Wissenschaftler am Forschungszentrum Jülich haben einen neuen Effizienzrekord für Solarzellen aus flüssigem Silizium aufgestellt. Der Ansatz könnte sich als kostengünstige Alternative zum Sägen von Wafern entwickeln. Doch der Wirkungsgrad muss noch weiter steigen.
Wissenschaftler vom Institut für Energie- und Klimaforschung am Forschungszentrum Jülich und die strategische Forschung des Spezialchemie-Unternehmens Evonik haben einen neuen Wirkungsgradrekord mit Solarzellen aus flüssigem Silizium aufgestellt. Insgesamt seit vier Jahren forschen die Wissenschaftler in Jülich an der flüssig prozessierten Siliziumsolarzelle. Nach zwei Jahren konnten sie erstmals eine funktionierende Solarzelle mit dem Herstellungsprinzip produzieren. Nach weiteren zwei Jahren intensiver Forschung erreichen sie jetzt einen Wirkungsgrad von immerhin 3,5 Prozent. „Damit konnten wir bisherige Ergebnisse anderer Forschergruppen um den Faktor sieben steigern“, freut sich Torsten Bronger, der die Forschung zu Solarzellen aus flüssigem Silizium in Jülich leitet. „Dies zeigt, dass flüssig prozessiertes Silizium ein viel höheres Potenzial hat als bisher angenommen.“ Bronger geht aber davon aus dass die Wissenschaft noch mindestens 2,5 Prozent drauflegen muss, damit sich der industrielle Einsatz lohnt.
Ein dünner Film auf einer Glasscheibe
Zwar ist die Herstellung von Halbleitern aus Flüssigkeiten kein neues Thema mehr. Immerhin drucken die Hersteller der organischen Photovoltaik flüssige Halbleiter auf Folien im Rolle-zu-Rolle-Verfahren. Der Vorteil der Herstellung aus einer flüssigen Siliziumverbindung ist, dass Silizium der bisher am besten erforschte Halbleiter ist. „Der Ansatz, Solarzellen aus flüssigem Silizium zu prozessieren, galt 2009, als wir anfingen, als schwierig“, erinnert sich Bronger. „Damals gab es weltweit nur wenige Arbeitsgruppen, die sich an diesem Material versucht haben.“ Die Wissenschaftler mussten zunächst ein zentrales Problem lösen: Sie mussten das flüssige Silizium in einem gleichmäßigen Film auf das Trägermaterial bringen. Das besteht aus Glas. „Das ist so ähnlich wie beim Auftragen von Honig mit einem Löffel“, sagt Bronger. „Aufgrund der Oberflächenspannung entstehen kleine Lücken.“ Lücken im Silizium-Film ruinieren jedoch die Solarzelle, da dort Kurzschlüsse entstehen. Dieses Problem ist inzwischen gelöst. Die Forscher tragen das Silizium in einer flüssigen chemischen Verbindung als einen einige hundert Nanometer dicken Film auf eine Glasscheibe auf. Anschließend wandeln sie diesen Film in eine feste Schicht mit halbleitenden Eigenschaften um. Nach der Kontaktierung kann man das Ergebnis als Solarzelle zu nutzen.
Für die Photovoltaik interessant
Allerdings erreicht das Verfahren noch nicht die Effizienz konventioneller Lösungen: Deren Wirkungsgrade liegen heute je nach Art der Solarzelle bei zehn bis über 20 Prozent. „Für Anwendungen, bei denen kein hoher Wirkungsgrad notwendig ist, könnte sich unserer Ansatz jedoch zu einer kostengünstigeren Alternative entwickeln“, meint Bronger. Mögliche Anwendungen sieht der Physiker außer als Solarzellen auch in Displays, Radio Frequency Identification (RFID), biologische Sensoren und medizinische Geräte. Jedoch sind die Wissenschaftler um Boringer optimistisch, dass sie den Wirkungsgrad weiter steigern können, so dass die Zellen auch für die nächste Generation von Solarzellen für die Photovoltaik wirtschaftlich interessant werden könnte. „Die Siliziumverbindung, die wir nutzen, lässt sich kostengünstig flüssig verarbeiten und in den bekannten Halbleiter Silizium verwandeln“, sagt Boringer. Damit verbindet es die Vorteile eines bekannten Halbleitermaterials mit den Vorteilen der preiswerten Herstellung, wie sie aus der organischen Photovoltaik bekannt ist. (su)