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Wechselrichter

Vom Blitz getroffen

Der Wechselrichter ist das Hirn einer jeden Photovoltaikanlage. Er ist aber auch die Zentrale, in der alle Module zusammenlaufen. Wenn er kaputt ist, geht gar nichts mehr. Dann ist guter Rat teuer. Nicht nur, woher der Anlagenbetreiber ein neues Gerät bekommt, sondern auch, wie er das finanziert. Vor allem, wenn dieser Defekt auf ein unvorhersehbares Ereignis wie einen Blitzeinschlag zurückgeht.

In solchen Fällen springt in der Regel eine Versicherung ein, die der Anlagenbetreiber unbedingt abschließen sollte. Dann steht aber die Frage im Raum: Ist der Defekt tatsächlich ein versicherter Schaden oder geht er auf den normalen Verschleiß des Geräts zurück?

Netz für die Prüfung notwendig

Das lässt sich normalerweise nicht vor Ort entscheiden. „Wenn der Wechselrichter direkt nach einem Gewitter eine Beschädigung aufweist, kann man zwar von einem Versicherungsfall ausgehen, aber sicher ist es nicht“, weiß Dennis Logemann, Geschäftsführer von Hilker Repair. „Einen Wechselrichter kann man in der Regel vor Ort nicht eingehend prüfen, hierzu wird spezielle Messtechnik benötigt“, ergänzt Moritz Nüsperling. Die Kölner Sachverständigen Nüsperling betreiben zusammen mit der Hilker-Gruppe, zu der auch Hilker Repair gehört, die Prüffabrik im westfälischen Rahden, in der Wechselrichter, Speicher und Komponenten für die Elektromobilität geprüft werden.

Die Hälfte sind Versicherungsschäden

Hier werden auch Überspannungsschäden aufgedeckt, die in der Regel von Blitzeinschlägen kommen, auf Installationsfehler oder Wartungsstau zurückzuführen sind. „Aus dem Netz kommt in der Regel ohne externen Einfluss wie etwa Gewitter keine Überspannung, die dem Wechselrichter schadet“, erklärt Dennis Logemann. „Denn das Netz sowie die Eingangsseite der Wechselrichter sind gut abgesichert und es sind viele Schutzmechanismen eingebaut, die auslösen, bevor eine Überspannung den Wechselrichter erreicht.“

Deshalb sind zwar nicht alle, aber viele Überspannungsschäden tatsächlich Versicherungsschäden – vorausgesetzt, die Anlage ist auch entsprechend versichert. Sie machen immerhin inzwischen die Hälfte des Auftragsvolumens in der Prüffabrik in Rahden aus, erklärt Moritz Nüsperling. „Die andere Hälfte sind Überarbeitungen und Verschleißreparaturen“, sagt er. „Aber die Zahl der Versicherungsschäden steigt.“

Doch wie funktioniert die Abwicklung eines Versicherungsschadens? „Wir haben das einfache Produkt der Wechselrichterprüfung entwickelt. Das bedeutet, der Versicherer gibt uns den Auftrag, in der Prüffabrik den Schaden und dessen Ursache zu identifizieren. Dafür gibt es einen erprobten technischen Prüfablauf“, sagt Nüsperling. „Am Ende steht ein Prüfbericht, aus dem hervorgeht, ob die Schadenursache tatsächlich auf ein äußeres Ereignis zurückzuführen oder einfach nur Verschleiß ist. In diesem Bericht steht auch, ob der Schaden sich beheben lässt oder nicht und zu welchen Kosten Hilker Repair den Wechselrichter reparieren kann.“

Dabei steht natürlich die Plausibilität aus technischer Sicht im Mittelpunkt. Der Prüfbericht ist so ausführlich, dass die Schadensregulierer bei den Versicherungen die Schadensursache gut nachvollziehen können.

Logistikkonzept entwickelt

Dazu muss der Wechselrichter aber erst einmal beim Anlagenbetreiber abgeholt werden. Um diese Hürden für den Besitzer des Wechselrichters so einfach wie möglich zu halten, hat die Prüffabrik ein ausgeklügeltes Logistikkonzept entwickelt. Der Anlagenbetreiber muss zunächst den Schaden bei seiner Versicherung melden.

Wenn diese den Prüfauftrag in Rahden ausgelöst hat, muss er nur noch dafür sorgen, dass der Wechselrichter demontiert und verpackt wird. Das Verpackungsmaterial dazu schickt die Prüffabrik, wenn vor Ort keines vorhanden ist. Die Rahdener greifen dafür auf spezielle Paletten zurück, die leicht, aber stabil genug sind, um auch einen größeren Stringwechselrichter zu tragen, und als Kartonage entsorgt werden können – Nachhaltigkeit kann einfach sein.

Ist der Wechselrichter demontiert, lässt Hilker Repair ihn beim Anlagenbetreiber abholen. Das übernehmen Speditionen oder Paketdienste. In Rahden angekommen, wird der Wechselrichter zunächst einer Eingangskontrolle unterzogen. Hier schaut der Kollege im Wareneingang auf etwaige Transportschäden und reinigt das Gerät, wenn es stark verschmutzt ist.

Vor der Prüffabrik in Rahden warten jede Menge Wechselrichter auf ihre Diagnose.

Foto: Velka Botička

Vor der Prüffabrik in Rahden warten jede Menge Wechselrichter auf ihre Diagnose.

Dem Strompfad folgen

Danach macht sich ein weiterer Kollege auf die Suche nach dem Fehler und der Fehlerursache. Die Rahdener haben im Laufe der Zeit so viel Erfahrung gesammelt, dass sie sehr schnell einen Blitzschaden von einem Schaden aufgrund eines Installationsfehlers oder aufgrund von Verschleiß identifizieren können. „Das geht vor allem mit Logik und Plausibilität“, sagt Dennis Logemann von der Prüffabrik. „Wir gehen einfach dem Strompfad nach. Wenn ein Blitz einschlägt und der Grund für die Überspannung im Gerät ist, ist das nur plausibel, wenn gewisse Bauteile kaputtgehen.“

Dabei prüfen die Techniker sämtliche Eingangsbereiche, sowohl die Gleichstrom- als auch die Wechselstromseite und die Kommunikations­anbindung des Wechselrichters. „Ist beispielsweise nur ein MPP-Tracker kaputt, kann man einen Blitzschaden ausschließen, wenn alle anderen Eingangsbereiche messtechnisch in Ordnung sind“, sagt Logemann. „Denn der Blitz schlägt nicht durch das Gerät, überspringt die ersten vier Platinen und verursacht dann an der fünften einen Defekt.“

Lückenloser Nachweis

Es sind immer wieder die typischen Schadensbilder, die die Techniker in der Prüffabrik nach Blitzeinschlägen oder anderen versicherungsrelevanten Ereignissen finden. Für die Untersuchung des Wechselrichters gibt es einen festen Ablauf. „Zunächst wird der Wechselrichter visuell geprüft. Danach macht der Kollege das Gerät auf und führt eine Funktionsprüfung durch“, beschreibt Moritz Nüsperling den Ablauf.

Danach kontrolliert der Elektrotechniker in der Prüffabrik alle internen Bauteile optisch sowie messtechnisch. „Dabei muss er alles dokumentieren, sowohl eventuelle Funktionsfehler als auch den Zustand aller internen Baugruppen. Auch Korrosion und andere Fehler werden komplett dokumentiert“, sagt Nüsperling. „So können wir dem Anlagenbetreiber und auch der Versicherung gegenüber immer nachweisen, dass alles seine Richtigkeit hat“, betont er. Am Ende steht ein Bericht, der an den Versicherer geschickt wird.

Schäden sicher beurteilen

Sollte der Wechselrichter in Ordnung sein, führt der Kollege in der Prüffabrik einen Funktionstest durch. Denn es kommt vor, dass in Rahden auch völlig intakte Geräte ankommen.

Diese haben häufig Fehlermeldungen im Meldespeicher, die auf Anlagenfehler zurückzuführen sind, wie beispielsweise Kommunikations-, Isolations- oder Installationsfehler, wie Dennis Logemann von der Prüffabrik weiß.

Auf der Suche nach Fehlern nehmen die Mitarbeiter in der Prüffabrik die Geräte auch schon mal auseinander.

Foto: Hilker Repair

Auf der Suche nach Fehlern nehmen die Mitarbeiter in der Prüffabrik die Geräte auch schon mal auseinander.

Nur versicherte Schäden bezahlen

Anlagenbetreibern bringt die Überprüfung des Geräts in Rahden die Sicherheit, dass sie ihre Versicherungsschäden auch wirklich reguliert bekommen, ohne dass sie lange mit ihrer Versicherung diskutieren müssen. Aber auch für die Versicherer ist die Untersuchung in der Prüffabrik von Vorteil. Denn die Prüffabrik hat gezeigt, dass sie die Schäden tatsächlich sicher beurteilen kann.

Dadurch haben die Versicherungen die Gewähr, dass sie nur solche Schäden regulieren, die tatsächlich über die entsprechenden Policen abgedeckt sind. „Aber wie die Geräte versichert sind, ist uns eigentlich egal. Wir dokumentieren und bewerten alle relevanten Informationen zur Ausfallursache, damit der Versicherer den Schaden bearbeiten kann, und halten uns aus der Regulierung heraus“, erklärt Nüsperling.

Regulierung ohne Diskussion

Zudem können die Versicherer über die Prüfung des Schadens und die anschließende mögliche Reparatur ihre Kosten besser kalkulieren. „Denn in jedem Prüfprotokoll steht eine konkrete Schadensursache“, erklärt Moritz Nüsperling. „Wenn eine Reparatur möglich ist, dann wird auch gleich ein Kostenvoranschlag vorgelegt. Auch bei Geräten mit einem Überspannungsschaden ist häufig eine Reparaturmöglichkeit gegeben“, weiß Dennis Logemann aus seiner langjährigen Praxiserfahrung.

Außerdem besteht in den meisten Fällen die Möglichkeit, einen Wechselrichter gleich zu reparieren, wenn er defekt ist und ohnehin schon in Rahden steht. „Nur ganz wenige Geräte sind tatsächlich irreparabel kaputt“, sagt Dennis Logemann.

Reparatur ist möglich

Zudem ist in der Regel die Reparatur viel preiswerter, als ein neues Gerät zu beschaffen. Ein Vorteil für alle Beteiligten – für den Anlagenbetreiber und für die Versicherung. „Und im Sinne der Nachhaltigkeit muss man gar nicht darüber diskutieren, dass der CO2-Fußabdruck bei einer Reparatur viel geringer ausfällt als bei einer Neuanschaffung. Es wäre doch ein übler Witz, wenn ausgerechnet Betreiber von regenerativen Energieerzeugungsanlagen nicht nachhaltig wirtschaften würden“, sagt Moritz Nüsperling.

Vor allem für den Anlagenbetreiber ist die Reparatur von Vorteil. Denn so vermeidet er Probleme, die ein neuer Wechselrichter mit sich bringen würde, vor allem bei größeren Anlagen. Denn einfach ein neues Gerät einzusetzen ist in der Regel nicht möglich. Die Anlagensteuerung und die gesamte Kommunikation innerhalb der Anlage sind auf die ursprünglichen Wechselrichter abgestimmt.

Nach Ersatzgerät suchen

Die Lösung heißt dann, sich auf die Suche nach Ersatz zu machen. Das geht natürlich: über einen Zweitmarkt für Photovoltaikkomponenten, wie ihn beispielsweise Secondsol im thüringischen Meinigen betreibt.

Wird der Anlagenbetreiber dort nicht fündig und ist der Wechselrichter ­tatsächlich nicht mehr reparabel, muss er in den sauren Apfel beißen und neue Wechselrichter einbauen lassen. Das ist preisintensiv. Denn zur neuen Leistungselektronik muss eventuell auch die gesamte Steuerung und Kommunikation innerhalb der Anlage und zum Netz neu ausgelegt und installiert werden. Alternativ kann der Betreiber der Anlage aber auch alle Wechselrichter tauschen. Dann muss er aber auch Geräte abbauen, die noch funktionieren.

Zertifikat kann verfallen

Beim Einbau neuer Wechselrichter in größeren Photovoltaikgeneratoren handelt es sich in der Regel auch um einen groben Eingriff in die Anlage. Dann kann das Anlagenzertifikat verfallen. Es muss in der Regel ein neues Zertifikat erstellt werden.

Denn nur mit diesem kann der Betreiber des Generators – oder der ihn vertretende Betriebsführer – nachweisen, dass die neue Anlagenkonstellation netzkonform ist und den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Erst wenn das neue Anlagenzertifikat vorliegt, darf der Generator wieder an das Stromnetz angeschlossen werden – und das kann mehrere Monate dauern und ist mit hohen Kosten verbunden. Abgesehen davon, dass es derzeit schwierig ist, schnell einen Ersatzwechselrichter zu finden.

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