Cedrik Zapfe ist in der Solarbranche bekannt als Experte für Tragwerksplanungen, Montagesysteme und als Cheftechniker von Schletter. In Kirchdorf/Haag betreibt er ein Ingenieurbüro und ist zugleich Sachverständiger für Metallbau bei Gericht.
In seinem Vortrag in Bad Staffelstein konstatierte er sowohl bei den Solarteuren als auch bei ihren Kunden eine gewisse Naivität im Umgang mit Photovoltaikanlagen.
Unwissenheit schützt nicht
Im Verlauf der vergangenen Jahre habe sich gezeigt, dass die Montage mindestens ebensolche Aufmerksamkeit verlange wie die elektrische Auslegung des Solargenerators.
Das gilt für Dachanlagen wie fürs Freiland. „Sorgfältige Planung minimiert Risiken“, erläuterte Zapfe. „Zudem fordern die Versicherer, dass die anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden.“
Wer bei der Montage von Solarmodulen schlampt oder fahrlässig handelt – möglicherweise auch aus Unwissenheit – begibt sich in erhebliche Risiken. Denn die Gewährleistung für die fachgerechte, dauerhafte und standsichere Installation liegt in der Regel beim ausführenden Handwerker.
Die Anbieter der Montagesysteme haben ihre Produkte so weit getestet und zertifiziert, dass sie kaum haftbar gemacht werden können. Zapfe wollte in seinem Vortrag jedoch nicht den warnenden Finger heben. Sondern er gab nützliche Hinweise, worauf bei der Planung und Montage der Module zu achten ist.
Wind und Schnee hebeln Module aus
Bei Stürmen – nicht nur in Deutschland oder Zentraleuropa – zeigte sich wiederholt die fehlende Standsicherheit von Solaranlagen. Das betraf nicht nur aufgeständerte Systeme auf Flachdächern oder dem Freiland.
So wurden beispielsweise auch aufgeklebte Solarbahnen von der Dachfolie gerissen. Freilich treten schwere Sturmschäden vor allem bei aufgeständerten Modulen auf, die dem Wind erhebliche Angriffsflächen bieten. Um ihm dort viel Widerstand entgegenzusetzen, werden oft möglichst viele Module verbunden. Auf diese Weise sollen sie sich gegenseitig halten.
Böen an der Dachkante
Auf dem Dach ist der Wind nicht überall gleich. Besonders die Dachränder sind scharfen Böen ausgesetzt, dort kommt es häufiger zu Schäden als in der Mitte des Modulfelds.
Starke Schneelasten können die Module ebenfalls aus den Verankerungen reißen. Bei diesen beiden Faktoren sind die Schäden eine unmittelbare Folge der Kräfte, die an und auf den Modulen sowie dem Untergestell wirken. Dagegen hilft tatsächlich nur, die Anlage mit möglichst angemessenen Sicherheitszuschlägen bei den Windlasten und der Schneelast auszulegen. Wind und Schnee wirken regional verschieden. Nicht nur an den Küsten oder in den Alpen.
Schleichend hingegen wirkt das Wechselspiel der Temperaturen über den Tagesverlauf, das die Metallgestelle und die Rahmen der Module beansprucht. Auch die Schrauben und Klemmen werden dadurch belastet. Die thermischen Spannungen können das Material verformen.
Immer in Bewegung
Weniger auffällig ist die Bewegung, die aufgrund der wechselnden Temperaturen in ballastierten Systemen auftreten. „Kaum merklich wandern sie der Dachneigung folgend“, analysierte Zapfe. „Die Anlagen kriechen langsam in Richtung Traufe.“ Um diesen Effekt zu minimieren, empfiehlt er kleinere Modulfelder. Die absolute Längenausdehnung der Schienen je Grad Celsius ist geringer als bei größeren Modulfeldern. Auch die Kräfte, die auf den Dachfolien abgestützt werden, sind besser kontrollierbar.
Denn es rutscht nicht nur das Modulfeld zur Dachkante. Auch die Dachfolien werden über Gebühr beansprucht. Nicht selten reißen sie, trotz Bautenschutzmatten, danach dringt Wasser in die Dachkonstruktion ein. Für die dauerhafte Abdichtung des Daches ist der Installateur zuständig.
Korrosion wirkt kaum sichtbar
Ein sehr oft unterschätztes Thema ist der Korrosionsschutz. Er spielt vor allem bei Stahl eine Rolle, auch wenn er verzinkt ist. „Bei einigen Freilandanlagen findet man starke Korrosion beim Übergang der Pfähle in den Boden“, nannte Cedrik Zapfe ein Beispiel. „Dieser Zahnhalskaries kann sehr schnell fortschreiten.“
Auf Metalldächern spielt Rost eine große Rolle. Werden die Solardächer nicht regelmäßig inspiziert, bleibt der Rost über Jahre unentdeckt, frisst sich durch die Metallbleche und zersetzt die Schrauben.
Nicht selten wird der natürliche Abtrag der Verzinkung nicht oder falsch beachtet. „Unter relativ normalen Bedingungen verringert sich die Dicke der Zinkschicht im Jahr um 4,2 Mikrometer“, rechnete der Experte vor.
Die Verzinkung schwindet
Auf 20 Jahre werde damit die gesamte Verzinkung von 80 Mikrometern abgetragen. Bei besonderen Anforderungen muss man die Zinkdicke entsprechend erhöhen. Zapfes Urteil: „Der Korrosionsschutz ist für die Dauerhaftigkeit der Anlagen ganz entscheidend.“ Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre sticht ein Thema hervor, das die Installateure und ihre Kunden sehr stiefmütterlich behandelt haben: die Tragfähigkeit der Unterkonstruktion des Daches. Immer wieder kommt es vor, dass die Träger unter den Solardächern nachgeben.
Begünstigt werden solche Schäden, weil vor der Montage niemand einen fachkundigen Blick unters Dach geworfen hat. Selbst die Gebäudebesitzer legen in dieser Hinsicht eine erstaunliche Sorglosigkeit an den Tag.
Gefahr für Leib und Leben
Stürzt das Dach ein, sind die Schäden besonders hoch – auch die Gefahr für Leib und Leben. In jedem Falle wird die Versicherung eine solche Fahrlässigkeit ankreiden. Deshalb sollte der Statiker immer ein Wörtchen mitreden. „Es reicht nicht, sich nur um die Solaranlage zu kümmern“, sagte Zapfe. „Man muss sich auch das Gebäude anschauen.“
Ob die Tragfähigkeit des Bodens (Freilandanlage) oder des Daches ausreicht, um die Solarmodule mit dem Gestell aufzunehmen, liegt in der Verantwortung der Eigentümer. Dennoch könnte ein Richter eine Mitschuld des Installateurs feststellen, wenn er die Eigentümer nicht auf drohende Risiken aufmerksam und diesen Hinweis aktenkundig gemacht hat.
Trotz mehr als 1,6 Millionen Solargeneratoren allein in Deutschland fallen immer wieder Schlampereien bei der Montage auf. So kann bei vielen Anlagen der Regen nicht ablaufen, bildet Pfützen aus, die das Unterdach durchnässen und im Winter einfrieren.
Nicht selten liegen die Steckverbinder im Wasser, anstatt hochgebunden zu sein. Dann kommen neben den Problemen mit der Dichtigkeit auf dem Dach noch elektrische Risiken hinzu. Die häufigste Fehlerquelle sind laut Cedrik Zapfe jedoch die Profile und Klemmen.
Höhere Gewalt ist selten
Unter fünf Prozent aller Schadensfälle gehen auf höhere Gewalt zurück, schätzte der Experte ein. Darunter versteht man beispielsweise Stürme, die den Auslegungsfall gemäß der Normung übersteigen. Mitte Januar 2018 fegte der Orkan Friederike über Teile von Deutschland hinweg, schlug Schneisen der Zerstörung.
Doch in der Realität spielen solche Monster kaum eine Rolle. Manche Photovoltaikanlagen in Übersee wurden durch Hurrikane der Klasse 5 abgeräumt, andere blieben unversehrt – obwohl die Häuser in der Nachbarschaft verschwanden. Fazit des Fachmanns: „Die meisten Schäden entstehen, weil sich über die Hintergründe möglicher Schäden niemand wirklich Gedanken macht.“