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Auf Tuchfühlung zur Sonne

Die Photovoltaik ist eine junge Branche, noch immer. Wenn es darin alte Hasen gibt, dann Dirk Tegtmeyer und Detlef Mencke. Seit Ende der 1980er-Jahre sind die beiden Ingenieure in der Branche unterwegs. Sie kennen sich aus Studienzeiten, kamen 1989 als Studenten an das Hamelner Institut für Solarenergieforschung (ISFH). Tegtmeyer schrieb eine Studienarbeit über Sonnensimulation, Detlef Mencke über MPP-Tracker. Auch die Diplomarbeiten entstanden am ISFH, wo sie bis 1993 als Assistenten blieben. „Wir haben damals Strahlungssensoren entwickelt“, erinnert sich Dirk Tegtmeyer. „Seinerzeit gab es noch keinen Markt. Immerhin konnten wir in Niedersachsen rund 50 Sensoren installieren.“

Gerade zwei Jahrzehnte her, muss man sich ins Gedächtnis rufen: Damals wurde das Institut noch von Joachim Luther geleitet, seinerzeit Professor in Oldenburg, der kurz darauf das Solarinstitut der Fraunhofer-Gesellschaft in Freiburg übernahm und zur weltweit wichtigsten Forschungsstätte in der Photovoltaik ausbaute. Obwohl kein Markt vorhanden war, machten sich die beiden Ingenieure selbstständig. Das von ihnen gegründete Ingenieurbüro Mencke & Tegtmeyer (M & T) gilt als hoch spezialisierter Zulieferer von Sensoren, Messgeräten für Kennlinien von Solarmodulen und Sonnensimulatoren für Prüfstände.

Mittlerweile ist ein Markt für Photovoltaik entstanden. Dem ersten Hype folgte eine Halbierung im vergangenen Jahr. „2012 hatten wir rund drei Millionen Euro Umsatz“, rechnet Dirk Tegtmeyer vor. „Seit Oktober 2012 geht der Markt deutlich bergab.“ Derzeit hat das Unternehmen noch 15 Mitarbeiter, allesamt Experten, deren Wissen und Erfahrung unbedingt gehalten werden sollen. „Wir bauen unsere Kooperationen mit Vertriebspartnern in Brasilien und Nordamerika aus“, meint Tegtmeyer. „Wir hoffen, dass sich die Lage bessert.“

Wachstum im Ausland

Nebenbei plant Geschäftspartner Detlef Mencke neue Anlagen, erledigt die Ausschreibungen und die Bauüberwachung. Ein hilfreiches Zubrot, um durch die Krise zu kommen. „Das Gros des Umsatzes erwirtschaften wir mit messtechnischen Produkten“, analysiert Tegtmeyer. „Das sind Sensoren für das Anlagenmonitoring sowie Geräte für die Forschung, Qualitätssicherung und die Modulproduktion.“

Im Jahr 2012 machte der Auslandsumsatz rund ein Drittel aus, er steigt seit drei bis vier Jahren. Auch größere Installateure wie Pohlen Solar sind Kunden von M & T. Ein Direktvertrieb an Endkunden erfolgt nicht.

Strahlungssensoren sind notwendig, um der Photovoltaikanlage einen Referenzwert für die Sonneneinstrahlung zu geben. Daraus lässt sich ableiten, wie hoch der Ertrag sein müsste. Seit 1995 ist das Ingenieurbüro mit Einstrahlungssensoren am Markt. Im Juni 2002 begann die Auftragsfertigung für Meteocontrol in Augsburg, die den Sensor fortan in ihren Überwachungssystemen anbot. Damals war der Sensor rein analog aufgebaut, seit 2008 gibt es auch eine digitale Schnittstelle.

Analoge und digitale Schnittstelle

Mittlerweile gehören auch Solare Datensysteme, Refusol und Sputnik zu den Kunden. Andere Unternehmen wie die Neckarsulmer Wechselrichterschmiede Kaco New Energy beziehen den Sensor über Meteocontrol. Weitere Partner sind Papendorf Software, Common Link, Siliken und Schüco. Manchmal tritt M & T als Zulieferer mit eigenem Typenschild auf, manchmal als OEM-Lieferant für die Marke des Kunden.

Stolze 14.000 Sensoren wurden 2012 verkauft. „Für 2013 hatten wir uns 7.000 Stück als Ziel gesetzt“, meint Nikolai Maris. Er kam 1999 in die Firma, seit 2011 ist er dritter Gesellschafter und Prokurist. „Die sinkende Nachfrage entspricht dem Markteinbruch. Wenigstens sind bisher keine Kunden abgesprungen.“

Anders als Solarmodule kann man Sensoren für die Sonneneinstrahlung nicht von der Stange kaufen. Das ist kein Massenmarkt, bei dem die Produktionskapazität ausschließlich den Preis bestimmt. Basis eines jeden Sensors sind kleine, monokristalline Laminate, die bei Centrosolar in Wismar von Hand gefertigt werden. Schon die ersten Sensoren kamen 1994 von der Küste, damals gehörte das Werk noch der Firma Solar Nord. Je nach Kundenwunsch wird das Laminat im Sensor angepasst. Die Zelle wird mit einem Temperatursensor versehen und wie ein Solarmodul in EVA und Tedlar laminiert.

Allein die richtige Anbindung des Fühlers an die Zelle ist eine technologische Herausforderung, in deren Lösung viel Entwicklungsarbeit und Erfahrung steckt. Im Sensor von M & T wird er auf die Zelle laminiert, um vollflächigen Kontakt herzustellen. „Der Strom aus dem Laminat als Messgröße für die Bestrahlungsstärke wird mit der Temperatur korrigiert“, erläutert Nikolai Maris. Sein Kollege Dirk Tegtmeyer ergänzt: „Die Kompensation der Temperatur haben wir durch eine eigens entwickelte Schaltung gelöst.“

Problem der Temperaturen

Der Sensor kann optional auch die Zelltemperatur mitmessen und liefert damit eine Alternative zur Messung direkt am Modul. Am Ende des Produktionsprozesses kalibriert ein Mitarbeiter die Sensoren ein. Dazu haben die Hamelner Ingenieure einen eigenen Sonnensimulator gebaut. Der wird vor der eigentlichen Vermessung der Sensoren selbst erst einmal mit einem baugleichen Referenzsensor vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme kalibriert, damit er auch die richtigen Werte auswirft.

Danach werden die Sensoren kalibriert. Am Ende druckt das Gerät ein Kalibrierprotokoll für jeden einzelnen Sensor aus. Im Sonnensimulator ist ein Sensor fest montiert, der die Abweichung im Verlauf der Kalibrierung misst. Wird sie größer als ein halbes Prozent, muss der Simulator mit dem Referenzsensor neu einkalibriert werden. Das ist aufwendig, aber damit garantiert das Unternehmen gleichbleibende Qualität.

Im Ergebnis wird bei den analogen Sensoren die Bestrahlungsstärke als Spannung oder Stromstärke ausgegeben. M & T bietet eine breite Palette von analogen Sensoren an. Die digitalen Varianten erlauben die Einbindung über RS 485 Feldbus und Modbus oder über Canopen.

Vor allem bei gewerblichen Anlagen mit mehr als 30 Kilowatt ist ein Referenzsensor sinnvoll. Die handlichen Geräte noch kleiner zu bauen, dafür gibt es derzeit keinen Bedarf. „Aber wir müssen die Preise senken“, meint Detlef Mencke. „Die Anlagenkosten sinken, also steigen die Kosten für den Sensor relativ im Vergleich zur Anlage. Das ist ein Problem.“ Hinzu kommt, dass der Sensor immer nur Beiwerk eines Systems zum Datenlogging und Monitoring ist. Nicht selten verzichten die Anlagenbetreiber auf diese Komponente, weil der Sensor in der Handelskette bis zum Endkunden ordentliche Preisaufschläge erfährt.

BNA: Sensoren statt Pauschalisierung

Andererseits erlaubt es die Bundesnetzagentur (BNA), die Abregelung einer Anlage durch Netzbetreiber durch einen lokal installierten Sensor zu berechnen. Statt die Ertragsausfälle zu pauschalisieren, kann der Betreiber der Anlage selbst bewerten, wie viel Geld ihm der Netzbetreiber erstatten muss. Alternativ ist eine Pauschalisierung möglich, wobei das ganze Prozedere in der Hand des Netzbetreibers liegt.

Um dem Preisdruck etwas entgegenzusetzen, hat M & T einen neuen Sensor entwickelt. Der Bestrahlungsstärkesensor SiP-13TC arbeitet mit kleinerem Laminat, die Elektronik wurde vereinfacht und abgespeckt. Das Gehäuse besteht aus Polycarbonat, nicht aus Metall. Damit auch dieser Sensor mindestens 20 Jahre hält, wird das Deckglas auf bewährte Weise ins Gehäuse eingeklebt und abgedichtet.

Vier Werte erfasst

Obwohl deutlich preiswerter, kommen auch hier alle wesentlichen Bauteile aus Deutschland: die Zellen aus Wismar, das Gehäuse von einem Zulieferer in Nordrhein-Westfalen, die Leiterplatte aus dem Ruhrgebiet, ihre Bestückung erfolgt in Norddeutschland. Die Kabel stammen aus dem Vogtland. Die Sensoren werden mit drei Meter langen Kabeln geliefert. „Wir haben schon Sensoren mit 80 Metern Kabel gebaut“, erinnert sich Nikolai Maris. Die Platinen werden komplett angeliefert. In jedem Sensor steckt eine Leiterplatte. Bei den digitalen Sensoren ergänzen die Stromversorgung und der Mikrocontroller die Verschaltung.

Egal, ob analog oder digital: Insgesamt bis zu vier Signale werden verarbeitet. Das sind der Wert der Sonneneinstrahlung von der Solarzelle, die Temperatur der Zelle, optional die Außentemperatur und die Daten vom Windsensor. Jeder Sensor erhält eine Nummer, um ihn in der Produktion zurückzuverfolgen. Dem Datenblatt wird das Kalibrierungsprotokoll beigefügt. „Wir fertigen just in time“, sagt Dirk Tegtmeyer. „Unser Lager ist als Puffer für die Produktion so bemessen, dass wir ein halbes Jahr produzieren können.“ Rund 1,5 Millionen Euro wurden in den Betrieb in Hameln investiert.

Entscheidend für die Qualität sind die Details. Das beginnt bei der Auswahl der Zulieferer und des Materials. „Bei uns werden alle Zulieferteile auf Qualität geprüft“, erläutert Detlef Mencke. „Wir prüfen jedes einzelne Laminat mit Elektrolumineszenz, ob Zellbruch oder andere Fehler auftreten.“ Auch Kratzer im Deckglas oder anhaftende Folienreste können die Messwerte des Sensors verfälschen. Alle elektronischen Bauteile werden geprüft. Während der Montage durchlaufen alle Sensoren zahlreiche Zwischenprüfungen und die Endkontrolle. Zwischen 30 und 60 Minuten dauert es, bis ein Sensor durch die Fertigung in Hameln gelaufen ist.

Durchsicht alle fünf Jahre

Mindestens 20 Jahre soll eine Photovoltaikanlage laufen. Also muss auch der Sensor mindestens so lange halten, bei Wind und Wetter. Die Rückläufe sind sehr gering. Wenn überhaupt, sind es Schäden durch Überspannungen oder fehlerhafte Handhabung, die Reparaturen erfordern. Die Garantie des Herstellers beträgt ein Jahr. „Die Sensoren werden bei uns kalibriert, darin liegt unser Know-how“, erläutert Dirk Tegtmeyer. „Wir bieten unseren Kunden alle fünf Jahre eine Rekalibrierung an. Die Durchsicht, Reinigung und Rekalibrierung eines analogen Sensors kostet pauschal 35 Euro.“ Bei Megawattanlagen, bei denen es um richtig viel Geld geht, empfiehlt sich die Rekalibrierung alle zwei Jahre.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg hat die Sensoren von M & T intensiv unter die Lupe genommen. Dabei kam heraus: Die Abweichung der Sensordaten betrug innerhalb von zwei Jahren im Mittel nur 0,2 Prozent.

Bei kleineren Anlagen braucht man innerhalb der fünfjährigen Frist eigentlich nichts zu tun, wenn das Monitoringsystem keinen Fehler anzeigt. In der Regel wird der Sensor sehr hoch installiert, er markiert den höchsten Punkt der Anlage. Im Einzelfall kann niemand verhindern, dass ein Vogel dort seine Exkremente ablädt. „Dann wird der Sensor gereinigt und neu kalibriert“, sagt Dirk Tegtmeyer. „Unlängst erhielten wir einen Sensor eingeschickt, den wir 1997 installiert hatten. Er sah nicht mehr schön aus, lieferte bei der Rekalibrierung aber denselben Wert wie damals.“

Der deutsche Photovoltaikmarkt befindet sich im Umbruch. Die Qualitätsansprüche steigen. Auch wenn der Einstrahlungssensor zusätzliche Kosten verursacht, so ist er doch unverzichtbar wie der Schutz gegen Blitze oder Brände. Nur mit seiner Hilfe lässt sich die schleichende Degradation der Solarmodule wirklich erkennen. Man hat immer eine Referenzstelle zur Verfügung, mit der man die Performance Ratio berechnen und Anlagenausfälle sichtbar machen kann.

http://www.ib-mut.de

Kurz erläutert

Performance Ratio

In der Regel will der Betreiber mit seiner Solarstromanlage so viel wie möglich Strom ernten. Dazu kann er eine Ertragsanalyse vornehmen, um festzustellen, wie seine Anlage arbeitet. Auf Basis der Sonneneinstrahlung am Installationsort – gemessen mit einem Strahlungssensor – und der Nennleistung der Photovoltaikanlage kann er errechnen, wie viel Strom die Anlage liefern könnte. Dazu muss der Strahlungssensor aber in die gleiche Richtung ausgerichtet sein wie die Module. Außerdem muss der Betreiber mindestens ein Jahr lang die Daten aus dem Sensor sammeln, um alle Umwelteinflüsse mitzubekommen. Dabei geht es vor allem darum, dass niedrige Sonnenstände, niedrige Temperaturen und eventuelle Verschattungen der Module mit in die Berechnung eingehen.

Normalerweise haben die Anlagen jedoch Verluste, die in die Ertragsanalyse nicht eingehen. Schließlich sind Umwelteinflüsse wie die Temperatur, die sich auf die Module auswirkt, die tatsächliche Sonneneinstrahlung über die Lebensdauer der Anlage, Verschmutzungen oder nachträgliche Verschattungen in einer solchen Analyse nicht berechenbar. Dazu kommen noch Leitungsverluste und Verluste, die am Wirkungsgrad des Wechselrichters hängen. Die Differenz zwischen den errechneten Sollerträgen und den tatsächlichen Erträgen der Anlage bezeichnet der Fachmann als Performance Ratio (PR). Oft wird auch der Begriff Qualitätsfaktor verwendet. Dieser ist umso höher, je besser sich Soll- und Ist-Erträge decken. Angegeben wird die PR in Prozent. Da bestimmte Umwelteinflüsse unvermeidbar sind, wird sich die PR nur in den seltensten Fällen der 100-Prozent-Marke nähern. SMA und Meteocontrol geben an, dass leistungsfähige Photovoltaikanlagen eine PR von mindestens 80 Prozent erreichen.

Da die PR eine reine Definitionsgröße ist, die durch die Einwirkung von einzelnen Faktoren bestimmt ist, kann sie zeitweise Werte von mehr als 100 Prozent annehmen. So wird der Wirkungsgrad der Module immer bei Standardtestbedingungen angegeben. Dabei liegen die Umgebungstemperatur bei 25 Grad Celsius und die Einstrahlung bei 1.000 Watt pro Quadratmeter. Sinkt die Außentemperatur an einem sonnigen Wintertag, steigt der Wirkungsgrad der Module. Das kann so weit gehen, dass die Anlage kurzzeitig mehr als die Sollerträge liefert.