Die Allianzversicherung will in Zukunft mehr Geld vor allem in Photovoltaik- und Windkraftanlagen investieren. Dazu braucht sie aber stabile Rahmenbedingungen und ein sicheres Investitionsumfeld. Schließlich kommen auf die Versicherung immer mehr Schäden zu, die durch den Klimawandel verursacht werden.
Die Allianzversicherung will in Zukunft mehr in Solar- und Windkraftanlagen investieren. Das gab der größte Versicherer heute während der Vorstellung einer Studie zu den künftigen Kosten der Stromerzeugung bekannt. „Das ist für uns deshalb wichtig, weil wir als Versicherung längerfristig vom Klimawandel beeinflusst und betroffen sein werden“, erklärt Karsten Löffler, Geschäftsführer von Allianz Climate Solutions, das Interesse an der Energiewende. „Wir haben als Versicherer zunehmend Schäden, die klima- oder wetterbedingt sind und die uns Sorgen machen“, ergänzt Nicolai Tewes, Pressesprecher der Allianzversicherung. „Auf der anderen Seite sehen wir in den Investitionen in erneuerbare Energien eine Chance. Gerade die Anforderungen für die Altersvorsorge passt ideal zu den Bedürfnissen der erneuerbaren Energien.“ Schließlich brauch die Allianz für die Altersvorsorge ihrer Versicherten langfristige Investitionsmöglichkeiten, die stabile Renditen erwirtschaften. Gleichzeitig sind die Investitionen in Projekte der erneuerbaren Stromerzeugung langfristig angelegt.
Allianz will Portfolio ausbauen
Insgesamt hat die Allianz etwa 560 Milliarden Euro für ihre Versicherten in die Altersvorsorge angelegt. Davon stecken bisher 1,7 Milliarden in sieben Solarparks und 43 Windparks. Dabei konzentriert sich der Versicherungskonzern auf zentrale europäische Märkte wie Deutschland, Frankreich und Italien. Aber auch kleinere Märkte sind für die Allianz interessant. Schließlich nennt der Versicherer ein Kraftwerk in Schweden sein Eigen, dass das Rechenzentrum von Google in Finnland versorgt. „Das ist aber bisher ein kleiner Anteil des gesamten Portfolios unserer Investitionen und das würden wir gern ausbauen, wenn wir die entsprechenden Möglichkeiten haben“, betont Tewes. Dazu muss aber auch der politische Willen hinter der Energiewende stehen. „Wir brauchen entsprechende Regularien, die uns den Ausbau der Erzeugungsanlagen ermöglichen“, sagt Tewes. „Denn wir haben sehr strenge Auflagen für die Investition, weil es hier um die Sicherheit der Altersvorsorge unserer Versicherten geht.“ Deshalb brauchen Investoren wie die Allianz auch sichere Rahmenbedingungen, damit sie das Geld ihrer Versicherten nicht aufs Spiel setzen. „Wir schauen uns vor allem Solarprojekte und Onshore-Windprojekte an und beurteilen aus kaufmännischer Perspektive, ob es sich um Projekte handelt, die unsren Rendite- und Risikoanforderungen genügen“, erklärt Löffler.
Investitionen werden ohnehin fällig
Für die Allianz ist aber auch die gesellschaftliche Perspektive bei ihrem Engagement in erneuerbare Energien wichtig. Schließlich ist jeder Euro, den die Menschen für ihren Strom bezahlen ein Euro weniger, den sie potenziell in ihre Altersvorsorge bei den Versicherungen investieren. Deshalb setzt die Allianz nicht auf ein teures Szenario der Stromerzeugung. Um herauszufinden, ob die Ausgestaltung des Systems der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien nicht zu teuer wird, hat sie zusammen mit der Organisation German Watch eine entsprechende Studie in Auftrag gegeben. Diese hat das Arrhenius Institut für Energie- und Klimapolitik erstellt. Die Wissenschaftler haben dazu zwei Szenarien berechnet. Zum einen ein Szenario, bei dem die Hälfte des Stroms in Deutschland weiterhin mit konventionellen Kraftwerken erzeugt wird. Dieses haben sie einem Szenario gegenübergestellt, bei dem 80 Prozent des Stroms mit Photovoltaik-, Windkraft-, Bioenergie- und Wasserkraftanlagen produziert wird. Die residuale Last wird dann mit flexiblen Gaskraftwerken abgedeckt. Das Ergebnis ist, dass beide Systeme viel Geld kosten werden, wobei die erneuerbaren Energien in fast allen möglichen Fällen mit geringeren Kosten dastehen als die fossilen Kraftwerke. Die Höhe der Differenz ist vor allem von den Kosten für fossile Brennstoffe und Kohlendioxidzertifikate abhängig. „Am Ende müssen wir aber ohnehin in das System investieren“, erklärt Helmuth Groscurth, Geschäftsführer des Arrhenius Instituts. „Denn selbst wenn wir bei der konventionellen Stromerzeugung bleiben, müssen wir neue Kraftwerke bauen. Schließlich sind derzeit viele abgeschriebene Kraftwerke im System vorhanden, die in naher Zukunft durch neue Kraftwerke ersetzt werden müssen.“ Das wird ebenso viel Geld kosten wie der Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem Ziel, 80 Prozent des Stroms aus solchen Anlagen zu erzeugen. Die Wissenschaftler um Groscurth haben allerdings nicht die Kosten mit eingerechnet, die für den bisherigen Ausbau der erneuerbaren Energien angefallen sind. „Diese Transformationskosten haben wir ohnehin“, begründet Groscurth. „Das was wir an EEG-Zahlungen für die erneuerbaren Energien produziert haben, müssen wir auf jeden Fall abtragen und das müssen wir unter uns in der Gesellschaft verteilen. Das sollte uns aber nicht den Blick darauf verstellen, welches System am Ende vielleicht das kostengünstigere ist. Deshalb sollten wir uns von den Transformationskosten, die wir uns schon eingehandelt haben, nicht zu sehr lenken lassen“, fordert er.
„Energiewende ist kein Finanzproblem“
Insgesamt geht die Allianz davon aus, dass weltweit etwa 500 Milliarden eingesetzt werden müssen, um die Stromerzeugung überhaupt fortführen zu können. Dabei ist es gleichgültig, ob man auf konventionelle oder erneuerbare Energien setzt. „Das entspricht etwa zehn Prozent der Neuanlagen, die Pensionsfonds und Lebensversicherungen weltweit pro Jahr tätigen“, rechnet Tewes vor. „Letztlich ist die Energiewende kein Finanzproblem, das nicht lösbar ist, sondern eine Frage, wie das System in Zukunft gesteuert und ausgestaltet wird. Man könnte sich dabei überlegen, ob man den Vorteil für eine gute Infrastruktur, für den Klimaschutz auch gleichzeitig für eine stabile Altersversorgung für die Bürger nutzt. Das ist gerade in Ländern wie Deutschland wichtig, wo der demographische Wandel dazu führt, das im Verhältnis zu den Erwerbstätigen immer mehr Rentner leben.“ (Sven Ullrich)