Hermann Scheer, der rote Meister
hat sich wohl davon begeben,
und nun wollen kleine Geister
gegen seinen Willen leben.
Das Haus verwaist, Ideen auch,
so tritt Schüler Gabriel heraus:
„Schluss mit Wind, und Schluss mit Sonne,
Kloppt PV ruhig in die Tonne!“
Will’s besser wissen als sein Ahne,
der sich einst zur Sonne wandte,
und – den Wandel auf der Fahne –
die Kraft blauer Paneele kannte.
Zu Gabriels Dienst die Knechte fliegen,
klatschen in die Hände laut,
sehen schon die Schlote siegen,
und teure Trassen hingebaut.
Sonnenkraft ließ Tempel wanken,
wie alte Reiche einst am Nil.
„Ich weise sie in ihre Schranken!“,
frohlockt der Schüler Gabriel.
„Quatsch mit Sonne und mit Wind!
Sei artig, Bürger, wie ein Kind!“
Mächtig schwillt der Knechte Chor,
trifft des Bürgers heißes Ohr:
Walle! Walle,
manche Strecke,
dass, zum Zwecke,
Dreckstrom fließe
und mit reichem, vollem Schwalle
an die Börse sich ergieße!
Und so frohlockt des Meisters Schüler:
„Blast die Meiler kräftig an!
Denn der Meister ging hinüber,
jetzt bin ich am Ruder dran!
Niemand kann, was ich nicht will!
Endlich habe ich die Macht!“
Wütend brüllt er, geifernd schrill:
„Jetzt wird rückwärts gedacht!“
Gebieterisch die Hand er hebt,
in Ehrfurcht sein Gefolge bebt.
Wütend ruft er ins Gedränge,
getrieben von der Macht der Zwänge:
„Seht, wunderbar, des Rauches Fahnen!
Lobt des Reaktors blaues Licht!
Also, liebe Untertanen,
Seid schön brav und wehrt euch nicht!“
Walle! Walle,
manche Strecke,
dass, zum Zwecke,
Dreckstrom fließe
und mit reichem, vollem Schwalle
an die Börse sich ergieße!
Doch die Sache läuft nicht rund,
denn Dreckstrom, der ist ungesund.
Ruß sich durch die Lungen frisst,
Isotope man im Zähler misst.
Krebs und Tod die Folge sind,
das weiß in Deutschland jedes Kind.
Und jedes Kind weiß auch genau:
Allmal gesünder ist PV!
Der Schüler staunt, erschrickt sich leicht,
als der Wähler nach der Urne greift.
Denn Macht ist ausgeliehen nur,
unerbittlich tickt die Uhr.
Sogar die Knechte laufen weg,
lassen sitzen ihn im Dreck.
Nun hat der Schüler den Salat,
dämmert Meisters kluger Rat.
Dämmert ihm, dem Zwerg der Macht,
hätt‘ er nur einmal nachgedacht:
In der Schlote dicken Schwaden
hängen die Sozis am seidnen Faden.
Der Tag der Rechnung steht bevor,
schon klopft der Wähler an das Tor!
Der deutsche Michel ist nicht dämlich,
erkennt die Wahrheit, nämlich:
Walle! Walle,
manche Strecke,
dass, zum Zwecke,
Dreckstrom fließe
und mit reichem, vollem Schwalle
an die Börse sich ergieße!
Nicht Meister Hermanns saubere Wende,
sondern die Zeit der Meiler geht zu Ende.
Was nützen da Gewissensbisse?
Wer fürchtet da den Sturz ins Ungewisse?
Angst ist es, die den Schüler treibt,
davor, dass er auf der Strecke bleibt,
dass andre sich die Taschen füllen,
und in grünen Lorbeer hüllen.
Schwarz wie Kohle sind seine Gedanken,
Furcht ist stärker als alle Schranken,
verzweifelt kann er es nicht lassen,
will den Geist des Meisters fassen.
Will ihn dämmen, ihn bezwingen,
doch immer mehr Paneele blinken,
gereichen dem Meister allein zur Ehre,
nicht für des Schülers erbärmliche Lehre.
Walle! Walle,
manche Strecke,
dass, zum Zwecke,
Dreckstrom fließe
und mit reichem, vollem Schwalle
an die Börse sich ergieße!
Listig ruft der Schüler seinen Ahnen,
führt die Sonne im Mund, unter schwarzen Fahnen.
Doch, warte, warte, welche Tücke!
Ein Geist erscheint: Welche Blicke!
Wie Barbarossa einst im Berg erwacht,
mit mächtigem Schritt, dass die Erde kracht,
Hermann selbst, der Sozialdemokrat,
schreitet herein, schreitet zur Tat.
„In die Ecke, Schüler Gabriel!
Hast missbraucht das hehre Ziel!“
Meister Hermann nimmt den Besen von der Wand,
eine Rute mit Reisern in die Hand.
„O, du Ausgeburt der Hölle!
Auf ein Wort nur, auf die Schnelle:
Soll die ganze Welt verdrecken?!
Soll deutsches Land im Dreck verrecken?!“
Eilig beginnt der Meister den Putz,
schimpft auf den Schüler: "Nichtsnutz!
Solches hab ich nicht gelehrt!
Hast den Kodex der Sozis entehrt!
Brüder, zur Sonne – schon vergessen?!
Brüder, zur Freiheit – nicht mehr angemessen?!“
Mit harter Faust kehrt er das Haus,
in den Meilern gehen die Lichter aus.
Walle! Walle,
manche Strecke,
dass, zum Zwecke,
Grünstrom fließe,
sauber und preiswert für alle
in die Stuben sich ergieße!
„Denn Grün wird die Erde am Siebten Tag,
und Grün ist die Erde, wie ich sie mag,
Ich, Mensch, Hermann Meister! Rot-grüner Ahne
erhebe wieder die grüne Fahne!
Gegen Öl, Kohle, Uran:
Die Welt zu verbessern, darauf kommt’s an!
Dass sie endlich zum Guten sich wendet,
Der Mensch nicht in Dreck und Krieg verendet.“
Der Schüler kapiert nix, vom Stolze verzehrt.
Ruft trotzig: „Die Partei für ein Pferd!“
Im Großmut der Meister schenkt ihm den Gaul,
ein Klaps auf die Kruppe, einer aufs Maul,
und wie ein Blitz fliegt der Schüler hinweg
zu den Ruinen von Gestern, aus Rauch und Dreck.
Leere Worte, leere Stühle lässt er zurück –
Junge, wahrlich kein Meisterstück!
Befriedigt stellt Hermann den Besen ab,
denkt bei sich: „Das war knapp!
Solchen Schülern darf man nicht trau‘n,
sie würden die Sache gründlich verhau‘n.
Doch nun steige Hoffnung, der Weg ist frei:
Brüder, zur Sonne, es sei!
Brüder, zur Freiheit, dort winkt das Licht!
Die Freiheit des Menschen – das schönste Gedicht!“
Der Autor dieses Blog hat die Energiewende auch auf andere Weise literarisch verarbeitet: Sein Roman „Zen Solar“ erschien im Frühjahr 2016. Auf der Website finden Sie zahlreiche Leseproben und Informationen über die Hintergründe.