die Innenverkleidung ist Baumrinde. „Holz hat sehr gute thermische Eigenschaften“, sagt Karin Stieldorf, Projektleiterin des österreichischen Teams. „Und vor allem ist es ein nachwachsender Rohstoff mit einer ausgezeichneten Umweltbilanz.“ Aber auch das Energiekonzept ist auf eine gute Energiebilanz zugeschnitten. Dabei wird gemessen, ob das Haus mindestens so viel Strom produziert, wie es verbraucht. Außerdem gehört zum Konzept eine Ressourcen schonende Warmwasserbereitung. Dabei wird beurteilt, ob das Haus den gesamten Verbrauch an Warmwasser bereitstellen kann. In beiden Disziplinen konnten die Österreicher die höchste Punktzahl von allen Teilnehmern holen. Seine gesamte Energie bezieht das Gebäude aus einer Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 8,6 Kilowatt. Sie besteht aus zwei Systemen. Ein Teil umfasst Kioto-Module und Fronius-Wechselrichter, der andere Lotus-G2-Module mit integrierten DC-DC-Wandlern von Holleis. Die Solarstromanlage ist auf dem Dach aufgeständert und stellt mehr Energie zur Verfügung, als das Haus braucht – sowohl in Kalifornien als auch in Österreich. Der Überschuss fließt ins Netz.
University of Las Vegas, Nevada (2. Platz)
http://www.solardecathlon.unlv.edu
Ein Bau für die Wüste
Für eine Gegend wie die Mohave-Wüste, in der die Studenten zu Hause sind, haben sie auch ihr Haus konzipiert. Das Konzept des „Desertsol“ beruht vor allem auf dem sorgsamen Umgang mit den in der Wüste spärlichen Ressourcen wie Wasser und Kühlung. Ein erster Ansatz ist das Photovoltaikdach, das gleichzeitig den Wohnraum von außen verschattet. Außerdem sorgt ein Sonnenschutz an den der Wüstenhitze ausgesetzten Seiten für Kühlung im Sommer und gleichzeitig für weniger Wärmeverluste in kalten Wintern. Um den Wasserhaushalt aufzubessern, verfügt das Haus über einen Tank, in dem Regenwasser gespeichert und später zur Kühlung eingesetzt wird. Solarthermische Kollektoren vor dem Haus stellen warmes Wasser bereit und befeuern die Heizung in kalten Wüstennächten. Verschiedene Isolierschichten sorgen dafür, dass das Haus sowohl gegen Hitze als auch gegen Kälte gut gedämmt ist. Die Studenten aus Las Vegas schafften es dabei, Wärmebrücken zu vermeiden. Mit diesem Konzept konnte der Wüstenbau bei der Energiebilanz und der Warmwasserbereitung punkten. Zum Schluss reichte es für den zweiten Platz hinter dem Winning Team aus Österreich.
Technische Universität Prag (3. Platz)
Alterssitz für Solarsenioren
Studenten der Technischen Universität in der tschechischen Hauptstadt Prag haben sich der Bedürfnisse der Generation angenommen, deren Kinder schon auf eigenen Beinen stehen. Das „Air House“ ist für zwei Personen konzipiert. „Tschechische Senioren können es als Wochenendhaus nutzen, solange sie noch nicht in Rente sind, oder es als ständigen Wohnsitz nutzen, wenn sie in Rente gehen“, erklären die Prager das Konzept. Durch seinen einfachen Aufbau, die geringe Größe und die unkomplizierte Form passt das Gebäude in jeden Garten. Das Innenraumkonzept beruht auf einer flexiblen und modularen Wohnraumaufteilung. Die Küche und Speicher sind separat angeordnet. Auf dem Dach sind insgesamt 30 multikristalline Solarmodule aufgeständert. Sie erreichen eine Gesamtleistung von 5,5 Kilowatt, die ausreicht, um das gesamte Gebäude mit Strom zu versorgen. Für genügend Wärme sorgen zwei Flachkollektoren auf dem Hausdach und ein Wärmespeicher im Vorratsteil des Gebäudes. Die Anlage kann im Sommer die Versorgung des Hauses mit Warmwasser komplett übernehmen. Im mitteleuropäischen Winter reicht sie aus, um zehn Prozent des gesamten Bedarfs an Warmwasser und Raumwärme abzudecken.
Arizona State University Tempe/University of New Mexico Albuquerque
Wohnhaus mit Nullverbrauch
Die Idee ist gut und praktisch. Die Photovoltaikanlage vor dem Haus ist auf ein großes Sonnendach installiert. Es spendet Schatten und produziert zugleich elektrische Energie. Damit wird auch klar: Das Haus ist für Wüstengegenden konzipiert. Das zeigt auch der Name, den ihm die Studenten der Universitäten von Arizona und New Mexico gegeben haben: „Shade“ bedeutet nicht nur Schatten, sondern auch Solar Homes Adapting for Desert Equilibrium. Um das Innere des Hauses zu kühlen, zirkuliert eine abgekühlte Flüssigkeit in der Decke. Außerdem verfügt das Haus über einen großen Wärmespeicher. Der gesamte Energieverbrauch wird durch zahlreiche Sensoren gesteuert, die ihre Informationen austauschen und damit das Energiemanagement optimieren.
Die Amerikaner wollten vor allem ansprechende gebäudeintegrierte Photovoltaik demonstrieren und ein intelligentes Monitoringsystem entwickeln. Insgesamt sollte der Nettoenergieverbrauch des Hauses null sein. Immerhin das ist gelungen. Bei der Warmwasserbereitung ging das Konzept nicht ganz auf. Hier landeten die Studenten aus Tempe, Arizona, und Albuquerque, New Mexico, nur auf dem elften Rang.
University of Louisville, Ball State University/University of Kentucky
sd2013.teamkentuckiana.org
Wie Phoenix aus der Asche
Studenten aus Kentucky und Indiana fühlten sich von einem Tornado, der im März 2012 über Indiana hinwegzog und in Henryville große Verwüstungen hinterließ, für das Design des Hauses inspiriert. Sie wollten ein Haus konzipieren, das schnell aufgebaut, solide und sicher ist, damit die Menschen nach solchen Zerstörungen ein neues Leben beginnen können. Aus dieser Überlegung entstand das „Phoenix House“, das an die Geburt eines neuen Feuervogels aus seiner Asche erinnert. Das Gebäude besteht aus einem Stahlrahmen, in dem isolierende Paneele eingesetzt sind. Zusammen mit der besonderen Dachkonstruktion ist das Haus stabiler als herkömmliche Gebäudehüllen. Es ist konzipiert, Erdbeben in Kalifornien ebenso zu widerstehen wie Tornados in Indiana. Die 27 Solarmodule auf dem Dach stellen genügend Energie für die Bewohner des Hauses bereit. Eine Wärmepumpe mit einem angeschlossenen 190-Liter-Wärmespeicher reicht allerdings nicht aus, um für das Gebäude genügend Wärme bereitzustellen.
Missouri University of Science and Technology
solarhouse.mst.edu
Ein Chamäleon mit Solarzellen
Ein Chamäleon-Haus haben sich die Studenten der Universität für Wissenschaft und Technologie in Rolla, Missouri, ausgedacht. Das Ziel war, ein Haus zu konzipieren, das sich allen Gegebenheiten anpassen kann und sich in jede Umgebung gut einfügt. Es sollte sich aber auch gut an die Bedürfnisse der Bewohner anpassen. Sämtliche Wohnräume sind modular aufgebaut.
Die Energie für die Bewohner liefert ausschließlich die Sonne. Eine Photovoltaikanlage mit Ost-West-Ausrichtung auf dem Flachdach liefert nicht nur genügend Strom für die Hausbewohner, sondern gibt dem Dach auch eine ganz spezielle Optik, die an ein Sheddach erinnert. Das solarthermische System reichte leider nicht ganz aus, um die Anforderungen zu erfüllen, die die Jury des Solar Decathlon an die Warmwasserbereitung stellte.
Middlebury College
sd13.middlebury.edu
Gebaut für die Kleinstadt
Die Studenten des Middlebury College in Vermont haben sich von ihrer Heimat inspirieren lassen. „Insite“ ist ein Haus, das kleinstädtisches Leben repräsentiert. „Basierend auf dem, was wir von unserer Heimatstadt gelernt haben, basiert das Haus auf fünf universellen Prinzipien, die in jeder Gemeinschaft verankert werden können: Leben in einem Umfeld, in dem alles zu Fuß erreichbar ist, dem sozialen Raum die Priorität einräumen, die Energiesysteme zentralisieren, sich für die Gemeinschaft engagieren und einheimische Materialien nutzen.“ Das beinhaltet auch die Auffassung, dass je weiter die Menschen von der Energieerzeugung weg sind, desto weniger denken sie über ihren Energieverbrauch nach. Die Studenten des kleinen Städtchens an der amerikanischen Ostküste haben deshalb versucht, den Energieverbrauch so gering wie möglich zu halten. Deshalb platzieren sie alle mechanischen Systeme, die mit Strom angetrieben werden, so nah beieinander wie möglich. Das erhöht die Effizienz und spart Energie. Die liefert eine Solaranlage mit einer Gesamtleistung von gut sechs Kilowatt, die die Studenten nicht wie üblich auf dem Dach versteckt, sondern selbstbewusst vor die Haustür gestellt haben. Die Passanten sollen sehen, dass hier Solarstrom durch die Leitungen fließt. Der reicht nicht nur aus, um den gesamten Strom für die Bewohner des Hauses bereitzustellen, sondern auch einen elektrischen Boiler anzutreiben, der genügend Wasser für das gesamte Haus erhitzt.