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Forschung

Folien auf Herz und Nieren geprüft

In den letzten Jahren ist ein Problem zutage getreten, dass sich in einem deutlichen Anstieg an Modulfehlern äußert. Hintergrund ist das Versagen von einzelnen Rückseitenfolien und der Verlust der Isolationsfestigkeit von Solarmodulen. Zunächst wurde der Effekt vor allem in feuchteren Klimazonen beobachtet. Mittlerweile werden auch in Deutschland vermehrt Schäden publik.

Durch sie treten immer häufiger Isolationsfehler auf. Die Wechselrichter schalten die Anlage aus Sicherheitsgründen nicht mehr ein. Geschädigte Rückseitenfolien zeigen diverse Schadensbilder. Unter anderem kommt es zu Korrosion der Zellverbinder, Auskreidung der Rückseitenfolien, Delamination, Rissbildung oder Braunfärbung.

Bisher wurden diese Fehler bei Solarmodulen beobachtet, die zwischen 2010 und 2012 verbaut wurden. Damals wurden von einigen Herstellern Folien aus Polyamid (PA) oder mit fluorhaltigem Coating (FC) eingesetzt.

Ein erhebliches Risiko

Module mit schadhaften Rückseitenfolien, welche in größeren Solarparks verbaut wurden, stellen ein Sicherheitsrisiko dar. Denn sie erfüllen die Anforderungen der Schutzklasse II nicht mehr. Es besteht die Gefahr von Stromschlägen, beispielsweise bei zufälligem Berühren der Module oder der Anlage.

Die Abgrenzung zur gewöhnlichen Alterung (Degradation) von Modulen ist bisweilen nicht einfach. Um den Ursachen näher zu kommen, haben Forscher des Helmholz-Instituts in Erlangen-Nürnberg eine neue Methode entwickelt, mit der sich Rückseitenfolien zerstörungsfrei bestimmen lassen.

Tausende Module analysiert

Mittlerweile wurden Tausende Module im Feld untersucht. Neben reinen PA-Folien wurden meist dreilagige Rückseitenfolien eingesetzt. Bei ihnen wird zwischen der Luftseite, dem Kern und der Innenseite unterschieden. Die Luftseite stellt den Schutz zur Umgebung sicher. Die Kernlage dient der Stabilität. Die innere Lage soll die Rückseitenfolie mit dem Laminat verbinden. Die Lagen bestehen meist aus verschiedenen Materialien.

Ein besonderes Problem: Selbst typengleiche Module sind nicht bauartgleich. Die große Varianz der eingesetzten Folien ist kritisch, denn unterschiedliche Kombinationen in den drei Schichten zeigen unterschiedliche Reaktionen.

Ursachen für Ausfälle finden

Die Ursache für den Ausfall im Solarpark ist schwer zu identifizieren, solange unklar ist, welche Rückseitenfolien vorliegen. So ist oftmals nicht bekannt, welche Additive in die Kunststoffe eingebracht wurden. Zudem werden die Additive während des Betriebs teilweise abgebaut. Das macht die Bestimmung des Zustands und die Prognose der zu erwartenden Veränderungen im Modul aufwendig.

Um einen besseren Überblick zu erhalten, analysierten die Forscher mithilfe der Spektroskopie verschiedene Backsheets. Ihre chemische Zusammensetzung wurde untersucht und die Schichten der Folien wurden identifiziert. So wurden Typen mit weitgehend bekannten Bestandteilen ausgemacht, aber auch unbekannte Folien gefunden.

Auskreidung von Titanoxid

Neben den Messungen erfolgte die visuelle Inspektion. Dabei wurden bei vielen Modulen deutliche Anzeichen von Degradation und Alterung der Polymere festgestellt. Dies äußerte sich beispielsweise durch Auskreidung von weißem Staub aus Titanoxid, durch Risse unter den Busbars oder zwischen den Zellen.

Die erfassten Daten dienten zum Aufbau einer Bibliothek. Durch die Kombination der Messergebnisse ist es möglich, den Aufbau der Polymerstapel zu ergründen, ohne die Module zu zerstören. Die Bibliothek umfasst bereits Tausende Datensätze. Darin flossen die Charakteristiken von rund 250 Modulen ein.

Labortests und Messungen in Solarparks

Bei Messungen in etwa 30 Solarparks, vorwiegend in Deutschland, wurden mehr als 30.000 Module ausgewertet. Speziell die im Feld vorgenommenen Messungen trugen viele Daten bei. Nicht nur defekte oder optisch stark veränderte Module wurden bemessen. Auch viele vermeintlich intakte Module wurden in die Datenbank aufgenommen. Mittlerweile ist es möglich, massenweise Module im Feld zu identifizieren und ihre Backsheets zu erkennen. Durch die Messungen im Feld konnten mehrere Erkenntnisse gewonnen werden:

Mittels UV-Fluoreszenz wurde die Degradation beziehungsweise der Abbau der EVA-Folien visualisiert. Mittels Spektroskopie wurden bei ihnen Unterschiede beim Carbonylgehalt festgestellt.

Dieser Beitrag ist eine stark gekürzte Version des Artikels „Die Modulflüsterer“, der im November 2022 im Fachblatt Sonnenenergie der DGS erschien:

Folien mit Titanoxid kreiden unter Umständen aus. Solarmodule im Feld sollten nicht berührt werden, es droht ein elektrischer Schlag.

Foto: MDiehl/PV Buero

Folien mit Titanoxid kreiden unter Umständen aus. Solarmodule im Feld sollten nicht berührt werden, es droht ein elektrischer Schlag.

Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg

Materialien für die Solartechnik

Im Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für erneuerbare Energien (HI ERN) arbeiten mehr als 170 Forscherinnen und Forscher. Es ist eine Außenstelle des Forschungszentrums Jülich (FZJ). Es wird in enger Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) betrieben. Der Schwerpunkt liegt auf der Identifikation und Verbesserung von Materialien für Photovoltaiksysteme, unter anderem mithilfe von künstlicher Intelligenz. Die Wissenschaftler beschäftigen sich mit der strukturellen und funktionellen Charakterisierung, Modellierung und Herstellung von Materialien für die Solartechnik.

Rückseitenfolien für Solarmodule

Drei Typen von den Herstellern verwendet

Doppel-Fluoropolymere

Sie sind symmetrisch aufgebaut und verfügen in der Luft- und Innenseite entweder über eine Lage Thermoplast-Polyvinylfluorid PVF (Tedlar der Firma Dupont) oder Polyvinylidenfluorid PVDF (Kynar der Firma Arkema). Diese Rückseitenfolie der Lagenfolge PVF – PET – PVF (PET steht für Polyethylenterephtalat), mit einem Kern aus PET wird auch TPT oder Tedlar genannt. Sie gilt als langlebig.

Single-Fluoropolymere

Sie gelten als langlebig, sind aber nicht so teuer wie doppelte Fluoropolymere. Sie sind asymmetrisch aufgebaut. Nur die Luftseite besteht aus Fluoropolymer, die Innenseite aus EVA (Ethylenvinylacetat) oder Ähnlichem.

Non-Fluoropolymere

Diese Kunststoffe sind am günstigsten, denn sie enthalten kein Fluor. Dazu zählen Polyamidfolien und PET-basierte Folien ohne PVF und PVDF. Typischer Aufbau der Luftseite: PET mit Titanoxid oder Polyamid mit Titanoxid.

Der Autor

Matthias Hüttmann

ist seit 1994 als Fachjournalist für Solartechnik tätig. Er war langjähriger Leiter der Öffentlichkeitsarbeit im Solarenergie-Beratungszentrum bei Solid in Fürth. Seit einigen Jahren ist er Chefredakteur der Fachzeitschrift „Sonnenenergie“ der DGS und schreibt für verschiedene Medien. Er ist Verfasser von Fachbeiträgen und Buchautor.

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