Der europäische Branchenverband Solar Power Europe schätzt den Zubau neuer Photovoltaikanlagen im vergangenen Jahr auf rund 18,2 Gigawatt. Das bedeutet eine Steigerung um elf Prozent. Deutschland wuchs am stärksten (zirka fünf Gigawatt). Im Jahr 2024 könnte der Zubau schon 35 Gigawatt betragen.
Ungeachtet des Lockdowns aufgrund der Viruskrise haben sich die Märkte in der EU hervorragend entwickelt. Schweden beispielsweise – aufgrund der nördlichen Lage und der vergleichsweise geringen Sonneneinstrahlung eher ein schwieriger Markt – knackte 2020 die magische Grenze von einem Gigawatt installierter Solarleistung.
Schweden verlängert Abschreibung
Aktuelle Zahlen von Svensk Solenergi belegen einen starken Zubau, der durch steuerliche Anreize befeuert wurde. Die Abschreibung wurde für 2021 verlängert. Demnach können private Solarkunden bis zu 14,55 Prozent der Installationskosten absetzen. „Endlich können wir die installierten Anlagen nach Gigawatt zählen, nicht mehr nur in Megawatt“, sagte Anna Werner, Chefin des Branchenverbandes Svensk Solenergi in Stockholm. „Jetzt brauchen wir in Schweden ein Plan, um große Solaranlagen voranzubringen. Zwar haben wir die steuerliche Abschreibung für private Solarkunden. Aber bei Solarparks auf dem Freiland gab es wenig Fortschritt. Das muss einfacher werden, vor allem im Süden von Schweden.”
Die Bevölkerung Schwedens ist in den südlichen Provinzen konzentriert, viele konventionelle Kraftwerke stehen aber im Norden. Den Strom längs durch das riesige Land zu transportieren kostet viel Geld.
Niederlande: Ambitionierte Großprojekte
Der Stromkonzern RWE will in den Niederlanden ein Solarportfolio aufbauen. Der erste Schritt ist ein Solarpark in Kerkrade in der Provinz Limburg. Die Anlage leistet 14,7 Megawatt. 36.000 Module wurden innerhalb von acht Monaten montiert.
Bisher hatte RWE in den Niederlanden vor allem auf Windkraft gesetzt, nun folgt die Photovoltaik. So wird RWE das einstige Kohlekraftwerk Amer in Gertruidenberg in der Provinz Noord-Brabant auf erneuerbare Energien umstellen. Auf einem See soll neben dem Kraftwerk eine schwimmende Anlage entstehen. Auf den Freiflächen innerhalb des Kraftwerksgeländes entsteht zusätzlich ein Solarpark. Die Dächer der Gebäude werden ebenfalls mit Solarmodulen ausgestattet. Außerdem setzt RWE in den Niederlanden zusätzlich große Stücke auf die Entwicklung der grünen Wasserstofftechnologie.
Neu auch: Der Energiepark Haringvliet Zuid in den Niederlanden kombiniert einen Solarpark mit 38 Megawatt (rund 30 Hektar) sowie einen Windpark (22 Megawatt) mit einem Batteriespeicher (zwölf Megawatt). Für Vattenfall ist es das erste Hybridkraftwerk dieser Art, das von Belectric geplant und installiert wurde. Belectric hat die Anlage kürzlich in Betrieb genommen.
Das Hybridkraftwerk ist für die Erzeugung und Speicherung von erneuerbarer Energie ausgelegt und wurde auf der Insel Goeree-Overflakkee in der Provinz Südholland errichtet, rund 30 Kilometer südwestlich von Rotterdam. Das grüne Großkraftwerk leistet einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes.
Belgien baut mehr als ein Gigawatt
Belgien hat 2020 erstmals mehr als ein Gigawatt zugebaut – trotz der Pandemie. Insgesamt sind bereits sechs Gigawatt Solarleistung installiert. Der Zubau erfolgte zu 80 Prozent in Flandern, zu 15 Prozent in der Wallonie und zu fünf Prozent in der Region der Hauptstadt Brüssel.
In Flandern waren es vor allem private Solaranlagen, die den Zubau trieben. Sie legten um 45 Prozent gegenüber 2019 zu. In Flandern profitieren private Haushalte von speziellen Regelungen, die Solarenergie begünstigen. In der Wallonie dagegen sank der Zubau bei gewerblichen und industriellen Anwendungen, in der Summe lag der Zubau deutlich unter 2019.
Der kürzlich aufgelegte nationale Plan für Energie und Klima soll die Solarleistung bis 2030 auf rund acht Gigawatt ausbauen. Das ist kein ambitioniertes Ziel, bedeutet es doch einen Zubau von zwei Gigawatt innerhalb der kommenden zehn Jahre. Der EU-Verband Solar Power Europe in Brüssel rechnet mit stärkerem Wachstum. Das Ziel von acht Gigawatt werde deutlich früher erreicht, schätzen Analysten.
Starkes Wachstum in UK
In Großbritannien wird der Zubau gleichfalls durch wirtschaftliche Projekte getrieben, die sich von staatlicher Förderung abnabeln. Allein zwischen Januar und März 2021 wurden 175 Megawatt installiert, davon 70 Prozent in Solarparks auf der Freifläche. Mehr als ein Gigawatt installierter Solarleistung im Vereinigten Königreich wurde mittlerweile ohne staatliche Förderung gebaut. Insgesamt sind in UK bislang 14 Gigawatt installiert. Zwischen März 2020 und März 2021 wurden rund 660 Megawatt neu zugebaut. Es wird erwartet, dass der britische Markt für gewerbliche und industrielle Anlagen in diesem Jahr um 80 Prozent zulegt.
Im ersten Quartal 2021 legten nicht nur die Solarparks zu. Auch Solardächer wuchsen um 14 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2020. Seit Ende März 2019, als die Einspeisevergütung abgeschafft wurde, wurden 1,311 Gigawatt zugebaut. Unterstützend wirkten das neue Green Homes Grant Scheme und verschärfte Regelungen für energieeffiziente Gebäude.
Mehr Bürgeranlagen in Frankreich
In Frankreich werden nicht mehr nur große Solarparks durch den Energiekonzern EDF gebaut. Zunehmend beteiligen sich die Bürgerinnen und Bürger an der Finanzierung von Solarprojekten.
Damit ist beispielsweise die Firma Urbasolar erfolgreich, eine Tochtergesellschaft der Axpo Group aus der Schweiz. 2020 wurden 7,5 Millionen Euro für 25 Projekte eingesammelt. Dabei handelt es sich um Solardächer für Logistik- und Industriegebäude, solare Gewächshäuser, Parkplatzüberdachungen, Solarparks auf Industriebrachen oder ein vormaliges Kohleabbaugebiet.
So hat Urbasolar eine Anlage mit 18 Megawatt auf dem Gelände eines ehemaligen Militärdepots in Vaas errichtet. Die Fläche von 24 Hektar liefert Strom für über 9.000 Personen in der Region. Ein weiteres Beispiel ist die Überdachung eines Spitalparkplatzes in Carcassonne mit rund 14.000 Solarpanels und einer Leistung von vier Megawatt.
In beiden Fällen konnten sich Bürger beteiligen, bei der Parkplatzüberdachung war ein Teil der Beteiligung explizit den Spitalangestellten vorbehalten. „Die systematischen Bürgerbeteiligungen sind eines der Erfolgsgeheimnisse hinter dem Boom erneuerbarer Energien in Frankreich“, sagt Christoph Sutter, Leiter der Erneuerbaren-Sparte bei der Axpo Group. „Sie erhöhen die Akzeptanz vor Ort stark und tragen zur Wirtschaftlichkeit der Anlagen bei.“
In Frankreich sollen neue Einspeisetarife vor allem das gewerbliche Segment von 100 Kilowatt bis 500 Kilowatt antreiben. Daneben werden weiterhin Solarparks gebaut, zunehmend als PPA.
So hat Baywa r.e. auf zwei stillgelegten Militärbasen im Süden Frankreichs neue Solarparks errichtet. Daneben werden die Flächen für die Schafzucht genutzt, um Kosten beim Grünschnitt zu sparen.
Bereits vor einem Jahrzehnt hatte Baywa r.e. mit der Dekontamination und Konversion des Militärgeländes Fontenet begonnen. Der erste Solarpark Fontenet verfügt über zwölf Megawatt Leistung und ist seit 2014 in Betrieb. Ein zweiter Park mit 14,7 Megawatt wird derzeit errichtet und voraussichtlich Ende 2021 fertiggestellt. Ein dritter Park ist in Planung.
Der Solarpark Blueberry in La Martinerie im Zentrum Frankreichs wurde im Februar 2021 fertiggestellt. Er umfasst 87.552 Solarmodule, die sich über 35 Hektar der ehemaligen Militärbasis erstrecken. Darüber hinaus engagiert sich Baywa r.e. gemeinsam mit einem örtlichen Verein dafür, die Geschichte des Ortes zu bewahren, alte Baracken auf dem Gelände werden restauriert.
Spanien kehrt zurück
Der über viele Jahre gebeutelte spanische Markt erwacht zu neuem Leben. Von insgesamt drei Gigawatt ausgeschriebener Kraftwerksleistung wurden 2020 zwei Gigawatt an Solarparks vergeben. Der durchschnittlich erzielte Auktionspreis betrug 24,47 Euro je Megawattstunde, das waren 28 Prozent weniger als der Durchschnittspreis aus konventionellen Kraftwerken im Jahr 2020. Gegenüber 2019 waren es 49 Prozent weniger.
Die Preise der Auktionen sind auf zwölf Jahre festgeschrieben. Für 2021 wird ein Zubau mit mehr als 3,3 Gigawatt allein bei Solarparks erwartet.
Seit 2017 hatte es faktisch drei Jahre lang keine Auktionen für neue Kraftwerke in Spanien mehr gegeben. Die neue Ausschreibungsrunde im Februar 2021 zeigte einen überwältigenden Erfolg für Solarenergie, die zwei Drittel der Zuschläge verbuchte. „Die Solarenergie hat ihre Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis gestellt“, urteilte José Donoso, Generalmanager der Unión Española Fotovoltaica. „Das enorme Interesse an Solarprojekten – der billigsten Technologie im Markt mit dem geringsten Schaden für die Umwelt – liegt auf der Hand. Im Ergebnis werden die erzielten Preise die Energiekosten der privaten Haushalte entlasten.“
Polen kommt aus der Nische
Unser östliches Nachbarland hat sich – nach anfänglichen Schwächen – mittlerweile als starker Solarmarkt etabliert. Insgesamt summieren sich die Photovoltaikanlagen auf 3,9 Gigawatt. Bis 2025 will Polen diese Solarleistung verdoppeln. Das Instytut Energetyki Odnawialnej (IEO) hat errechnet, dass zehn Gigawatt machbar sind. 2021 könnte der Markt auf zwei Gigawatt wachsen. Dieser Markt teilt sich etwa gleich zwischen Dachanlagen und Solarparks auf.
Der polnische Solarmarkt macht derzeit rund zwölf Prozent des gesamten Zubaus in der EU aus. Weil Frankreich und andere EU-Länder ihren Zubau stark ankurbeln, wird der Anteil des polnischen Zubaus bis 2024 zwar auf sechs Prozent sinken, nominal aber weiter stark zunehmen.
Rumänien baut Solarparks aus
Deutlich bessere Bedingungen – von der Sonneneinstrahlung her gesehen – bieten die Länder des Balkans. Die Firma Alternus Energy kündigte die Akquisition von zwei neuen Solarparks in Rumänien an, die von Renesola Power entwickelt wurden. Die Verkaufsverträge wurden kurz vor Jahresende 2020 unterzeichnet. Ein Solarpark leistet sechs Megawatt, er wurde von der Installationsfirma Lucas Est in Dumbrava im westlichen Landesteil errichtet. Ein zweiter Solarpark mit 9,4 Megawatt, den Ecosfer Energy in Costeştii din Vale (eine Autostunde von Bukarest) installierte, wurde gleichfalls übernommen.
Lucas Est ist seit 2013 im Geschäft. Der Solarpark hat seit 2017 mehr als 30 Gigawattstunden Solarstrom erzeugt. Ecosfer hat seit 2017 rund 48 Gigawattstunden erzeugt. Bis 2028 laufen beide Parks mit staatlicher Förderung. Danach werden sie über PPA vermarktet, mindestens bis 2038.
Vor Kurzem ging eine neue Modulfabrik von Karpat Solar in Transsylvanien an den Start, die im Jahr rund 100 Megawatt fertigen kann. Sie bedient zunächst rumänische Kunden, will aber auch in andere EU-Staaten exportieren.
Ungarn: Zubau ohne Förderung
In Ungarn entwickelt sich der Zubau mittlerweile weitgehend unabhängig von staatlicher Einspeisevergütung. Bei den Auktionen für erneuerbare Energien im Februar 2021 wurden 210 Megawatt ausgeschrieben, in zwei Kategorien: kleine Anlagen von einem Megawatt bis 30 Megawatt sowie größere Anlagen zwischen 30 und 49,99 Megawatt. Insgesamt 257 Projekte nahmen teil, 36 erhielten den Zuschlag. 185 Megawatt in sechs größeren Projekten kommen ohne staatliche Hilfe aus.
Diese erste Auktion war deutlich überzeichnet. Neben den Solarprojekten nahmen nur ein Geothermieprojekt (zehn Megawatt) und ein Projekt für Klärgas (0,5 Megawatt) teil. Ansonsten dominierte die Photovoltaik.
Die Preise rangierten zwischen 4,6 Cent bis fünf Cent je Kilowattstunde bei den Großprojekten. Bei den kleineren Anlagen wurden 5,9 bis 6,49 Cent erzielt. Zunehmend werden in Ungarn größere Parks gebaut, weil die Obergrenze für die Ausschreibungen von 20 Megawatt auf 50 Megawatt angehoben wurde. Die meisten Solaranlagen werden auf wirtschaftlich wenig attraktiven Brachen errichtet. Sie werden – Preisgleichheit der Angebote vorausgesetzt – beim Zuschlag bevorzugt.