Viel Autarkie mit wenig Technik – mit diesem Ziel hat Timo Leukefeld, Professor für Solarenergie an der Bergakademie im sächsischen Freiberg, ein neues Hauskonzept entwickelt. „Wir brauchen eine einfache, solide und wartungsarme Technik, die den Bewohnern Kosten spart und CO2 auf ein Minimum reduziert“, umreißt Leukefeld den Ansatz. „Der Schlüssel dazu ist eine hohe Autarkie durch Solarenergie für Wärme, Strom und Mobilität.“
Dach und Fassade bestehen aus Solarmodulen
Das Herz des gesamten Konzepts sind mit Solarmodulen eingedeckte, steile Schrägdächer. Außerdem wird der obere Teil der Fassade ebenfalls aus Solarmodulen bestehen. Auf diese Weise wird genügend Strom produziert, um nicht nur die elektrischen Geräte zum großen Teil mit Energie zu versorgen, sondern das Gebäude auch zu beheizen. Dafür hat Leukefeld die bisherige hydraulische, wassergeführte Heizung durch Infrarotpaneele ersetzt. Das Warmwasser wird mit einem Elektroboiler zubereitet, der ebenfalls mit Solarstrom läuft. Wenn alle Geräte im Gebäude mit Strom versorgt sind, wird der Überschuss entweder in einem Speicher zwischengelagert oder zum Laden von Elektroautos verwendet.
Großer Speicher sorgt für Autarkie
Das Konzept wird jetzt erstmals in die Realität überführt. Denn die Wohnungsbaugesellschaft in Lübben (LWG), einer kleinen Stadt im Spreewald im Osten Deutschlands, hat mit dem Bau solcher technikarmen und energieautarken Mehrfamilienhäuser begonnen. Jedes der beiden Gebäude mit jeweils sieben Wohneinheiten wird mit einer Solarleistung von 37,7 Kilowatt ausgestattet. Dazu kommt noch ein Speicher, in dem 73 Kilowattstunden Solarstrom Platz finden. Sollte der Sonnenstrom nicht ausreichen, wird er aus dem Netz hinzugekauft. Die Wohnungsbaugesellschaft geht aber davon aus, dass der Strombezug aus dem Netz minimal ist. Im Gegenteil: „Laut Berechnungen wird noch so viel Solarstrom übrig bleiben, dass 50.000 Kilometer elektrisch damit gefahren werden kann“, erklärt Frank Freyer, Geschäftsführer der LWG.
Mieter bekommen Energieflatrate
Den gesamten Strom können die Mieter der Häuser kostenlos nutzen. Denn aufgrund des Energiekonzepts und der speziellen Architektur bekommen sie eine Energieflatrate und zahlen so eine Pauschalmiete. Schließlich liegen die Kosten für den Solarstrom zwischen acht und zehn Cent pro Kilowattstunde und der Strombezug aus dem Netz ist leicht abzuschätzen und ohnehin sehr gering. Die Pauschalmiete wird nicht nur die Nettokaltmiete, sondern auch die Kosten für die Energie für Heizung, Warmwasser, Haushaltsstrom und anteiligen Gemeinschaftsstrom enthalten. Das ist auch für die Vermieter von Vorteil. Denn es entfällt der Aufwand für die Heizkostenabrechnung.
Strom wird vorherrschende Energiequelle
Zudem wird das teure Konzept für die Strommessung im Gebäude eingespart. „Wir müssen weg kommen von komplexen Lösungen und punktgenauen Abrechnungen und hin zu einfacher und robuster Technik“, appelliert Leukefeld. „Strom wird die vorherrschende Energiequelle sein und die Abrechnung über eine Flatrate für Wohnen, Mobilität und Energie aus eigener Erzeugung ermöglichen“, ist er sich sicher. (su)
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