Der Landkreis Nordfriesland hat das derzeit dichteste Netz von Stromtankstellen in Deutschland. Jetzt soll entlang der gesamten Westküsten zusammen mit den Nachbarkreisen und der Projektgesellschaft Nordelbe ein komplettes Schnellladenetz entlang der Westküste Schleswig-Holsteins aufgebaut werden.
Wie die Elektromobilität voran kommt, zeigt eindrucksvoll der Landkreis Nordfriesland. Es kommt nicht darauf an, dass die Anschaffung eines Elektroautos finanziell unterstützt wird, sondern dass potenziellen Besitzern die Befürchtung genommen wird, sie könnten einmal ohne volle Akkus dastehen. Aus diesem Grund hat die Verwaltung des Landkreises Nordfriesland insgesamt 70 Ladesäulen für Elektroautos installieren lassen.
Bei weniger als 165.000 Einwohnern ist das eine üppige Ladeinfrastruktur, die selbst in Berlin nicht zu finden ist. In der Bundeshauptstadt sind derzeit 529 öffentlich zugängliche Ladepunkte aufgebaut. Würden die Berliner die Dichte des Ladenetzes der Nordfriesen errichten wollen, müssten in der Bundeshauptstadt noch einmal fast 900 Ladesäulen dazu kommen. Auch Nordrhein-Westfalen als Bundesland mit dem dichtesten Tankstellennetz für Elektroautos kommt mit dem Landkreis Nordfriesland nicht mit. Dazu würden im bevölkerungsreichsten Flächenland noch mehr als 7.500 Ladepunkte fehlen.
Dichtes Ladenetz kurbelt Elektromobilität an
Das dichte Ladenetz kurbelt den Umstieg auf die Elektromobilität in Nordfriesland an. Inzwischen fahren über 200 Elektroautos über die Straßen des nördlichsten Landkreises der Bundesrepublik – viel mal so viele wie im Bundesdurchschnitt. Doch das wichtigste ist: Die Autos tanken nicht irgendwelchen Strom, sondern ausschließlich Ökostrom. „Der Kreis Nordfriesland zeigt vorbildlich, wie Kommunen Konzepte entwickeln können, um den in Erneuerbare-Energien-Anlagen erzeugten Strom im Verkehr zu nutzen“, betont Nils Boenigk, stellvertretender Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE). Den herausragenden Einsatz für die Energiewende und den Einsatz erneuerbarer Energien hat die AEE den Landkreis Nordfriesland zur Energiekommune des Monats September 2016 gekürt.
Zu diesem Einsatz gehört auch der Ökostrom in den Akkus der Elektroautos der Nordfriesen. Denn davon haben sie genügend in ihren Netzen. Derzeit wird im Landkreis fünf mal mehr Strom aus Photovoltaik, Windkraft und Biomasse erzeugt als überhaupt insgesamt Strom verbraucht wird. Das reicht den Nordfriesen aber nicht. Bis 2020 wolle man der klimafreundlichste Kreis Deutschlands werden. „Die Küstenregionen werden den Klimawandel als erste zu spüren bekommen“, begründet Landrat Dieter Harrsen den besonderen Einsatz der Nordfriesen für den Klimaschutz.
Ökostrom in der Region verbrauchen
Bisher ist die gesamte Stromversorgung der Nordfriesen auf erneuerbare Energien umgestellt. „Bei der Einsparung von Klimagasen konzentrieren wir uns derzeit auf die Bereiche mit den größten, bisher noch nicht gehobenen Potenzialen: Gebäudeheizung und Verkehr“, erklärt Harrsen. Mit dem Aufbau einer üppigen Infrastruktur zum Laden von Elektroautos ist schon ein großer Schritt in die richtige Richtung getan. Schließlich wollen die Nordfriesen auch einen großen Teil des Stroms, den sie produzieren, selbst verbrauchen. Da bietet es sich an, ihn in Elektroautos und Stromheizungen zu nutzen, statt den Strom ausschließlich in die Verbrauchszentren im Süden Deutschlands zu schicken und die Autos mit Erdölprodukten zu betreiben.
Deshalb soll in einem nächsten Schritt auch die Ladeinfrastruktur noch weiter ausgebaut werden. Gemeinsam mit den Nachbarkreisen Dithmarschen, Steinburg und Pinneberg und der Projektgesellschaft Nordelbe soll ein üppiges Netz an Schnellladesäulen aufgebaut werden, das von der Grenze zu Dänemark bis Hamburg die gesamte Westküste Schleswig-Holsteins abdecken wird. Fahrer von Elektroautos sollen so ihre Akkus innerhalb von etwa 20 Minuten mit Ökostrom aufladen können. (su)