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Was Batterien übelnehmen

Während das Lastprofil der meisten Gewerbebetriebe nahezu deckungsgleich der Produktionskurve von Solarstrom entspricht, sind Hausbesitzer in der Regel darauf angewiesen, zusätzliche Maßnahmen zu treffen, um den Eigenverbrauch von Solarstrom zu steigern. Neben der Verwendung von Hausautomatisierungstechnologien verzeichnen Solarstromspeichersysteme eine immer stärkere Nachfrage, da hier mit einem relativ geringen Installationsaufwand hohe Quoten beim Eigenverbrauch erreicht werden.

So können bis zu 80 Prozent des eigenen Stromverbrauchs durch Solarstrom gedeckt werden, ohne dass Hausbesitzer ihr Verhalten einschränken müssen. Die rasant wachsende Zahl der Anbieter und die unterschiedlichen Technologien erschweren jedoch eine Orientierung auf dem Speichermarkt. Vier Speichertechnologien haben sich aktuell am Markt etabliert: die klassische Bleibatterie, Batterien auf Lithium-Ionen-Basis, Redox-Flow-Systeme und Natrium-Schwefel-Hochtemperaturbatterien.

Sowohl Redox-Flow- als auch Natrium-Schwefel-Batterien sind im Heimbereich nicht anzutreffen. Sie werden in der Regel für Anwendungen genutzt, in denen größere Leistungen oder Kapazitäten benötigt werden. Zudem haben beide Technologien einen hohen Aufwand für Service und Wartung, was sie für die Anwendung im Wohnhaus vorerst unattraktiv macht. In Privathäusern werden vor allem Bleibatterien und Lithium-Ionen-Systeme verwendet.

Kostengünstige Bleibatterien

Bleibatterien zeichnen sich vor allem durch ihren günstigen Anschaffungspreis aus. Es handelt sich hier um eine bewährte Technologie, die in der Solarbranche vor allem bei Off-Grid-Anwendungen schon lange verwendet wird. Gerade dort stellen die Investitionskosten einen wesentlichen Faktor dar, deshalb haben kostengünstige Off-Grid-Systeme mit Bleibatterien einen bedeutenden Marktanteil.

Die Wirkungsgrade dieser Technologie liegen bei 75 bis 85 Prozent. Zu diesen Verlusten kommen die Wandlungsverluste der Leistungselektronik hinzu. Sie hängen sehr von der verwendeten Technologie (trafolos oder mit galvanischer Trennung) und der Speichertopologie (AC- oder DC-gekoppelte Anbindung der Batterie) ab. Berücksichtigt man diese Effekte, liegt die Gesamteffizienz von Speichersystemen mit Bleibatterien in der Regel bei 60 bis 70 Prozent.

Eine weitere wichtige Rolle bei der Berechnung der Effizienz des Gesamtsystems spielt die Selbstentladung: Sie liegt bei Bleibatterien zwischen 5 und 30 Prozent im Monat. Eine voll aufgeladene Batterie verliert innerhalb eines Monats bis zu einem Drittel ihrer gespeicherten Kapazität. Bleibatterien sind daher für die Speicherung von Solarstrom über mehrere Tage oder Wochen ungeeignet.

Geringere Lebensdauer

Neben der Effizienz und der Selbstentladung ist die erwartete Lebensdauer für die Systemauslegung relevant. Dabei unterscheidet man zwischen der kalendarischen Alterung und der Zyklenlebensdauer. Die kalendarische Lebensdauer beschreibt den Verlust der Kapazität aufgrund von chemischen Zerfallsprozessen. Bei Bleibatterien liegt diese bei fünf bis zehn Jahren. Die Zyklenlebensdauer beschreibt den Kapazitätsverlust der Batterie aufgrund der Benutzung der Batterie. Dabei beschreibt ein Zyklus den Vorgang des Be- und Entladens.

Vereinfachend rechnet man hier in Vollzyklen, das heißt man betrachtet einen Be- und Entladeprozess über einen definierten Anteil der Kapazität. Dies stellt eine gewisse Vereinfachung dar, da kleinere Zyklen oder Teilzyklen nicht mitgerechnet werden. Bei Solarstromspeichersystemen und den hier auftretenden üblichen Mikro- und Teilzyklen haben Messungen und Simulationen gezeigt, dass diese Vereinfachung durchaus zulässig ist. Denn die Teil- und Mikrozyklen haben nur eine sehr geringe Entladungstiefe.

Kapazität nur teilweise ausgenutzt

Für eine grobe Lebensdauerabschätzung ist daher die Verwendung von Vollzyklen eine erlaubte Vereinfachung. Ausschlaggebend ist die Zyklentiefe, also die Energiemenge, die beim Be- und Entladen tatsächlich mithilfe der Batterie umgesetzt wird. Bleibatterien sind hier besonders empfindlich. Sie altern deutlich schneller, wenn sie tiefer entladen werden.

Daher ist die installierte Kapazität von Bleibatterien in der Regel deutlich höher als die tatsächlich genutzte Kapazität. Sehr häufig liegt das Verhältnis zwischen nutzbarer und installierter Kapazität bei 1 : 1,5 bis 1 : 2. Ein Speicher mit einer Kilowattstunde nutzbarer Energie muss also um eine halbe bis eine Kilowattstunde überdimensioniert werden. Diese zusätzliche Kapazität wird nur in Ausnahmefällen genutzt, etwa bei Stromausfall.

Nur 80 Prozent Restkapazität

Die Folge dieser Überkapazitäten ist, dass der Raumbedarf von Bleibatterien sehr groß ist. Weiterhin sind zusätzliche Sicherheitsanforderungen für Speichersysteme auf Bleibasis zu beachten: So ist eine aktive Belüftung vorgeschrieben. Sie soll verhindern, dass die Wasserstoffkonzentration durch das Ausgasen ein gefährdendes Ausmaß im Raum annimmt. Da Bleibatterien Schwefelsäure enthalten, sind zusätzliche Vorkehrungen zum Schutz des Grundwassers vorzunehmen.

Neben der geringen Zyklenfestigkeit bei hoher Entladungstiefe wird die Lebensdauer von der mittleren Entladungstiefe beeinflusst. Bleibatterien leben darüber hinaus deutlich länger, wenn sie stets vollgeladen sind.

Ihr Lebensende hat die Bleibatterie erreicht, wenn sie noch 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität besitzt. Bei dieser Grenze hat sich nicht nur die Kapazität verringert, sondern der interne Widerstand auch verdoppelt.

Diese Erhöhung des Widerstandes führt automatisch auch zu einer Verringerung des Wirkungsgrades und zu einer erhöhten Erwärmung der Batterie. Ein Effekt, der sich natürlich verstärkend auf die weitere Alterung der Batterie auswirken kann.

Bei Bleibatterien beginnt weiterhin ab 80 Prozent eine sehr schnelle Reduktion der Kapazität, sodass es keinen Sinn mehr macht, die Batterie weiter zu betreiben.

Bei Lithium-Ionen-Batterien geht man hier mittlerweile von 70 Prozent aus. Denn Messungen haben gezeigt, dass die kritische Schwelle, ab der die Kapazitätsverluste sehr schnell kommen, deutlich später erreicht wird.

Vor diesem Hintergrund werden Bleibatterien gerne in Anwendungen verwendet, in denen sie die meiste Zeit vollgeladen sind. Dies ist bei Starter-Batterien im Automobilbereich oder USV-Anwendungen (USV = unterbrechungsfreie Stromversorgung) der Fall. Diese Batterien sind stets vollgeladen und werden nur selten entladen.

Bei Solarstromspeichern verhält es sich leider umgekehrt. Morgens werden die Batterien geladen, um über die Nacht hinweg komplett entladen zu werden. Hier sind bis zu 300 Vollzyklen im Jahr, in denen die komplette nutzbare Kapazität auch entladen wird, zu erwarten. Das bedeutet eine hohe Belastung für die Bleibatterie und ihre Lebensdauer.

Gefährliche Tiefenentladung

Da im Winter Solarstromspeichersysteme oftmals komplett entladen sind, müssen Vorkehrungen getroffen werden, um eine Beschädigung der Batterien aufgrund von Tiefentladungen zu vermeiden. Dies wird entweder dadurch realisiert, dass eine Mindestladung von 50 Prozent stets gewährleistet wird. Oder die Batterie wird komplett geladen und das System wechselt in den Winterschlaf, in dem die Batterie ungenutzt bleibt. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit, weil die Batterie nur in drei Vierteln des Jahres genutzt wird.

Speichern mit Lithium-Ionen-Batterien

Bei Lithium-Ionen-Batterien ist dies nicht der Fall. Sie sind deutlich robuster gegenüber tiefen Entladungen. Mittlerweile bieten viele Hersteller Lithium-Ionen-Akkus an. Die hohe Speicherdichte und die hohe Zyklenfestigkeit auch bei hoher Entladetiefe macht diese Speichertechnologie sehr attraktiv. Grob kann man von einem Faktor drei gegenüber Blei sprechen: Dieselbe installierte Kapazität hat mit einer Bleibatterie das dreifache Gewicht und das dreifache Volumen. Das Verhältnis zwischen nutzbarer und installierter Kapazität liegt in der Regel bei 1 : 1,2. Das bedeutet, auf eine Kilowattstunde nutzbarer Kapazität kommen nur 0,2 Kilowattstunden Alterungsreserve hinzu, wobei ein Teil dieser Alterungsreserve zum Schutz vor Tiefentladung genutzt wird.

Neben der hohen Speicherdichte und Zyklenfestigkeit ist der Wirkungsgrad von Lithium-Ionen-Batterien sehr hoch. Er liegt zwischen 97 und 98 Prozent. Bei der Speicherung gehen also nur 0,02 Kilowattstunden je Kilowattstunde verloren. Allerdings bezieht sich dieser hohe Wirkungsgrad allein auf die chemische Speicherung der Energie. Da alle Lithium-Ionen-Speicher ein Batteriemanagement verwenden, das neben der Überwachung auch den Ladezustandsausgleich der verschiedenen Zellen vornimmt, kommen operativ weitere Verluste hinzu.

Bauarten von Lithium-Ionen-Batterien

Diese differieren sehr stark zwischen den verschiedenen Technologien und Herstellern und können zwischen 0,04 und 0,1 Kilowattstunden liegen, was den Gesamtwirkungsgrad auf 90 bis 96 Prozent reduzieren kann. Die reine Selbstentladung ist mit ein bis zwei Prozent im Jahr extrem gering.

Für die Aufstellung von Lithiumspeichern sind deutlich weniger Anforderungen zu beachten. So ist eine aktive Belüftung nicht vorgeschrieben. Die Zellen sind versiegelt, daher sind keine gesonderten Vorkehrungen zum Schutz des Grundwassers vorzunehmen.

Anders als bei Bleibatterien handelt es sich bei den Lithium-Ionen-Speichern um eine ganze Familie von Batterien. Der Unterschied zwischen den einzelnen Bauarten besteht im Material für die Kathode und die Anode. Das am häufigsten verwendete Kathodenmaterial ist Kohlenstoff (Grafit). Als Anodenmaterial sind am häufigsten Lithium-Eisen-Phosphat, Nickel-Cadmium-Aluminium (NCA) und Lithium-Mangan-Oxid (LMO) vorzufinden.

Lebensdauer richtig einschätzen

Die Technologien unterscheiden sich weniger in ihrer Zyklenfestigkeit, hier geben alle Hersteller Zyklenzahlen von mehr als 5.000 an. Ausschlaggebend ist vor allem die kalendarische Alterung. Diese hängt bei Lithium-Ionen-Batterien nicht nur von dem mittleren Ladezustand ab. Dieser sollte, anders als bei Bleibatterien, möglichst niedrig sein. Sondern auch die Temperaturbelastung der Zellen ist entscheidend. Sie hängt wiederum von der Umgebungstemperatur und der Höhe der Be- und Entladeleistung ab. Gerade hier zeigen sich deutliche Unterschiede in der Qualität und Anwendbarkeit der Zellen.

LMO beispielsweise gilt als sehr temperaturempfindliche Technologie, weshalb solche Speicher mit geringen Be- und Entladeströmen laufen sollten.

Lithiumeisenphosphat ist deutlich robuster, allerdings erreichen nur qualitativ hochwertige Zellen eine kalendarische Lebensdauer von 15 bis 20 Jahren. Das ist die Minimalanforderung, um eine Systemlebensdauer von mehr als zehn Jahren zu gewährleisten.

NCA kann als die verlässlichste Technologie gewertet werden. Besonders hochwertige Zellen erreichen eine kalendarische Lebensdauer von über 30 Jahren.

Gerade bei Lithiumbatterien wird das Zusammenspiel aus kalendarischer Lebensdauer und Zyklenfestigkeit immer wieder falsch oder gar nicht berücksichtigt. Eine einfache Kalkulation verdeutlicht, wie wichtig diese Angabe jedoch ist, um die Wirtschaftlichkeit eines Systems über die gesamte Lebensdauer zu berechnen: Wenn ein Hersteller eine Zyklenfestigkeit von 6.000 Zyklen und eine kalendarische Lebensdauer von 20 Jahren angibt, so ergibt sich eine effektive Lebensdauer von gerade mal zehn Jahren! Die Ursache ist leicht erklärt. Beide Alterungen addieren sich. Nach zehn Jahren hat die Batterie aufgrund der kalendarischen Alterung bereits die Hälfte der Alterungsreserve aufgebraucht. Gleiches gilt bei 3.000 Zyklen, also der Hälfte der angegebenen Leistung. In der Summe steht nach dem zehnten Jahr keine Alterungsreserve mehr zu Verfügung.

Stärken und Schwächen genau kennen

Blei wie auch Lithium haben beide ihre Stärken. Während bei Off-Grid- und USV-Anwendungen die Bleibatterien aufgrund ihrer niedrigen Investitionskosten vorerst den Markt dominieren, sind Lithium-Ionen-Speicher weiter auf dem Vormarsch. Sie sind für den langjährigen Einsatz in Einfamilienhäusern besser geeignet. Bei guter Qualität rechnen sich diese Systeme bereits heute.

Der Autor

http://www.bosch-power-tec.com/de

Armin U. Schmiegel

ist Portfoliomanager bei der Firma Bosch Power Tec in Hamburg. Dortist er für Innovationen zuständig.

Hinweis: Im Januarheft 2015 von photovoltaik wird der Autor die Wirtschaftlichkeit von Lithium-Ionen-Speichern analysieren. Er gibt Hinweise zur Berechnung der Systeme und weist auf Fallstricke hin.

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