Die Agentur für Erneuerbare Energien hat ein neues Hintergrundpapier zu aktuellen Geschäftsmodellen für Solarstrom veröffentlicht. In dem Hintergrundpapier „Eigenverbrauch und regionale Direktvermarktung“ fassen die Autoren die Chancen und Probleme des Eigenverbrauchs und der regionalen Direktvermarktung von Solarstrom zusammen.
Die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) fasst in einem aktuellen Hintergrundpapier die Chancen und Probleme des Eigenverbrauchs und der regionalen Direktvermarktung von Solarstrom zusammen. „Eigenverbrauch von Ökostrom und regionale Direktvermarktung haben den Vorteil, dass Strom dort verbraucht wird, wo er produziert wird“, erklärt Philipp Vohrer, Geschäftsführer der AEE. „Beide dienen der dezentralen Energiewende und machen lange Transportwege überflüssig. Zudem erhöht der Strombezug von Anlagen aus der Region die Akzeptanz für die Energiewende vor Ort.“
Netzentgelte anhand der Anschlussleistung berechnen
Allerdings bleibt vor allem der Eigenverbrauch von Solarstrom inzwischen nicht mehr ohne Kritiker. Anlagenbetreiber, die ihren Solarstrom selbst verbrauchen, stehen in der Kritik, sich aus der Finanzierung der Energiewende zu verabschieden. Dieses Argument ist allerdings nicht schlüssig, da jede selbst verbrauchte Kilowattstunde Solarstrom nicht als Kostenfaktor auf dem EEG-Konto anfällt, also keine Kosten verursacht. Schlüssiger ist das Argument, die Eigenverbraucher beteiligen sich zu wenig an der Finanzierung der Stromnetze. Schließlich werden die Netzentgelte für jeden Verbraucher über die aus dem Netz bezogene Strommenge, den sogenannten Arbeitspreis, abgerechnet. „Allerdings verursachen die Besitzer von Photovoltaikanlagen gleich hohe Kosten für den Anschluss ans Netz und die sichere Versorgung wie Haushalte oder Unternehmen, die keine eigene Stromerzeugungsanlage haben“, betonen die Autoren des Hintergrundpapiers. „Das gleiche gilt für die Konzessionsabgabe, die die Kommune vom Netzbetreiber als Gegenleistung für die Nutzung öffentlicher Wege erhebt.“ Der AEE schlägt deshalb vor, die Netzentgelte nicht mehr anhand des Arbeitspreises abzurechnen, sondern über die Anschlussleistung. „Allerdings bringt auch dieser Vorschlag Nachteile mit sich, da der Anreiz zum Stromsparen geringer und das Geschäftsmodell Eigenverbrauch wirtschaftlich unattraktiver würde“, geben die Autoren zu bedenken. „Zudem ist der monetäre Nutzen der solaren Systemdienstleistungen in die Rechnung mit einzubeziehen.“ Schließlich spart der Eigenverbrauch den teuren Ausbau der Stromnetze.
Solarstrom direkt verkaufen
Neben eigenem Strom vom Dach bieten auch regionale Direktvermarktungsmodelle die Möglichkeit, Ökostrom dort zu verbrauchen, wo er erzeugt wird. Die Betreiber einer Photovoltaikanlage geben dabei ihren Solarstrom nicht gegen EEG-Vergütung ab, sondern verkaufen ihn direkt an regionale Verbraucher oder einen Grünstromhändler. Die Stromkunden erhalten einen Tarif, der häufig unter dem des Grundversorgers liegt. Dies ist möglich, da erneuerbarer Strom, der direkt an die Stromkunden geliefert wird, von einer ermäßigten EEG-Umlage profitiert. Im vorliegenden Kabinettsentwurf der EEG-Novelle ist dieses Grünstromprivileg jedoch nicht mehr vorgesehen. Die verminderte EEG-Umlage ist jedoch auf der anderen Seite der Ansatz, das Grünstromprivileg zu kritisieren. Auf der anderen Seite wird durch die regionale Direktvermarktung – genauso wie beim Eigenverbrauch – zu einen das EEG-Konto und zum anderen die Netzbetreiber entlastet. Denn jede Kilowattstunde, die die Netzbetreiber nicht an der Strombörse verkaufen müssen, vermindert den Aufwand, der bei ihnen den Stromhandel anfällt. Zudem müssen die Anlagenbetreiber in der Direktvermarktung die Stromerzeugung ihrer Anlage prognostizieren und dementsprechend Fahrpläne ihrer Stromproduktion erstellen. Damit haben die Netzbetreiber wiederum ohne viel Aufwand schon einen Teil der Regelung des Netzes erledigt. Denn die Anlagenbetreiber müssen sich um das Bilanzkreismanagement, die Rechnungsstellung, die Stromkennzeichnung mit Herkunftsnachweisen, die Vermarktung von Überschüssen sowie den Ausgleich des Strombedarfs während die Anlage keinen Strom produziert, kümmern. „Oft übersteigt das das betriebswirtschaftliche Wissen der Betreiber“, erklären die Fachleute von der AEE. „Deshalb gibt es auch Dienstleister, die sich genau dieses Geschäftsfeld erschließen.“
Mehr Strom im Netz erwartet
Damit haben die beiden Geschäftsmodelle klare Vorteile vor allem für das Netz. Dessen Überlastung wurde immer wieder befürchtet, wenn der Anteil des Solarstroms in den Leitungen steigt. Zudem tragen beide Geschäftsmodelle klar zur Entlastung des EEG-Kontos bei. Die Branchen der erneuerbaren Energien und Verbraucherschützer fürchten jetzt, dass durch eine Belastung des Eigenstromverbrauch, wie sie die Bundesregierung anstrebt, wieder mehr Strom in die öffentlichen Netze eingespeist wird. „Dies könnte zum Anstieg der EEG-Umlage führen“, betont die AEE. (Sven Ullrich)