Bislang war die Photovoltaik eine Einbahnstraße, technisch gesehen: Deutschland ist das weltgrößte Entwicklungslabor, und der Rest der Welt nutzte die Ideen, um die Solartechnik in Schwung zu bringen. Eine der wenigen Ausnahmen bilden die Mikrowechselrichter, auch als Modulwechselrichter oder Mikroinverter bezeichnet. In Nordamerika machen sie bereits ein Viertel des Marktes für Solarwechselrichter aus, während sie in Deutschland nahezu unbekannt sind. Dabei wurde die Technik bereits vor Jahrzehnten von holländischen Solarpionieren entwickelt.
Die Idee ist einfach: Jedes Modul bekommt seinen eigenen Wechselrichter, als zusätzliches Gerät oder in die Anschlussdose integriert. Fortan gibt es keine DC-Strings mehr, sondern nur noch Solarmodule, die Wechselstrom abgeben. Alle Sorgen mit Mismatch, Verschattung, unterschiedlicher Modulausrichtung oder Dachneigung lösen sich in Luft auf. „Weil die Anlagenplanung so einfach ist, spielen die Mikrowechselrichter beispielsweise in den USA eine größere Rolle als bei uns“, meint Christian Welz aus dem technischen Service von Power-One. Das Unternehmen brachte bereits 2012 den Aurora Micro 0.3 auf den Markt, der 300 Watt leistet. „Die Installateure in Nordamerika sind nicht so gut ausgebildet wie bei uns“, fährt Welz fort. „Und Sicherheitsaspekte sind dort sehr wichtig. Die Spannungen im Mikrowechselrichter sind nie höher als die Modulspannungen.“
Dadurch sinkt die Brandgefahr, was bei der leichten amerikanischen Holzbauweise von Vorteil ist. Gerhard Schackert, Vertriebsleiter für den Norden Europas bei Power-One, bestätigt: „In Übersee gehen die Mikros wie geschnitten Brot.“ Nach Angabe von Stefan Zanger von SMA machen sie im Marktsegment der kleinen Aufdachanlagen sogar die Hälfte des Umsatzes mit Wechselrichtern aus. Zanger verantwortet bei SMA die Panel Level Electronics. „Ihr Anteil ist in den vergangenen Jahren sehr stark gestiegen. Zwar werden auch größere und sogar Megawattanlagen damit gebaut. Aber ihren Schwerpunkt haben die Mikrowechselrichter eindeutig bei den privaten Solarkunden.“
Als Zusatzgeräte eingeführt
Power-One war der erste der namhaften Hersteller von Wechselrichtern für die Photovoltaik, der in Europa solche Wandlerzwerge auf den Markt brachte. Nun hat SMA nachgezogen, mit dem Sunny Boy 240. „Ihr Einsatzbereich bei uns in Deutschland liegt vor allem bei sehr kleinen Anlagen zwischen 500 Watt und zwei Kilowatt“, urteilt Christian Welz von Power-One. „Man kombiniert zwei oder acht Module. In diesen kleinen Leistungsbereichen ist es schwer, einen vernünftigen Wechselrichter zu bekommen.“ Vor allem dreiphasige Geräte gibt es nicht. Die Zwerge jedoch bieten drei Phasen an. „In der Schweiz bauen wir damit aber auch größere Anlagen“, sagt Welz. „Dort werden 40 oder mehr Module über Mikrowechselrichter angeschlossen.“ Wie bei den DC-DC-Leistungsoptimierern wird das Maximum Power Point Tracking (MPPT) für jedes einzelne Modul durchgeführt. Dadurch steigt die Ausbeute der Module.
Die Mikrowechselrichter von Power-One oder SMA sind Zusatzgeräte, die an die DC-Kabel aus der Modulanschlussdose gesteckt werden. Sie sind netzgeführt, das heißt, sie erlauben keine autarke Stromversorgung und (noch) keinen Notstrom. Die Zwerge werden AC-seitig miteinander verbunden und über eine Standardleitung mit dem Netz gekoppelt. „Am Netzanschluss brauchen sie den erforderlichen NA-Schutz gemäß VDE-AR-4105“, erläutert Christian Welz. „Wir von Power-One empfehlen dafür die Schutzsysteme von ABB und anderen Anbietern.“ Über diesen Anschluss können sich die Mikros mit dem Netz synchronisieren und die Anlagendaten ans Monitoringportal von Power-One schicken. Bei Ausfall des Netzes schalten alle Wandlerzwerge automatisch ab, ebenso bei Abschaltung des Hausnetzes durch die Feuerwehr oder bei Lichtbögen in der Anlage.
Power-One hat sich mit ABB zusammengetan, ab Mai werden alle Produkte des Herstellers unter der Marke und Optik von ABB vertrieben. Die Mikrowechselrichter sieht Vertriebschef Gerhard Schackert vor allem bei sehr kleinteiligen und durch Gauben verkomplizierten Dächern. „Dafür haben wir in Deutschland schon etliche Stück verkauft“, sagt er. „Allerdings ist die Stringtechnik für deutsche Installateure die erste Wahl, damit sind sie vertraut.“ Immerhin: Großhändler Baywa r.e. hat die Mikrowechselrichter im Februar in seinen Vertrieb aufgenommen.
SMA liefert Multigate mit
Neuen Schwung dürfte die Technik erhalten, weil Branchenprimus SMA nun endlich den lange angekündigten Sunny Boy 240 einführt. Auch dieser Mikrowechselrichter läuft nicht gänzlich unabhängig vom Netz. SMA liefert ein sogenanntes Multigate mit, das den Netzanschluss, die NA-Sicherung und das Monitoring der Anlage steuert. „In Deutschland begann die Photovoltaik mit dem klassischen Stringkonzept, das haben die meisten Installateure von der Pike auf gelernt und beherrschen es sehr gut“, meint Stefan Zanger von SMA. „Sie müssen sich von dieser neuen Technologie erst einmal überzeugen, werden die Vorteile der Modulwechselrichter aber schnell erkennen.“
Denn mit den Mikrowechselrichtern wird die eigentliche Anlagenplanung sehr einfach. „Zum Beispiel entfällt die Auslegung der Module und des Generators nahezu gänzlich“, wie Zanger erklärt. „Man hat nur noch ein System für alle Applikationen, das man im Prinzip beliebig skalieren kann. Obendrein bieten die Modulwechselrichter die höchste Flexibilität bei Verschattung, verschiedener Neigung oder Ausrichtung der Module. Das System ist sehr einfach, man kann es wie Plug-and-play verwenden.“
Sehr kleine Anlagen erlauben einen hohen Anteil des direkt verbrauchten Solarstroms im Gebäude. Später lässt sich die Solaranlage problemlos aufstocken. SMA gibt standardmäßig eine Garantie von 5 Jahren, die man auf bis zu 20 Jahre erweitern kann. Zanger bestätigt: „Wir haben viel Aufwand in die Auslegung und die umfangreichen Tests gesteckt, nicht nur in Deutschland.“
Dennoch kann man mit den Zwergen nicht unbegrenzt bauen, obwohl es technisch möglich wäre. Zum einen bieten die Modulwechselrichter keine Blindleistung an. „Deshalb ist die maximale Anlagengröße in Deutschland gemäß VDE-AR 4105 auf 3,68 Kilowatt begrenzt“, schränkt Stefan Zanger ein. Zum anderen sind die Geräte noch nicht für die vollständige Autonomie vorgesehen. Das könnte künftig jedoch interessant werden. Denn der Netzanschluss der Solaranlagen treibt die Kosten. Weil der Kunde seine Anlage ans Netz anschließt, braucht er einen Gewerbeschein. Und muss Mehrwertsteuer auf den Strom zahlen, und demnächst vielleicht sogar EEG-Umlage.
Kein DC für die Batterie
Läuft die Solaranlage ganz ohne Netzanschluss, eventuell über eine Batterie als Puffer, verschwinden diese administrativen Hürden. Andererseits sind DC-geführte Batteriekonzepte mit den Mikrowechselrichtern nicht möglich. Wer die Wandlungsverluste bei der Batteriespeicherung minimieren will, ist also weiterhin mit dem Stringkonzept und einem zentralen Batteriewechselrichter besser beraten.
Auch schrecken viele Monteure vor den DC-AC-Wandlern zurück, weil sie bei der Wartung der Solargeneratoren lieber auf bewährte Konzepte mit Stringwechselrichtern im Keller zurückgreifen. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu den DC-DC-Leistungsoptimierern, die zwar auch am Modul installiert werden, aber am Netz noch den Stringwechselrichter benötigen.
Sehr einfache Installation
Technisch gesehen ist die Montage der Wandlerzwerge sehr einfach. „Die Mikrowechselrichter werden über vorkonfektionierte AC-Kabel miteinander verschaltet“, erläutert Dieter Manz, Experte bei SMA. Immer zwölf Zwerge können über eine sogenannte Daisy Chain parallel miteinander verschaltet werden. Jeder Zwerg verfügt über einen DC-Eingang zum Anschluss des Moduls und über Ein- und Ausgänge für die AC-Verkabelung. „Alle Mikrowechselrichter werden miteinander in einem String verschaltet. Vom letzten Gerät führt ein AC-Standardkabel zum Multigate.“
Das Multigate von SMA sitzt im Zählerkasten, in der Unterverteilung. Es ist nicht nur Einspeiseeinheit mit integrierter Netztrennfunktion, sondern auch die Kommunikationseinheit. Die Kommunikation mit den Mikrowechselrichtern erfolgt über die AC-Verkabelung, mit Power-Line-Communication (PLC). Die Mikrowechselrichter sind für den Einsatz unterm Modul konzipiert, sie erfüllen die Schutzklasse IP 65. Auch sind sie für die höheren thermischen Belastungen ausgelegt, wie sie unter den Modulen auf dem Dach oft auftreten. Dieter Manz erklärt: „Man muss sie nicht an kühlere Stellen im Keller hängen wie die Stringwechselrichter.“
Spezielle Schulungen
Der Verkaufsstart des Sunny Boy in Deutschland, Österreich und der Schweiz erfolgte Anfang Februar. „Wir bieten den Installateuren spezielle Schulungen an“, sagt Stefan Zanger. „An unserer Solar Academy in Niestetal laufen bereits Trainings. Mit den großen Fachhändlern veranstalten wir besonders intensive Trainings, um die neue Technik einzuführen.“