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Teure Folgekosten vermeiden

Blendung: Jeder, der Photovoltaikanlagen plant oder baut, ist mit diesem Thema bereits in Berührung gekommen. Doch was ist Blendung eigentlich? Warum fühlt sich der eine dadurch gestört, doch die andere nicht?

Die physikalische Größe für die Blendung ist die Leuchtdichte. Bei einem Wert von 100.000 Candela pro Quadratmeter spricht man von Absolutblendung. Bei dieser hohen Leuchtdichte kann sich die Pupille des Auges nicht weiter verkleinern, um sich vor dem Licht ausreichend zu schützen.

In der Folge kommt es zu Schmerzen und automatischer Abwendung des Blickes. Auch ein temporäres Nachbild der Blendflecken auf der Netzhaut kann entstehen. Würde man bewusst länger in das Licht sehen, würde die Netzhaut Schaden nehmen.

Kurze Reflexionen von Sonnenstrahlen stellen kein Problem für das Auge dar und werden, wenn sie auf kleinen Flächen auftreten, kaum wahrgenommen.

Wenn jedoch die reflektierten Lichtstrahlen mit täglicher Regelmäßigkeit auf mein Lieblingsplätzchen blenden (zum Beispiel auf der Veranda, in der Küche oder vor dem Fernseher), dann steigt die Sensibilisierung.

In Versuchen wurde gezeigt, dass länger andauernde Blendungen einen psychologischen Druck aufbauen. Der Geblendete muss entweder den Platz meiden oder sich vor dem Licht schützen, zum Beispiel den Raum verdunkeln. Er wird dadurch in seiner Freiheit eingeschränkt. Diese Einschränkung ist – so die Regelwerke – für eine gewisse Zeit zumutbar. Darüber hinaus jedoch nicht.

Die Sonne blendet doch auch …

Das oftmals angeführte Argument, dass die Sonne auch blendet, ist zwar richtig. Aber die Menschen haben bessere Möglichkeiten, sich vor ihr zu schützen. Da das Sonnenlicht die meiste Zeit des Tages von (schräg) oben kommt, fallen die Lichtstrahlen unmittelbar nach dem Fenster auf den Boden und dringen nicht ins Rauminnere.

Die Höhle des menschlichen Auges hat eine ähnliche Funktion und hält ebenso steil einfallendes Licht vom Auge ab. Wenn die Lichtstrahlen durch die Reflexion auf aufgeständerten Solarmodulen nahezu waagrecht umgelenkt werden, werden sie nicht mehr so einfach von Vordächern, Fensterlaibungen oder Sonnenschirmen aufgehalten.

Auch die Ausrichtung der Gebäude und Nutzung der Innenräume (zum Beispiel Schlafzimmer oder Wohnzimmer) wird üblicherweise mit Bedacht auf den natürlichen Sonnenverlauf gewählt. Später hinzukommende Reflexionsflächen bleiben also in der Gebäudearchitektur unberücksichtigt und können durch tieferes Eindringen der Lichtstrahlen in das Gebäude eine stärkere Wirkung entfalten.

Im Straßenverkehr können bereits sehr kurze Blendungen erhebliche Probleme verursachen. Im Extremfall bewirken sie, dass Hindernisse oder Lichtsignale wie Bremslichter nicht oder verspätet erkannt werden.

Das kann zu Unfällen führen. Auch die Bahn überprüft als benachbarte Partei in Bauverfahren regelmäßig die Blendwirkung. Sie befürchtet, dass Lokführer die Lichtsignale für den Zugverkehr nicht rechtzeitig erkennen.

Die Todesstrahlen von London

Diese Bezeichnung wurde von englischen Medien für ein 37-stöckiges Gebäude in der Fenchurch Street 20 gewählt. Es besitzt eine konkave Fassade, die Sonnenstrahlen so bündelte, dass die Kunststoffteile eines Autos auf der gegenüberliegenden Straßenseite schmolzen.

Neben dem sichtbaren Licht wird oft auch ein Großteil der Infrarotstrahlung reflektiert. Das Problem wurde mit dem nachträglichen Einbau von horizontalen Lamellen über die gesamte Fassade gelöst – ein Kostenfaktor, mit dem niemand gerechnet hatte. Dagegen war der angeschmolzene Jaguar XJ noch billig.

Den Tower lahmgelegt

Ein spektakulärer Fall in Manchester (US-Bundesstaat New Hampshire) führte dazu, dass ein Solarpark umgebaut werden musste, da er den Tower des nahe gelegenen Flughafens blendete. Damals (2012) behaupteten die Verantwortlichen noch, man könne die Blendwirkung nicht vorab berechnen.

Auch in Deutschland gibt es Beispiele, wo Sonnenreflexionen das Medieninteresse weckten. Die Universitätsbibliothek in Freiburg verursachte Blendungen von Radfahrern und Autofahrern. Daher müssen jeden Sommer 250 Quadratmeter der verspiegelten Glasfassade mit Tüchern verhüllt werden.

Die Blendwirkung im Zivilrecht

Ist das Bauverfahren abgeschlossen, finden problematische Fälle oft nur den Weg über das Zivilrecht. Meist gibt es davor den Versuch des außergerichtlichen Vergleichs oder eines Mediationsverfahren. Das aber – eventuell begründet durch die oft unterschiedliche Wahrnehmung des Problems durch die Parteien – führt nicht immer zum Erfolg.

Im Gerichtsverfahren beurteilt ein gerichtlich bestellter Gutachter, ob die Belästigungen der Nachbarschaft so erheblich sind, dass Gegenmaßnahmen erforderlich werden. Er ist angehalten, die subjektiven Empfindungen der Parteien nicht in das Gutachten aufzunehmen, sondern anhand von messbaren Fakten zu beurteilen.

Nicht alle Klagen über Blendung haben eine Berechtigung. Wo sich der eine geblendet fühlt, nimmt ein anderer kein Problem wahr. Zur Beurteilung wurden Richtlinien vereinbart, um die Blendwirkung messbar zu machen und eindeutige Grenzwerte zu definieren.

Sogenannte blendfreie Module

Die dafür vorgesehen Regelwerke in Deutschland und Österreich bieten die Grundlagen für die Bewertung einer oft unterschiedlich wahrgenommenen Störung.

In beiden Richtlinien ist die maximal zumutbare Blenddauer mit 30 Minuten pro Tag und 30 Stunden pro Jahr festgelegt. Während also die Gesetze unzumutbare Immissionen im Allgemeinen untersagen, ohne technisch konkret zu werden, liefern die Blendrichtlinien detaillierte Vorgangsweisen und Grenzwerte für die Beurteilung.

In der Schweiz tut man sich trotz einiger Bemühungen noch schwer mit der Erstellung einer eigenen Richtlinie, was zur Folge hat, dass von Fall zu Fall relativ aufwendige Studien in Auftrag gegeben werden müssen. Mehrere Modulhersteller bestätigten in der Vergangenheit schnell einmal, dass ihre Module mit einer Antireflexionsschicht ausgestattet sind und daher „nicht blenden“. Tatsächlich reduziert eine solche Beschichtung die Reflexionen. Dass diese Reduktion aber um mehrere Größenordnungen zu gering ist, um Blendungen zu vermeiden, lässt sich mit einem Leuchtdichtemessgerät leicht überprüfen.

So sind die von den Glasherstellern angegebenen Reflexionsfaktoren in der Regel auch nur für den senkrechten Lichteinfall gültig. Dieser Fall tritt jedoch in der Praxis beinahe nie auf.

Diese und ähnliche Stellungnahmen der Photovoltaikbranche trugen in der Vergangenheit dazu bei, die Unsicherheiten zu vergrößern. Das wiederum hatte äußerste Vorsicht bei Anwohnern und Behörden in Bauverfahren zur Folge.

Äußerste Vorsicht der Baubehörden

Um über das Reflexionsverhalten eines Solarglases wirklich eine Aussage machen zu können, ist der winkelabhängige Reflexionsfaktor sowie die Strahlaufweitung des reflektieren Lichtstrahls zu bestimmen.

Zum Glück liegen heute diverse Studien und Erfahrungswerte vor. Sie erlauben uns, die Reflexionen durch physikalische Messgrößen zu beurteilen. Am sichersten ist es jedoch, die Anlage so zu errichten, dass die Reflexionen – egal wie stark sie sein mögen – gar nicht zu den Nachbarn gelangen.

Als Grundlage für ein Blendgutachten werden die geometrischen Abmessungen der Anlage herangezogen. Die Größe und Lage der Solaranlage sowie die Höhe und Ausrichtung der Modultische sind dazu ebenso erforderlich wie die Lage der Immissionspunkte.

Dauer der Wirkung

Mit diesen Daten wird die Blendberechnung durchgeführt, bei der insbesondere die Dauer der möglichen Blendwirkung berechnet wird. Aber auch der Zeitpunkt, die Jahreszeit, der Sonnenstand sowie Winkel, Größe und Stärke der Blendflecken können je nach verwendeter Software berechnet werden und dem Gutachten damit mehr Aussagekraft verleihen.

Tritt Blendung bei bestehenden Anlagen auf, so hilft meist nur das Aufstellen eines blickdichten Zauns oder der teilweise Abbau bzw. Umbau der Anlage. In einem Fall in Österreich, für den Zehndorfer Engineering als Gutachter bestellt wurde, musste eine Photovoltaikanlage mit Ost-West-Ausrichtung auf reine Südausrichtung umgebaut werden.

Die günstigste Möglichkeit zur Blendreduktion ist oftmals eine einfache Änderung am Höhen- oder Seitenwinkel der Solarmodule. Dies ist in der Planungsphase schnell und ohne zusätzliche Kosten möglich. Die Aufstellung von blickdichten Zäunen bietet sich an, wenn die Anlage unter einem flachen Höhenwinkel gesehen wird, weil nur ein niedriger Zaun notwendig ist.

Auch die seitliche Teilabschattung (zum Beispiel bei Sonnenaufgang) kann eine Lösung sein. Hier muss man allerdings aufpassen, dass man nicht gleichzeitig den Energieertrag drastisch reduziert. Idealerweise wird die Wirksamkeit der geplanten Maßnahme im Blendgutachten verifiziert, um Planungssicherheit zu haben.

Ein seriös ausgeführtes Blendgutachten ist kein Mysterium. Es basiert auf den Regeln der Physik sowie klaren technischen Richtlinien. Eine erhebliche Blendwirkung tritt zwar nur bei wenigen Anlagen auf. Ist sie aber zu stark, können kostspielige Umbauten erforderlich sein. Die detaillierte Berechnung gibt die Sicherheit, dass Reflexionen auf kritische Verkehrswege oder Anwohner ausgeschlossen werden.

www.zehndorfer.at

Der Autor

Jakob Zehndorfer

ist Diplomingenieur der Elektrotechnik (TU Wien) und Sachverständiger für Blendgutachten. Er hat Hunderte Blendgutachten für Flughäfen, Autobahnen, die Bahn und für Nachbarn von Solaranlagen und Glasfassaden in Deutschland und Österreich durchgeführt. Außerdem ist er als Anlagenplaner für Photovoltaik, Elektrotechniker und gerichtlich beeideter Sachverständiger für Photovoltaik tätig.

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