450 Handwerker, Planer, Hersteller und Kunden der Solar- und Speicherbranche haben sich auf den Weg nach Graz gemacht, um die neusten Entwicklungen rund um die solare Energiewende kennenzulernen. Bis auf den letzten Platz war der Veranstaltungsraum der Seifenfabrik in Graz besetzt. Schließlich sind die Aufgaben groß, die die Branche gemeinsam bewältigen muss.
Den nächsten Schritt im Blick
So verweist Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von PV Austria, darauf, Österreich bis 2040 eine installierte Photovoltaikleistung braucht, die jedes Jahr 41 Terawattstunden Sonnenstrom erzeugt. „Wir müssen konsequent das Ziel von 2040 in den Blick nehmen und die PV-Stromproduktion verzehnfachen“, sagt er.
In 20 Jahren viel geschafft
Hubert Fechner, Obmann der Technologieplattform Photovoltaik (TPPV), hat den Blick auf die globale Entwicklung geworfen. „Wir brauchen weltweit 75.000 Terawattstunden Solarstrom. Derzeit haben wir ein Terawatt installiert“, betont er. „Ich habe oft gehört, das es nicht geht, diesen Ausbau zu schaffen. Doch die Branche hat in den letzten 20 Jahren sehr viel geschafft.“ So ist er sicher, dass die PV in Zukunft der wichtigste Baustein de Energiewende ist. „Doch wir brauchen auch Speicher und Netzausbau und lokales Energiemanagement“, betont Hubert Fechner. Er und Herbert Paierl sind zuversichtlich, dass die Branche das hinbekommt, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Netz müssen digitaler werden
Dazu hat Bundesklimaschutzministerin Leonore Gewessler in ihrer Grußbotschaft auf die Befreiung der Solaranlagen und Speicher von der Mehrwertsteuer verwiesen, die die Regierung auf den Weg gebracht hat. Außerdem stellt sie eine Umstellung des Fördersystems im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) in Aussicht, damit mehr Investoren zum Zuge komme. Zudem arbeitet die Regierung an einem Elektrizitätswirtschaftsgesetz, das dafür sorgen soll, dass das Netz digitaler und fit für die Erneuerbaren wird.
Denn der Netzausbau ist derzeit der Flaschenhals beim Zubau der Photovoltaik in Österreich. Wie diese Herausforderung vor allem im Niederspannungsnetz gelöst werden kann, war das Thema einer spannenden Podiumsdiskussion.
Wie dick muss das Kabel sein?
Wie dick müssen die Kabel für den Hausanschluss in Zukunft sein? Was können die Netzbetreiber tun, um ihre Netze fit für die solare Energiewende zu machen? Diese beiden Fragen standen im Mittelpunkt. „Klar ist, dass auch die kleinen Dächer voll werden müssen“, sagt Fabian Janisch, bei PV Austria für Technik und Energiewirtschaft zuständig. Er verweist auf die Schweiz, wo das Gigawatt Zubau im vergangenen Jahr fast ausschließlich auf Dächern ohne große Solarkraftwerke gelungen ist.
20 Kilowatt muss sein
Fabian Janisch fordert, dass bis 20 Kilowatt die Anschlussleistung der Gebäude möglich sein muss. Dies muss von einer Stromspeicherstrategie begleitet werden. Zusätzlich wären Informationen hilfreich, wo freie Kapazitäten im Niederspannungsnetz vorhanden sind, wie das die Netzbetreiber für die Mittelspannungsebene schon praktizieren.
Wie die robusten Netze für den Ausbau der PV aussehen können, hat Roman Schwalbe vom AIT schon in seinem vorhergehenden Vortrag vorgestellt. Sei Fazit: Es gibt Netzbetreiber, die haben schon umfangreich bei Netzarbeiten Kabel mit größerem Querschnitt eingesetzt. „Diese tun sich nach unseren Berechnungen leichter bei der Integration von erneuerbaren Energien als Netzbetreiber, die diese Entscheidung noch nicht gefällt haben“, sagt Roman Schwalbe.
Netze intelligenter machen
Doch letztlich hängt der Netzausbau von vielen Parametern ab, wie Roland Bergmayer, Abteilungsleiter Netzführung Energienetze Steiermark, betont. Er plädiert unter anderem für mehr Intelligenz im Netz. So werde die Digitalisierung dazu führen, dass die Netzbetreiber einen tieferen Einblick in ihre Netze bekommen. So können sie in Zukunft nicht mehr nur kurativ eingreifen, wenn etwas passiert, sondern präventiv steuernd eingreifen, betont Bergmayer. Er verweist aber auch darauf, dass sich viel PV in der Niederspannung, die gleichzeitig einspeist, auch auf die anderen Netzebenen auswirkt.
Gleichzeitigkeit minimieren
Um die Gleichzeitigkeit zu minimieren, ist ein Lastmanagement notwendig, wie Christof Bucher von der Berner Fachhochschule betont. Dazu müssen alle Beteiligten zusammenarbeiten. „Die Politik muss Möglichkeiten schaffen, damit die Netzbetreiber Planungssicherheit haben und das System funktioniert“, sagt er. Die Netzbetreiber müssen aber auch Anreize schaffen, damit sich die Menschen so verhalten, dass Stromerzeugung und Stromverbrauch weiterhin gleichzeitig stattfinden kann, betont Bucher.
Florian Janisch schlägt Preissignale vor, um Betreiber von PV-Anlagen zu animieren, den Solarstrom dann einzuspeisen, wenn er teuer ist. Sie bekommen dann auch den Anreiz, ihn selbst zu verbrauchen, wenn die Preise niedrig oder sogar negativ sind, weil zu viel Sonnenstrom im Netz ist. (su)