Die österreichischen Bundesländer sind schon auf einem guten Weg in Richtung hundertprozentiger Stromversorgung bis 2030. Doch einige Anstrengungen sind dennoch notwendig. Denn um das Ziel zu erreichen, muss in der gesamten Alpenrepublik die regenerative Stromerzeugung um 27 Terawattstunden bis 2030 zulegen. Allein elf Terawattstunden muss die Photovoltaik liefern. Darauf weist Günter Pauritsch hin, der eine aktuelle Analyse der Energieagentur Österreich zum Stand der Energiewende in den Bundesländern vorgestellt hat.
Dachflächen nutzen
Ein zentraler Punkt waren – neben den konkreten Plänen der Bundesländer für den Photovoltaikausbau – die Potenziale, die in den einzelnen Ländern zur Verfügung stehen. Hier haben die Autoren auf eine Analyse der Österreichischen Technologieplattform Photovoltaik (TPPV) zurückgegriffen. Diese Studie kommt zum Ergebnis, dass allein auf den Dächern und an den Fassaden der Gebäude Anlagen errichtet werden können, die 13,4 Terawattstunden Strom erzeugen. Doch dies ist nur das technisch machbare Potenzial. Will man diese Anlagen wirtschaftlich betreiben, sinkt das Potenzial auf 8,1 Terawattstunden. Bezieht man hier noch soziale und ökologische Kriterien ein – dazu gehören unter anderem die fehlenden Investitionsmitte der Hauseigentümer, bürokratische Hürden oder zu lange Amortisationszeiten, Blendung – sinkt das Potenzial der Aktivierung von Gebäuden auf vier Terawattstunden.
Bessere Zulassungsbedingungen für Dachanlagen verhindern Solarparks
Aus diesem Grund müssen auch Freiflächenanlagen gebaut werden. Hier sind die Konversions- und ohnehin schon versiegelten Flächen zu bevorzugen. „Doch selbst dann müssten 5,6 Terawattstunden von anderen Freiflächenanlagen geliefert werden“, erklärt Günter Pauritsch. „Wenn die Rahmenbedingungen verbessert werden, wäre es möglich, mehr als die vier Terawattstunden zu erzeugen, was den Bedarf an Ausbau von Freiflächenanlagen weiter reduzieren würde.“
Bundesländern wollen möglichst wenige Freiflächenanlagen
Genau an diesem Punkt – dem Ausbau von Solarparks – entzündet sich die Diskussion in den Bundesländern. Denn einige haben schon viel erreicht. So verweist Sara Schaar, zuständige Landesrätin in Kärnten, auf ein Potenzial auf Dächern von 3,3 Terawattstunden errechnet hat. Die unterschiedlichen Potenziale zwischen den Analysen der TPPV und des Bundeslandes führt sie auf Unterschiede in der Auffassung zurück, welche Dachflächen tatsächlich genutzt werden können.„Wir haben hier eine klare Priorisierung: Wir unterstützen zuerst den Ausbau der Photovoltaik auf Dächern und wenn diese erschöpft sind, konzentrieren wir uns auf die Infrastrukturflächen“, betont Schaar.
Bürgerbeteiligung und Vorbildwirkung ist wichtig
Sie beschreibt damit eine Strategie, die auch in den anderen Flächenländern bevorzugt werden. „Es gibt sehr viele Übereinstimmungen in den Bundesländern“, sagt Herbert Greisberger von der Energie-und Umweltagentur Niederösterreich. „Wir sehen die Potenziale zunächst eindeutig auf Dächern. Die Energiewende ist aber ein Marathon und kein Sprint. Deshalb sollten wir zunächst dieses Potenzial heben und es besteht keine Notwendigkeit, Freiflächenanlagen im ersten Jahr zu errichten.“ Greisberger betont aber auch, dass einerseits die Bürgerbeteiligung wichtig ist, auch um die Akzeptanz für Freiflächenanlagen hoch zu halten, und andererseits die Länderverwaltungen mit gutem Beispiel vorangehen sollten. „Deshalb hat das Land alle 200 öffentlichen Gebäude hinsichtlich ihres Photovoltaikpotenzials geprüft“, sagt er. „Auf 150 davon werden nun Photovoltaikanlagen installiert, gemeinsam mit den Bürgern.“
Geeignete Flächen finden
Viele Bundesländer passen derzeit die Bau- und Raumordnungsgesetzgebung an. Eines der ersten Bundesländer ist hier das Burgenland. Hier hat es viele Diskussionen über die Raumordnung gegeben. Inzwischen sind die extrem restriktiven Regelungen vom Tisch. Doch die sogenannte Zonierung ist weiterhin vorgesehen. Das bedeutet, dass die Landesregierung festlegt, wo Freiflächenanlagen gebaut werden dürfen. „Denn wir planen Anlagen sowohl auf Dächern als auch auf Freiflächen“, sagt Astrid Eisenkopf, als Landesrätin im Burgenland unter anderem für Energie und Umwelt zuständig. „Wir werden nicht um Freiflächen herumkommen“, sagt sie, „Wir arbeiten gerade mit Naturschutz und Raumplanung daran, die Zonen zu definieren, auf denen wir uns Photovoltaik vorstellen können.“ Diese Zonen sollen innerhalb des nächsten halben Jahres festgelegt sein.
Akzeptanz erhalten
In vielen Bundesländern geht die Sorge um, dass die Akzeptanz für die Photovoltaik schwinden könnte, wenn zu viele Freiflächenanlagen gebaut werden. „Wenn wir erneuerbare Energieerzeugung ausbauen, wird das sichtbar sein und wir brauchen hier einen Diskurs, wie wir Energie produzieren“, erklärt Bernd Vogel, Leiter der Energieplanung der Stadt Wien mit Blick auf die Vorbehalte in den anderen Bundesländern. „Die Freiflächenanlage ist für die Energieversorger sehr praktisch“, betont er. Verwiesen sei hier auf den Ausbau auch der Freiflächenanlagen durch Wien Energie. „Auch ich bin nicht dafür, in erster Linie die Freiflächenanlagen auszubauen. Doch die Zulassung der Photovoltaik auf Gebäuden ist oftmals sehr restriktiv. Zudem bedürfen die Anlagen auf Dächern mehr Aufwand bei der Planung“, weiß Vogel. Hier müsse man die Zulassungsbedingungen anpassen und die Rahmenbedingungen in den Ländern verbessern. „Das ist wichtiger als mehr Förderung“, betont Vogel.
Länder und Gemeinden müssen mithelfen
Die Bundesregierung hat mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) schon gut vorgelegt. „Doch das ist ohne die Mitwirkung im Maßnahmenbereich der Länder und Gemeinden nur Makulatur“, erklärt Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von PV Austria auf dem diesjährigen Frühjahrskongress der österreichischen Solarbranche. „Wenn die Länder und Gemeinden nicht aktiv am Strang mitziehen, wird es nicht gehen.“ Mit Blick auf die Debatte aus den Bundesländern betont auch er die Priorität des Photovoltaikausbaus auf Dächern. „Doch beim jetzigen Ausbautempo werden wir die Ziele allein mit Dachanlagen nicht schaffen“, sagt Paierl. „Natürlich müssen wir alle möglichen Dächer mobilisieren. Doch die Dachflächen sind begrenzt. Wenn man an den elf Terawattstunden festhält, wird es ohne geeignete Freiflächen auch von Anfang an nicht gehen.“
Paierl betont, dass die Branche mit Zonierungen kein Problem hat. „Auch wir wollen keinen Wildwuchs und vor allem geeignete Flächen nutzen“, sagt er. „Doch es ist hier auch wichtig, dass wir die richtigen Bilder transportieren.“ So versiegeln die Freiflächenanlagen keinen Boden, räumt er mit einem immer noch vorhandenen Missverständnis auf. (su)
Zum Weiterlesen:
PV Austria: Alle vorhandenen Flächen nutzen
Frühjahrskongress PV Austria: Österreichs Ausbaugesetz auf dem Prüfstand