Das Unternehmen Capital Stage Solar Service ist einer der größten Monitoringdienstleister in Deutschland. Hat sich in Ihrem Geschäft in den letzten zwei Jahren viel verändert?
Sascha Wirth: Erstaunlich wenig. Durch die Vielzahl neuer Parks im Portfolio sind natürlich andere Monitoringsysteme dazugekommen. Aber wir haben vor allem im letzten Jahr versucht, das zu vereinheitlichen. Der größte Teil der deutschen Anlagen ist mit SMA-Monitoringkomponenten ausgestattet. Im Ausland sieht das schon etwas vielfältiger aus. Heute nutzen wir drei Monitoringsysteme: SMA OPC Server, Meteocontrol und Skytron. Das ergibt sich aus den verbauten Komponenten. Kleinere Exoten haben wir umgestellt, das heißt die Datenlogger an den Anlagen ausgetauscht. Die Monitoringsysteme wurden natürlich von den Herstellern weiterentwickelt. Neue Funktionalitäten kamen hinzu. Aber grundsätzlich ist unsere tägliche Arbeit die gleiche. Durch die verbesserte Organisation unserer Arbeitsprozesse haben wir heute sogar weniger Monitore in der Leitwarte als noch vor zwei Jahren.
Gibt es Lösungen unabhängiger Anbieter, mit denen sich die Überwachung realisieren ließe?
Ja, die gibt es. Wir schauen uns diese auch an. Aber im Moment sind wir da mit den vorhandenen Funktionalitäten noch nicht wirklich zufrieden. Wir haben ja auch festgelegte Prozesse, und diese auf ein komplett neues System umzustellen bedeutet einigen Aufwand. Dem muss dann natürlich auch ein entsprechender Nutzen gegenüberstehen.
Wie alt sind die Anlagen in Ihrem Bestand?
Die älteste Anlage mit Standort im Solar Valley stammt aus dem Jahr 2007. Das war die erste große Anlage von Q-Cells. Sie wurde damals mit dem Projektierer Klaron errichtet. Die Projekte von Klaron wurden 2010 allesamt von Capital Stage übernommen. Ältere Anlagen sind nicht unbedingt qualitativ schlechter. Es zeigt sich, dass die gewählten Komponenten doch sehr langlebig sind und man damals auch relativ viel Geld für gute Qualität ausgeben konnte. Ältere Anlagen haben oft Betriebsführungsverträge, die sehr langfristig geschlossen wurden. Damals wurde mehr Geld für Monitoring und Wartung eingepreist, als das bei jüngeren Anlagen der Fall ist. Ältere Anlagen haben aber auch einen höheren Wartungsaufwand.
Inwiefern? Fällt tatsächlich mehr aus?
Ja. Zum Beispiel Isolationsfehler sind dann häufiger, etwa weil Kabel angefressen werden. Bypassdioden gehen kaputt. Komponenten altern einfach. Das betrifft insbesondere Sicherungen, vor allen Dingen wenn sie etwas unterdimensioniert wurden. Das war damals ein neues Feld für die Hersteller. Auch die elektrischen Komponenten in den Wechselrichtern verschleißen, zum Beispiel Kondensatoren oder Leistungsschalter. Die müssen zum Teil auch präventiv getauscht werden. Sie haben einfach nur eine bestimmte Lebensdauer.
Schauen Sie sich jede einzelne Anlage täglich an?
Ja, wir warten nicht auf Störmeldungen, sondern jede Anlage wird bei uns täglich angeschaut. Laufen alle Strings? Driften irgendwelche Isolationswiderstände ab, die man untersuchen müsste? Auch am Wochenende prüfen unsere Mitarbeiter die Anlagen, dann allerdings loggen sie sich von zu Hause aus in unsere Leitwarte ein. Die Anlagen im europäischen Ausland, die von Subunternehmen überwacht werden, schauen wir uns einmal wöchentlich im Detail an. Dafür haben wir festgelegte Prozesse und Checklisten. „Watch the watchman“ heißt es in diesem Fall.
Wie integrieren Sie neue Anlagen ins Monitoring?
Der Prozess ist fließend. Wir steigen ja bereits mit unserem Know-how bei der technischen Due Diligence ein, bevor eine Anlage von der Capital Stage AG gekauft wird. Wir schauen uns die Anlage vor Ort an, das macht unser Team. Wir schauen in die Dokumentation, in die technischen Verträge und natürlich auch auf die Performance. Wir kennen die Anlage also, wenn sie übernommen wird. Sie wird dann ins System eingepflegt. Die Kollegen in der Leitwarte passen die Datenaufbereitung unserem Standard an.
Wie bringen Sie die Fehlermeldungen aus den verschiedenen Monitoringsystemen unter einen Hut?
Jeder Anbieter hat natürlich in seiner Lösung immer auch ein Ticketsystem. Aber die Verwaltung verschiedener Ticketsysteme macht doch einigen Aufwand. Wir sind deshalb letztes Jahr auf ein externes, unabhängiges Ticketsystem umgestiegen. Dort laufen jetzt alle Störmeldungen aus den verschiedenen Monitoringsystemen auf. Dort werden sie auch weiterbearbeitet, Screenshots oder Diagramme angehängt und der Bearbeitungsstand dokumentiert. Der Innendienst macht die Terminplanung, der Techniker vor Ort protokolliert seine Tätigkeiten. Alles erfolgt innerhalb dieses Systems, das übrigens auch per Handy für den Servicetechniker abrufbar ist. Telefonate und schriftliche Protokolle gehören weitgehend der Vergangenheit an. Wenn ein Fehler behoben ist, wird die Funktionalität noch einmal vom Innendienst gecheckt und das Ticket geschlossen.
Nicht alle Anlagen, die Sie überwachen, sind Anlagen von Capital Stage. Haben diese Kunden auch die Möglichkeit, Details der Fehlermeldungen und ihrer Bearbeitung zu verfolgen?
Ja, natürlich. Transparenz ist in diesem Falle das Allerwichtigste. Wenn ein Kunde das wünscht, erhält er vollständigen Zugang zum Ticketsystem seiner Anlagen und kann jede einzelne Störmeldung und ihre Bearbeitung mitverfolgen. Spätestens bei der Rechnungstellung werden alle Details mit Fotos und Grafiken als Anlage der Rechnung beigefügt, sodass der Kunde genau sehen kann, was die Kosten verursacht hat.
Welche Fehler sind am schwierigsten aufzuspüren?
Die Fehler in der Dokumentation! Das ist eine ganz große Schwachstelle. Wenn die Dokumentation nicht vollständig und exakt ist, bereitet das großen Aufwand im Monitoring und dann auch bei der konkreten Fehlerbehebung. Neben einer lückenhaften Dokumentation kommt es auch häufig vor, dass die Dokumentation nicht mit dem tatsächlichen Anlagenbau übereinstimmt oder Geräte falsch bezeichnet sind. Auch sind die Komponenten vor Ort oft nicht dauerhaft beschriftet. Eine Beschriftung mit Edding auf einem Kabel ist eben nicht normgerecht und auch nicht dauerhaft. Gerade deshalb ist es wichtig, neue Anlagen zunächst im Detail zu prüfen.
An zweiter Stelle rangieren unterirdische Kabelfehler. Das passiert oft durch Tierfraß an Kabeln, die nicht in Schutzrohren liegen, oder wenn kleinere Nagetiere es schaffen, in das Schutzrohr einzudringen. Die defekte Stelle zu finden bereitet dann einigen Aufwand. Da gibt es natürlich Techniken. Man kann ein Signal auf das Kabel schicken, findet dann aber leider immer nur den ersten Fehler. Wenn das Kabel mehrere Fehler hat, muss man den Prozess wiederholen und unter Umständen mehrfach buddeln.
Ist Modultausch ein Thema, das Ihnen Kopfzerbrechen bereitet?
Nein, eher weniger. Wir hatten vor einigen Jahren eine größere Modultauschaktion im Zusammenhang mit der Rückrufaktion von First Solar. Dort wurden dann aber baugleiche Module neu eingebaut. Ansonsten haben wir in den Parks fast nur kristalline Module, die in der Regel nicht kaputtgehen. Einzig bei Steinschlag oder anderen Beschädigungen muss getauscht werden. Wenn bei einer Anlage tatsächlich ein oder mehrere Module getauscht werden müssen und diese Module heute nicht mehr verfügbar sind, bauen wir in der Regel einen String ab, bauen die Modultische um und verbauen ähnliche Modultypen. Aus den abgebauten heilen Modulen wird eine Reserve gebildet für andere Schadenfälle. Kaputte Bypassdioden beziehungsweise Anschlussdosen kann man reparieren oder austauschen.
Hatten Sie mit größeren Schäden aufgrund von Witterung oder Diebstahl zu kämpfen?
Wir hatten bisher keinen Hagelschaden und keinen Flutschaden. Uns wurde auch noch nie ein Modul geklaut. Aber unsere Anlagen sind auch alle grundsätzlich mit Alarmsystemen gesichert. Und die Alarme – in der Regel sind es Fehlalarme – verfolgen wir auch sehr rigoros. Einbrüche gab es, aber nie erfolgreiche Einbrüche. Unsere Anlagen sind fast alle mit Stabmattenzäunen mit Übersteigschutz geschützt. Zusätzlich gibt es eine Alarmdetektion. Diese Alarme sind auf einen zentralen Wachschutz aufgeschaltet. Mit diesem Partner sind Alarmpläne abgestimmt.
Wie steht es mit PID und Überspannungsschäden?
Potenzialinduzierte Degradation konnten wir bisher bei deutschen Anlagen noch nicht beobachten. In Südeuropa, wo es warm und feucht ist, ist das eher ein Problem. Aber das bekommt man ja auch schnell mit. 40 bis 60 Prozent Leistungseinbußen sind da durchaus möglich, und das fällt dann auch schnell auf. Man kann diesen Fehler leicht identifizieren und auch beheben. Zum Beispiel kann man den Minuspol erden, wenn der Wechselrichter das zulässt. Man könnte aber auch nachts den Generator vom Wechselrichter trennen und auf den Minuspol eine Spannung anlegen. Allerdings ist es bei PID wichtig, schnell zu handeln. Bleiben solche Schäden längere Zeit unentdeckt, sind sie auch nicht mehr 100-prozentig reversibel.
Überspannungsschäden kommen vor und lassen sich auch nicht gänzlich vermeiden. Oft gehen dann die Bypassdioden in der Anschlussdose kaputt oder die Stringsicherungen, die aber ersetzbar sind. Gesteckte Bypassdioden in der Anschlussdose sind leicht austauschbar. Eventuell muss man die Anschlussdose ganz wechseln oder das ganze Modul.
Lassen Sie Ihre Anlagen regelmäßig reinigen?
Das halten wir in Deutschland nicht für erforderlich. Wir haben ja diverse Anlagen an verschiedenen Standorten, die wir zum Teil gereinigt und den Effekt der Reinigung nachvollzogen haben. Aber in den meisten Fällen macht eine Reinigung nicht wirklich viel aus. Durch Regen, Frost und Schnee gibt es eine ausreichende Selbstreinigung. Man muss außerdem bei der Reinigung sehr vorsichtig sein. Es kann auch leicht Schaden entstehen, gerade bei Dünnschichtmodulen.
Warum gerade bei Dünnschichtmodulen?
Wenn zum Beispiel ein senkrechter Schatten durch die Stange des Reinigungsgerätes auf die Module geworfen wird, können Hotspots entstehen. Wir haben das in der Praxis gesehen: Anlagen mit Minderleistung nach der Reinigung. Wir haben das nachgestellt und haben einen Zollstock bei Sonnenschein senkrecht über die Module wandern lassen. Man konnte richtig sehen, wie sich die kleinen Hotspots einbrannten. Das steht übrigens auch in den Hinweisen mancher Hersteller: „Achtung, Verschattungssituationen sind zu vermeiden.“ Bei einer Reinigung bei schönem Wetter sind aber solche Situationen oftmals unvermeidbar. Dieses Phänomen ist jedoch bei kristallinen Modulen kein Thema. Allerdings legen wir Wert auf eine regelmäßige und sorgfältige Grünpflege, auch dieser Service gehört zu unserem Angebot.
Wie können Neueinsteiger, zum Beispiel Projektierer, erfolgreich Monitoring und Wartung anbieten?
Das kommt darauf an. Sicher kann ein Projektierer seine errichtete Anlage auch überwachen. Aber da kann es auch schnell zu Interessenkonflikten kommen. Denn entdeckt er Fehler, die in Planung oder Ausführung verursacht wurden, sind das seine eigenen Fehler. Und für eigene Fehler geradezustehen ist, abgesehen von einem möglichen Vertrauensverlust, oft auch mit Kosten verbunden. Übernimmt man als unabhängiger Dritter die Anlage ins Monitoring, muss man die Dokumentation prüfen, die Anlage inspizieren, eine komplette technische Überprüfung vornehmen. Das bereitet einigen Aufwand. Darüber hinaus ist es mit dem reinen Monitoring ja nicht getan. Im Falle einer Störung braucht man entsprechende Arbeitsabläufe und Personal, um wirklich schnell reagieren zu können. Es gibt einen hohen Wettbewerb in diesem Segment, gerade bei älteren Anlagen, bei denen langfristige Betriebsführungsverträge übernommen werden können. Einige sehr große und potente Firmen steigen in diesen Markt ein und akquirieren ganz aktiv. In diesem Wettbewerb muss man sich behaupten können.
Welche Vertragslaufzeiten sind für Betreiber und Betriebsführer sinnvoll?
Ich bin nicht der Meinung, dass man langfristige Verträge braucht. Verträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren sind aus meiner Sicht völlig ausreichend. Der Dienstleister kann die Anlage kennenlernen, sie beobachten und in einen routinierten Prozess integrieren. Wenn der Kunde zufrieden ist, aus welchem Grund sollte er dann wechseln?
Was sehen Sie neben Ihrem Know-how als wichtiges Erfolgskriterium?
Wir haben ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem aufgebaut, das Anfang 2015 auch erfolgreich durch den TÜV Nord zertifiziert wurde. Alle Prozesse wurden dafür durchleuchtet, überdacht und zum Teil auch verbessert. Jetzt sind alle Bereiche der technischen und kaufmännischen Betriebsführung zertifiziert, inklusive der Grünpflege. Wir haben festgelegte Prozesse für die technische und die kaufmännische Betriebsführung. Das umfasst neben der Störungsbeseitigung und der Wartung auch das Berichtswesen, wie zum Beispiel Ertragsanalysen zu erfolgen haben oder das Management von Gewährleistungs- oder Versicherungsfällen.
Das Gespräch führte Petra Franke.
Sascha Wirth
ist Geschäftsführer derCapital Stage Solar Service GmbH. Der Diplomingenieur für Verfahrens- und Energietechnik überwacht mit seinem Team Solaranlagen mit rund 185 Megawatt Leistung in Deutschland, Italien und Frankreich. Die Gesellschaft ist ein Tochterunternehmen der Capital Stage AG mit Sitz in Hamburg. Zu Beginn des Jahres hat Capital Stage zudem seinen erfolgreichen Markteintritt in Großbritannien bekannt gegeben.